Kirche offen ist nicht vielleicht deswegen problematisch, weil im Kölner Dom 40 Personen verteilt sitzen. Aber: es gilt gleiches Recht für alle. Wer sich mit dem Thema Religionen bislang beschäftigt hat in Bezug auf Corona wird sehen, dass leider "Kirchen" zu den absoluten Superspreadern gehören. Und damit meine ich jetzt weniger die reiche katholische oder evangelische Kirche, die aus Urzeit her noch riesige, dem Bedarf gar nicht mehr gerechte "Hallen", besitzen. Aber wie soll man das machen: Katholiken zulassen, Moslems, Juden und Evangelisten etc. ihre Gottesdienste verbieten?
Leider ist ausreichend bekannt, dass sich gewisse (Teil-)Religionsgemeinschaften an so gar nichts halten, was Corona-Regeln angeht. Ich sehe ein Riesenproblem darin, Gottesdienste abzuhalten bzw. das zu dürfen. Genauso, wie ich ein Problem darin sehe, dort etwas zu verbieten. Es ist ein echtes Problem und gerade radikalere religiöse Gemeinschaften kommen dann mit dem Argument: Wenn Tönnies oder BMW dies oder das darf, dann ist es verfassungswidrig, uns das zu verbieten.
Ich würde auf Vernunft hoffen, aber da hoffe ich sicher vergeblich.
Weit verbreitet ist der Gedanke, dass alles, was erlaubt ist, auch "safe" ist. Dieses saublöde Argument musste ich mir den ganzen Sommer über anhören. Weil ich z.B. seit März nicht mehr im Gastraum einer Gaststätte war (ausser kurz beim Gang auf's Klo - mit Maske - aus dem Biergarten und das auch nur ca. 4-5x seit Corona). Wenn ich kontere, dass um mich rum in meiner kleinen Familie die anderen beiden Leute Hochrisikopatienten sind, interessiert das auch nicht. Denn was erlaubt ist, das ist auch "safe". Genau dadurch kamen wir jetzt da hin, wo wir sind. Es war erlaubt, dass sich 150 oder örtlich tlw. sogar mehr Leute treffen. Ich war in meinem Umfeld so ziemlich der einzige, der im Sommer sagte, dass so etwas niemals gut gehen kann.
Aus mehreren Gründen:
1) Ganz einfach weil derartige Treffen und das vielleicht auch noch in Innenräumen potentielle Superspreader-Events sind
2) Weil bei solchen Events selbst die bestehenden Restregeln so gut wie nie durchgehend eingehalten werden
3) Weil es ein fatales Zeichen der "Öffnung" ist. Und das ist das Schlimmste. Denn welcher klardenkende Mensch kommt nicht in Zweifel an den restlichen Corona-Regeln, wenn sich 150 Leute auf einer Hochzeitsfeier treffen dürfen, das auch noch in Innenräumen? Auch wenn es "nur" 25 oder 50 sind ist das ein Zeichen dafür, dass die "Welt wieder in Ordnung ist".
Statt dass man seitens der Politik (ok, mit Ausnahme der AfD, aber die nimmt sowieso so gut wie niemand mehr ernst) Einigkeit bewiesen hat, hat man in ALLEN regierenden/mitregierenden Parteien Leute, die sofort alles "aufreissen" wollen, sobald die Zahlen in ihrer kleinen Welt besser sind. Statt dass man mit milderen Maßnahmen wie konsequente und vor allem - scharf kontrollierte und sanktionierte - Maskenpflicht, kontrollieren der Gastronomie bzgl. Abstands- und Melderegeln usw. in den noch "guten" Zeiten Schlimmeres verhindert hat. Ebenso, wie auch dass man sich auf ein gemeinsames Vorgehen BUNDESWEIT einigt, selbst wenn im eigenen Bundesland die Katastrophe nur hinterherhinkt.
Tja, jetzt haben wir den Salat. Selbst wenn wir dann irgendwann auf einem hohen Level die Zahlen zur Stagnation oder gar leichtem Rückgang bringen, wird das Gleiche wie in den USA passieren. Die Öffner und Marktschreier reissen sofort wieder alles auf und wir gehen in die nächste Runde ...
Meine einzige echte Hoffnung ist ein wirkungsvolles Therapeutikum. Darin sehe ich größere Chancen als in einem Impfstoff, auch wenn alle von Letzterem sprechen. Der Impfstoff, wenn er denn kommt, greift in der Breite m.E. frühestens im Spätsommer '21, vermutlich erst später. Wenn jedoch durch ein wirkungsvolleres Medikament als den bisherigen die Zahl der tödlichen und schwersten Verläufe stark reduziert werden könnte, wäre das m.E. realistischer, wenn auch nicht die erhoffte Traumlösung.