Neue Chili Art aus Indien???

Na wenn die schmeckt wie sie aussieht kann die vma in Indien bleiben :p
 
Habe es auf FB ja auch schon kommentiert: Meiner Meinung ein sehr schwaches Paper.

Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal, nämlich die Genanalyse, fehlt. Von Annuum und Chinense gibt es gut verfügbare Datensätze, sodass eine neue "Art" leicht unterschieden werden kann.

Von den Bildern hätte ich auf eine Chinense (oder eine Kreuzung Chinense x Annuum) getippt, man sieht eine Kelcheinschnürung (typisch chinense) aber einen eher annuum-typischen Wuchs. Allerdings sind die Bilder nicht gerade von guter Qualität.

Die Vergleichstabelle ist sehr lückenhaft und unvollständig.

-Chinensesp.nov.Annuum
Pedicle [cm]3.0 - 4.52 - 34 - 6
Fruit colour at maturityOrange/ReddishGreenish BlackRed
Fruit shapeOblongLanceolateConical
Fruit length [cm] 3.0- 4.66 - 91 - 3
Fruit surfaceCurly /roughWavy /smoothUneven
Androecium colourWhitishViolet-WhiteWhite
Petal colourGreenish yellowViolet-whiteCreamy white
Petal size Length [cm]0.5 - 1.01 - 20.5 - 1.0
Seeds/fruit30-48100-23050-90

Für die Angaben in der Tabelle werden keine Quellen genannt. Jeder, der schon ein paar verschiedene Annuum und Chinense angebaut hat, weiß, dass es mehr Farben als nur Orange und Rot bei den Früchten gibt. Dass Fruchtgröße, Blütenfarbe, Blütengröße und Samen/Frucht sehr stark von der einzelnen Sorte abhängen, über die ganze Art aber jeweils stark verschieden sein können. Daraus eine neue Art abzuleiten halte ich für wissenschaftlich falsch. Leider ein Negativbeispiel für eine wissenschaftliche Publikation.
 
So richtig verstehe ich das irgendwie nicht...

Bis vor ca 500 Jahren waren alle Pflanzen der Gattung Capsicum in Mittel- und Südamerika. Seit dem sind sie künstlich über die ganze Welt inklusive Indien verteilt worden.
Wenn also eine neue Art in Indien entdeckt worden sein sollte, gibt es ja nur zwei Möglichkeiten:
  • Die Art ist in Amerika entstanden und wurde später exportiert, in Amerika ist sie aber nie wissenschaftlich beschrieben worden
    • Dann wäre sie aber vermutlich seit Jahrhundert in Indien und ist dort nie aufgefallen? Und wurde auch nie in Amerika "entdeckt"?
  • Die Art ist in Indien entstanden
    • Kann in 500 Jahren oder weniger eine neue Art entstehen?
Zu dem konkreten Fall kann ich nichts sagen, aber das Thema allgemein kommt mir komisch vor / verstehe ich nicht.
Kann mir das jemand erklären? :)

Viele Grüße
 
Ich habe dem Editor des Journals meine Anmerkungen und Anregungen zum Paper mal geschickt. Das ist in der Wissenschaft durchaus üblich, mal sehen, ob ich eine Antwort erhalte.

Dear Dr. ***,

I hope this finds you well. I am writing to you, the editor, after reading the article CAPSICUM SONITPURENSIS (SOLANACEAE) - A NEW SPECIES FROM ASSAM, INDIA by JINTU SARMA, GITAMANI DUTTA AND ASHALATA DEVI, published in Bangladesh J. Plant Taxon. 24(2): 215-218, 2017

After thoroughly studying this published article I want to raise my concerns about the presented new species Capsicum sonitpurensis.

The study is missing detailed information on the genetic coding of the new species, especially distinguishing it from Capsicum annuum and Capsicum chinense. Their genetic codes have been sequenced for at least ten years and are readily available in the scientific literature.

Additionally, the presented table 1 on the differences between C.annuum, C.chinense and the proposed novel one is highly incomplete and misleading. Both C.chinense and C.annuum are not as uniform as the presented table (where no references are given at all!) suggests. For both C.annuum and C.chinense species mature fruit colour can vary from yellow, orange, red, greenish, brown and more; so is the colour of the petals not only white in case of C.annuum but can also be violet. And even varieties of C.chinense may have white-violet petals (e.g. var. Pimenta da Neyde).

Fruit size is not limited to 1-4.6 cm as the paper suggests, but rather varies strongly between varieties. There are C.annuum with fruit lengths up to 30 cm!
And none of the other statements made in the table do suggest a new species rather than a new variety of either C.chinense, C.annuum or a wild cross between them.

The pictures submitted (which are in rather poor quality) do also not suggest a new species. Judging from Picture 1F, this is a C.chinense, however, a clear determination of the species from the pictures alone (without having seen the plant) is difficult.

Throughout the chili pepper community this paper has raised many concerns and discussions regarding a correct classification of the plant. C.annuum and C.chinense are closely related and breeding between them is relatively easy. But that does not necessarily bring forth a new species.

I would kindly ask you to re-investigate and reconsider the study and ask the authors for clarification. A discovery of unknown Capsicum species is not impossible but should be announced with the utmost care.

Best regards,
***
 
Gestern im Postfach gehabt und mich auf ein interessantes Paper gefreut leider eher ernüchternd und für mich keine Art sondern eher eine Sorte
Ernüchternd trifft es sehr gut.
Für die Angaben in der Tabelle werden keine Quellen genannt. Jeder, der schon ein paar verschiedene Annuum und Chinense angebaut hat, weiß, dass es mehr Farben als nur Orange und Rot bei den Früchten gibt. Dass Fruchtgröße, Blütenfarbe, Blütengröße und Samen/Frucht sehr stark von der einzelnen Sorte abhängen, über die ganze Art aber jeweils stark verschieden sein können. Daraus eine neue Art abzuleiten halte ich für wissenschaftlich falsch. Leider ein Negativbeispiel für eine wissenschaftliche Publikation.
Sehe ich auch so.
 
Ich habe schon eine erste Antwort.
Sie sagen, es wurde von "zwei Experten der regionalen Flora" begutachtet. Aber: meine Kritik wurde auch nochmal den Autoren weitergeleitet, mit Bitte um Stellungnahme.
 
Ich habe schon eine erste Antwort.
Na wenigstens das Vorgehen kommt meinem Verständnis von wissenschaftlichem Arbeiten nahe :laugh:

Ich hoffe doch, dass die damit eine (wissenschaftliche) Person meinen, die sich mit den dort regional wachsenden Pflanzen beschäftigt und keine Hobbybauer.
Ansonsten : Ab sofort bin ich Experte ;)

@clappingmarkey wie war der Wortlaut zu verstehen?
 
Der Publikationsprozess in der Wissenschaft läuft in der Regel wie folgt:

Forscher(-team) A hat etwas herausgefunden und schreibt ein Manuskript. Dieses wird bei einer Fachzeitschrift eingereicht.

Wenn der Editor dieses nicht grundsätzlich ablehnt (z.B. Offtopic, unvollständig, o.ä.), dann gelangt es in den so genannten Peer-Review.
Das Manuskript wird nun 2-3 Gutachtern vorgelegt, die möglichst Experten auf dem Gebiet sind (d.h. am gleichen Thema forschen und publiziert haben).
Diese begutachten das Manuskript, merken an, fordern Infos und Nachbesserungen an, etc. Letztlich empfehlen sie die Annahme oder Ablehnung des Manuskripts.
Bei Annahme wird es (ggfs. nach Änderungen) veröffentlicht, bei Ablehnung nicht.

Nun ist es so, dass der Review-Prozess bei verschiedenen Zeitschriften unterschiedlich streng ist.
Aus der Antwort des Editors lese ich: wir haben es von Gutachtern bewerten lassen, die sich in der Chiliflora Assams auskennen.
Das heißt aber noch nicht, dass sie das Paper kritisch genug bewerten.

Man muss noch eins anmerken: die Gutachter machen solche Bewertungen freiwillig und ohne Geld vom Verlag zu bekommen. Je nach Einstellung/Zeit/Laune wird da ordentlich geschleudert. So eine Bewertung ist auch sehr zeitintensiv, da man sich oft auch erst ins genaue Thema eindenken und einlesen muss. Prinzipiell ist der Reviewer ein Prof. oder Dr., der auf dem Gebiet forscht, zum Teil wird es in einer Gruppe auch mal an die Doktoranden weitergegeben.

Ich kenne dadurch mittlerweile beide Seiten des Publikationsprozesses (selbst schreiben und auch bewerten), beides ist viel Arbeit und phasenweise ernüchternd. :)
 
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