Chilis in Anbauländern

Ob das wirklich mexicanische Sorten sind???

Keine Ahnung. Mexiko ist ja ziemlich groß, aber so wie ich die Küche dort bisher kennengelernt habe, ist die Habanero die einzige Chinense, die verwendet wird. Die mir bekannten Arten hier sind Jalapeno, Serrano, Poblano, Ancho Mulato, Pasilla, De Árbol, Manzano Amarillo, Habanero, Güero (eine längliche, gelb abreifende Annuum mit wenig bis keiner Schärfe), Piquín, Chiltepín, Guajillo, Cáscabel, und ab und zu Anaheim. Da meine mexikanische Familie fast komplett der Marine angehört, wurde sie auch schon quer durch das Land geschickt, und bisher konnte mir keiner Auskunft über andere Sorten geben. Aber ich bleibe neugierig, es muss doch noch etwas richtig exotisches geben.

In den Bergdörfern in Hidalgo sind die Märkte nicht so versteckt, aber jetzt, da wir nach Veracruz umgezogen sind, werde ich mich mal zu den großen Märkten aufmachen. In einer Stadt mit 500.000 Einwohnern wird sich doch wohl etwas finden lassen!

Den 25.12. reiche ich demnächst nach. Beim Zwischenstopp in Orizaba gab es nicht viel zu sehen. Aber so für zwischendurch will ich euch eine zufällig entdeckte Wahnsinnspflanze und mein Frühstück nicht vorenthalten.

Eine Piquín mit unzählbar vielen kleinen Beeren:
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Das "Pflänzchen" stand in einem Topf mit nicht mehr als 4-5 Litern. Viele der Beeren waren bereits geerntet, ob von den Besitzern oder von Vögeln, keine Ahnung. Leider war niemand zuhause außer dem sehr bedrohlich bellenden Schäferhund, daher entschloss ich mich, nicht über den Zaun zu klettern und konnte deswegen unglücklicherweise keine Samen ergattern.

Und zum Frühstück gab es dann die berühmten Picadas von Lina:
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Ich habe sie zwar schon weiter oben beschrieben, aber da hier ja schon mit Wasser im Mund nach Rezepten verlangt wird, schreibe ich mal die Zubereitung nieder:
  • Maismehltortilla auf einem Comal erhitzen und an den Enden hochfalten
  • Einen Löffel Schweineschmalz oder Sonnenblumenöl in der Mitte verteilen
  • Salsa drauf, und zwar reichlich
  • Weißen, nicht zu salzigen Käse und Würfel von weißer Zwiebel daraufstreuen
  • Nach Geschmack noch weichgekochte schwarze Bohnen oder Chicharrón (frittierte Schweinehaut in kleinen Stückchen) darauf verteilen
  • In rauen Mengen genießen
  • Ins Fitnessstudio gehen
So langsam schwillt mir der Bauch an. Mein Vater würde sagen ich werde zur "ungesättigten Fettsau". Aber deswegen bin ich ja überhaupt erst zum Chilianbau gekommen, damit ich meiner Frau mexikanische Gerichte auch im schnöden Deutschland auf den Teller zaubern kann. Vielleicht mache ich ja einen Thread auf mit original mexikanischen Rezepten. An der Chili sollte es hier ja nicht scheitern :thumbsup:
 
25.12.2016

Nach einer kurzen Nacht stehen wir früh auf, um mit Arturo, dem Schwager meines Schwagers, noch vor dem Frühstück reiten zu gehen. Wir fahren auf seine Ländereien etwa 10 km entfernt. So früh morgens im Nebel bieten sich so einige Motive zum fotografieren an, am besten gefiel mir im Nachgang dieses:
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Da ich noch nie geritten bin und das Pferd viel Energie hat, macht Arturo ein bisschen Frühsport mit dem Gaul, um ihn etwas zu ermüden.
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Nach dem Reiten schmusen wir mit Gänsen:
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Und schauen den Hunden beim Spielen zu.
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Außerdem können wir noch den lilafarbenen Mais begutachten. Leider ist das Futtermais, sodass sich ein Anbau nicht lohnt. Aber es gibt hier auch lila und blauen Mais der essbar ist, vielleicht finde ich dafür noch Samen, falls jemand interessiert ist.
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Dann werden wir von einem Nachbarn zum Brunch eingeladen.
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Und siehe da, bei einem Spaziergang im Garten finde ich das hier:
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Eine etwa zwei Meter hohe Rocoto Manzano Amarillo. Wie schön dass hier das Motto heißt: Mi casa es tu casa. Mein Haus ist dein Haus. Ich darf mir alle drei gelben Beeren pflücken, und noch fünf grüne hinterher.
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Samen geborgen, in der Sonne getrocknet und eingetütet. Hier gibt es auch Samen abzugeben.

Und jetzt zum Essen: Barbacoa. Die beiden Bilder sprechen für sich. Natürlich wird das Fleisch im Taco mit Salsa gegessen, und die (sehr fettige) Brühe gibt's vorher. Ich halte mich gerade bei der Brühe zurück, da mein Magen noch vom Vortag etwas leidet. Aber das Fleisch ist mit das saftigste, zarteste und aromatischste, das ich je gegessen habe.
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Letztes Jahr musste ich leider aussetzen, weil ich mir am 24.12. eine Lebensmittelvergiftung zugezogen hatte. Das ist dieses Jahr nicht anders, allerdings schlägt die Rache von Moctezuma erst am 26.12. so richtig zu. Heute (30.12.) hatte ich meine letzte Antibiotika-Spritze, es geht wieder gut. Es ist immer ratsam, den Weg zum Doktor zu kennen, denn den Magen verdirbt man sich in Mittel- und Südamerika schnell mal. Man sollte wirklich versuchen, sich ein Bild von der Hygiene gerade bei Straßenständen und günstigen Restaurants zu machen. Gerade bei Meeresfrüchten, Fisch und Geflügel ist Vorsicht geboten. Meine Quote: Vier mal Mexiko, vier mal Magenprobleme, die nur mit Antibiotika in den Griff zu bekommen waren. Einmal Hotdogs am Strand, einmal Meeresfrüchte, zweimal am 24.12. mit wer-weiß-was.

Etwas später werden noch zwei Piñatas gemacht. Eine für die Kinder mit Süßigkeiten, und eine für alle mit Geld. Eine Piñata ist eine bunt verzierte Pappskulptur, die an einem Seil aufgehängt wird. Eine Person bekommt einen Prügel, mit dem sie versucht, die Piñata zu zerstören. Wenn dies geschieht, stürmen alle auf den Süßigkeiten- oder Geldregen zu und versuchen mit allen Mitteln, mehr als die Anderen zu ergattern. Nächstenliebe und so :laugh:

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Mit Anbruch der Dunkelheit zünden wir noch Lanternen an, die leuchtend in den Nachthimmel aufsteigen und einen schönen Abschluss des Weihnachtsfestes darstellen.
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Damit sind meine Berichte vom Weihnachtsfest beendet, am nächsten Tag fahren wir früh morgens nach Orizaba, der Geburtsstadt meiner Schwiegermutter. Dort bleiben wir eine Nacht, den Piquín-Fund von dort habe ich ja schon geteilt. Es geht weiter an den Golf von Mexiko, nach Veracruz. Ich melde mich wieder mit Eindrücken vom Neujahrsfest und mit Palmen und Strand.

Bis dahin, guten Rutsch und ein frohes neues Jahr!

Philipp
 
Zuletzt bearbeitet:
Wirklich schön geschriebene Reiseberichte. Ich hatte eine Zeit lang mit der 'African Time' zu tun, die funktioniert in etwa genau so. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt verläuft das Leben fortan viel 'entspannter' ;). Ich wünsche euch eine schöne Weiterreise.
 
Dankeschön!


Jap, hatte ich auch schon. Aber die Mexikaner scheinen mir noch schlimmer als die Namibier und Südafrikaner. Mittlerweile heißt für mich das erste "Vamonos", dass ich noch gut und gerne drei Reiseberichte schreiben kann. Die Umstellung fällt einfach jedes Mal schwer.
 
Moin!

Wunderschöner Reisebericht,das macht mir einen Riesenspaß den zu lesen!
Ja,das mit der Hygiene und Magen Darmproblemen kenne ich aus Indien.

Kühlkette ist gerade bei Fleisch und Fisch oft ein frommer Wunsch.

Auch das Wasser mit dem sie kochen,oder auch das Geschirr waschen,
ist halt nicht so safe.

Hotornot hatte mal einen interessanten Link zur Chiliküche Mexicos verlinkt.
Da sehe ich auf einem Photo ein braune Chinense,die meinem Marktfund
etwas ähnelt.

http://www.welt.de/reise/staedterei...Traenen-Schmerz-ein-Chili-Test-in-Mexiko.html

Vielleicht ergibt sich ja noch etwas,wenn du den Einheimischen erzählst,dass Du Chilifan bist.

Wie gesagt,auch Tomatillos........ sind spannend.

Mexikanische Originalrezepte lassen mich auch sabbern!

Ich muss mal meine Frau bitten,brasilianische gute Rezepte aufzuschreiben.
In der Familie kochen die aber eher nur ganz mild scharf.
Aber Feijoada und Moqueca de Peixe, kann man auch gut
etwas angeschärft kochen.

Guten Rutsch und frohes Neues!

Gernot
 
ganz toller bericht, ich liebe mexico!

bei meinem letzten besuch lag ich danach 3 tage mit schüttelfrost in unserem haus in san diego. ich wusste man soll wasser nur aus flaschen trinken, habe aber im club in geistiger umnachtung nicht an die eiswürfel in der cola gedacht. ein fataler fehler! kann mich nicht erinnern das es mir schonmal so schlecht ging.
 
So, ich melde mich mal kurz,. Nach einem sehr unaufgeregten Silvester sind wir mit der Familie am Neujahrstag an den Strand gefahren. Dort haben wir uns mit einer Freundin meiner Frau getroffen, die uns spontan zum Abendessen einlud. Dort angekommen berichte ich ihrer Mutter von meinem Interesse an Chilis, und sie bringt mir direkt einige Früchte einer mir (und laut Suchfunktion auch dem Forum) noch unbekannten Sorte. Sie heißt:

Chilpaya

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Die Beeren sind etwa drei Zentimeter lang. Beim Aufschneiden offenbaren sich etwa 10-15 kleine Samen pro Beere. Mich überrascht der Geruch, er erinnert mich extrem an Bhut Jolokia, sehr aromatisch, sehr stark. Meine Frau sagt ebenso überrascht, dass die Chili bereits roh nach einer fertigen Salsa riecht. In meinem jugendlichen Übermut musste ich natürlich auch gleich in eine reinbeißen. Auch der Geschmack ist sehr fruchtig, aromatisch, angenehm - für etwa eine halbe Sekunde. Dann gab es erstmal Schmerz, Schreie und auch eine Träne oder zwei. Schallendes Gelächter gibt's als Bonus. Wer den Schaden hat...

Drei Tequila und ein Glas Milch später bin ich dann extrem überzeugt vom Potential dieser kleinen Teufel, gerade was scharfe Salsas Rojas angeht. Ich tippe mal auf Capsicum Annuum, aber dafür muss ich zunächst mal die Pflanze anbauen. Von der Schärfe her könnte es auch gut und gerne eine Chinense sein. Eine kurze Google-Recherche ergab nicht viel, lediglich auf ein paar mexikanischen Seiten ist der Name zu finden. In manchen Regionen Mexikos werden die Piquines anscheinend als Chilpaya bezeichnet, aber das hier ist definitiv kein Piquín. Andere Form und deutlich schärfer.

Ich habe die Beeren jetzt mal ausgenommen, in die Sonne zum Trocknen gestellt und werde sie zuhause dann zum keimen bringen. Vielleicht möchte sich ja jemand anschließen, Samen habe ich genug.
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Gruß Philipp
 
Moin!

Die sieht sehr interessant aus,schwer zu sagen,was es ist.
Frutescens können auch brutal scharf sein.

So super aromatischer Geruch und Geschmack bei großer Schärfe
klingt nicht so nach Annuum.

Aber ohne Photo von der Pflanze kann man da nix sagen.
Aussäen und abwarten,das ist dann richtig spannend!

Ich melde mal Interesse an,gerne Tausch gegen rares Zeugs aus Brasilien.
Für diese Saison habe ich jetzt schon zuviel ausgesät.
32 Keimlinge kommen schon,
aber da schlüpfen noch täglich neue.

Aber definitiv ein Kandidat für die kommende Saison!

Sehr,sehr cool!

Wünsche dir spicehunter noch viel Erfolg
und einen tollen Urlaub mit deiner Frau!


Lieben Gruß nach Mexiko!

Gernot
 
Hallo Gernot,

an Frutescens hatte ich noch nicht gedacht, da ich die selbst noch nicht hatte. Wir werden sehen :thumbsup:

Ab 12. Januar bin ich wieder zuhause, dann können wir sehr gerne einen Tausch machen. Du hast ja schon einige höchst spannende Variationen mitgebracht, die mich brennend interessieren.

Vielleicht finde ich ja noch mehr Sorten, außerdem möchte ich noch Samen von kleinen Tomatillos finden. Leider werden die meistens grün verkauft, darum mache ich mir da Sorgen um die Keimfähigkeit. Aber wenn mir ein paar lila Früchtchen ins Auge springen, werde ich zugreifen. Vielleicht auch noch ein paar Samen von exotischen Gemüse- und Obstsorten, obwohl ich sie wegen Platzmangels im Moment nicht anbauen kann.

Grüße Philipp
 
Ich finde eure Berichte echt spannend und verfolge sie mit großer Begeisterung. Und gerade die ganzen Sachen, die eigentlich nichts direkt mit Chili zu tun haben, finde ich hochinteressant. Weiter so - mit mir habt ihr einen kontinuierlichen Leser :D
 
Moin Pollito!

Das mache ich sehr gerne.
Ich kenne noch Jemanden,dessen Vater Tomatillos zieht.
Den könnte ich sonst auch noch fragen.

Freut mich,wenn der Trööt gut ankommt.
Finde auch,der wird immer besser!
 
Hallo zusammen!

Ich war heute auf dem Markt und habe halbwegs reife, kleine Tomatillos ergattern können. Die Samen trocknen gerade auf dem Dach.

Eigentlich wollten wir morgen auf eine der Inseln vor der Stadt fahren, und ich wollte einige schöne Fotos vom Strand und vielleicht von Meeresbewohnern schießen. Das fällt aber leider ins Wasser, da hier politische Probleme aufgekommen sind. Die Regierung hat die Benzinpreise erhöht (Tankstellen sind hier in staatlichem Besitz), und die Leute gehen deswegen auf die Straße.

Das Einkommen vieler Leute hier hängt leider von niedrigen Benzinpreisen ab, daher kocht hier eine extreme Wut auf. Die Supermärkte werden jetzt gerade in diesem Moment geplündert, Menschen schreien, in Videos hört man Schüsse fallen. Natürlich sehen viele Opportunisten jetzt die Gelegenheit, sich wertvolle Gegenstände zu klauen unter dem Deckmantel politischer Aktivität. Mittlerweile erreichen uns auch Nachrichten aus dem ganzen Land, wo die Supermärkte genauso geplündert werden. Außerdem blockieren Menschen die Autobahnen, für morgen wurde ein Ausnahmezustand ausgerufen, was bedeutet, dass niemand morgen arbeiten wird, die Geschäfte geschlossen werden und die Straßen gefährlich bleiben. Da hier in Veracruz die Polizeiarbeit wegen Korruption dieser größtenteils von der Marine übernommen wird und damit auch überfordert ist, bleibt die Hoffnung, dass sich die Wut nicht auf Privatpersonen in den reicheren Vierteln ausdehnt. In diesem Fall ist es auch nicht von Vorteil, dass die Familie meiner Frau eine Marine-Familie ist. Wir bleiben jedenfalls heute und mindestens morgen noch zuhause.

Wir waren heute noch bei Walmart und Costco und hatten Glück, dass die Proteste erst einige Stunden später angefangen haben. Ihr verzeiht es mir bestimmt, dass ich die Bilder vom heutigen Marktgang nachreiche. Mal sehen, ob die Probleme hier in den deutschen Nachrichten ankommen werden. Die Sicherheit in Deutschland ist ein Privileg, das wir jeden Tag wertschätzen sollten, und das es um jeden Preis zu erhalten gilt.

Grüße Philipp
 
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