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Ich habe letztes Jahr ein Großteil meiner Pflanzen an Viren (und zwar TMGMV = Tobacco mild green mosaic virus zusammen mit PMMoV = Pepper mild mottle virus) verloren und auch die überlebenden Pflanzen waren zu schwach und krank, um die erfolgreich zu verkreuzen (mein eigentliche Hobby). Diese Viren sind höchstwahrscheinlich auch für meine Glitterfrüchte verantwortlich, die ich auch letztes Jahr wieder hatte:
Eines der wenigen wirksamen Desinfektionsmittel ist Bleiche (Natriumhypochlorit (NaClO), z. B. in Eau de Javel (dm-Drogeriemarkt) oder in DanKlorix). Und es scheint möglich zu sein, damit Pflanzern aus Samen von befallenen Elternpflanzen größtenteils virusfrei zu bekommen. Leider gibt es keine systematischen Untersuchungen zur Desinfektion von Samen mit Bleiche, insbesondere nicht zur Dauer (oft wird einfach 5 - 10 min verwendet). Daher habe ich das im Dezember mal selber ausprobiert. Insbesondere wollte ich die maximale Desinfektionszeit herausbekommen, die den Samen gerade noch nicht schadet. Dafür habe ich Portionen von trockenen Samen für 0, 10, 15, 20, 30 oder 45 min in unverdünntem Eau de Javel eingelegt und diese Behandlung am zweiten Tag für 0, 5, 10 oder 20 min wiederholt (mit der Idee, dass das Desinfektionsmittel die Viren in aufgeweichtem Material besser erreichen kann). Insgesamt ergab das 24 unterschiedliche Behandlungen mit je 13 Samen.
Das überraschende Ergebnis: Selbst die schärfste Behandlung (45 min + 20 min) hatte keinen Einfluss auf die Keimfähigkeit!
Was aber auffiel, war, dass die Samen der 30-min- und 45-min-Gruppen um einige Tage verzögert keimten. Die Desinfektion wirkt hier eventuell wie ein Priming (z. B. mit 3 % KNO3, das ja auch die Keimung etwas verzögert aber die Keimrate gleichzeitig insgesamt verbessert). Das ganze scheint Sinn zu machen, wenn die Samen tatsächlich darauf optimiert sind, eine Darmpassage in Vögeln zu überstehen - was meines Wissens aber noch nicht praktisch überprüft wurde.
Ich habe danach für meine eigentlichen Samen 30 min + 15 min verwendet (mit etwas Sicherheitsabstand, falls die dickeren Paprikasamen etwas widerstandsfähiger sein sollten als die kleineren Chilisamen) und hatte sehr gute Keimraten: Im Prinzip sind so gut wie alle ca. 100 gekauften Samen der ca. 20 Sorten gekeimt (mit Ausnahme der Primo von Guerillapepper und schon mehrere Jahre alter Bishop's-Crown-Samen, was offensichtlich an der Qualität dieser Samenchargen lag).
TL;DR: Chilisamen sind extrem widerstandsfähig! Ich rate jedem dringend, eigene und fremde Samen zu desinfizieren! Man kann und sollte auch nicht davon ausgehen, dass kommerzielle Samen gesund sind! Es ist im Prinzip das gleiche wie bei Corona - abgesehen vom eigenen Schaden will man halt auch bei der Weitergabe von Samen und Pflanzen nicht daran schuld sein, extrem ansteckende Pflanzenkrankheiten unbeabsichtigt weiterzuverbreiten und andere dadurch zu schädigen...
Details: Trockene Samen aus einer frischen Supermarktpaprika wurden ca. 1 Woche bei 16 °C und dann bei bis zu 25 °C getrocknet. Dünne oder dunkle Samen wurden ausgelesen und der Rest in 24 Portionen zu 13 Samen aufgeteilt. Je 4 Gruppen zu 13 getrocknete Samen wurden 0, 10, 15, 20, 30 oder 45 min in unverdünntem Bleichmittel (Eau de Javel, dm-Drogeriemarkt, 2.6 g/100 ml (2.6 %) Natriumhypochlorit (NaOCl)) bzw. Leitungswasser bei ca. 16 °C behandelt. Danch wurde die Lösung entfernt und die Samen in Leitungswasser eingelegt. Das Wassser wurde direkt danach mehrfach und dann in aufsteigenden Intervallen mindestens 4-mal gegen frisches Wasser ausgetauscht. Nach 24 h wurden je 6 Gruppen für 0, 5, 10 oder 20 min erneut in Bleichmittel bzw. Wasser eingelegt und gespült. Die Samen wurden dann auf ca. 1 cm feuchtem Perlit in flachen Plastikdosen und luftdurchlässiger Abdeckung bei ca. 30 °C in einem Zimmergewächshaus mit Heizmatte, Thermostat, wassergefüllten flachen Dosen und Abdeckung zur Isolierung und Luftbefeuchtung gekeimt. Danach hatten die Samen trotz der Spülungen einen leichten Chlorgeruch. Außerdem entwickelte sich über einige Tage ein leichter muffiger Korkgeruch (Trichloranisol?). Nach 9 Tagen wurden die Samen bzw. Keimlinge kategorisiert nach: ++: lange Wurzel mit Haarwurzeln, +: kurze Wurzel mit wenigen oder keinen Haarwurzeln, 0: nicht gekeimt, −: beschädigte Primärwurzel, aber Nebenwurzel oberhalb des Stumpfs und −−: Primärwurzel beschädigt, oft mit braunem Stumpf, Keimling nicht lebensfähig. Keimlinge der Kategorien + und 0 wurden zurückgegeben und 4 weitere Tage bei ca. 15 °C weiter gekeimt.
Leider sind Mosaikviren extremst robust und widerstandsfähig. Sie überstehen ewig auf Oberflächen, in der Erde und in Pflanzenmaterial und können nicht mit normalen Desinfektionsmitteln wie Alkohol (und schon gar nicht mit irgendwelchen Hausmittelchen) bekämpft werden. Der kleinste Kontakt mit einer Wunde reicht dann aus, um die Pflanze zu infizieren. Und Wunden sind dabei schon abgeknickte mikroskopische Härchen auf den Blättern oder den Wurzeln! Entsprechend verbreiten sich die Viren durch geringste Berührung nebeneinander stehender Pflanzen, durch zerstäubende Regentropfen und durch Berührung mit der Hand, mit Kleidung oder mit Geräten, und durch gebrauchte Erde. Und möglicherweise verbreiten dann auch noch Blattläuse die Viren.Zwei meiner Kreuzungen vom letzten Jahr produzieren Glitter-Chilies! Unter der Lupe sieht man tausende grünlich-gelbe Glitterpunkte, insbesondere, wenn man eine Leuchtlupe verwendet oder mit einer Taschenlampe von der Seite beleuchtet.
Eines der wenigen wirksamen Desinfektionsmittel ist Bleiche (Natriumhypochlorit (NaClO), z. B. in Eau de Javel (dm-Drogeriemarkt) oder in DanKlorix). Und es scheint möglich zu sein, damit Pflanzern aus Samen von befallenen Elternpflanzen größtenteils virusfrei zu bekommen. Leider gibt es keine systematischen Untersuchungen zur Desinfektion von Samen mit Bleiche, insbesondere nicht zur Dauer (oft wird einfach 5 - 10 min verwendet). Daher habe ich das im Dezember mal selber ausprobiert. Insbesondere wollte ich die maximale Desinfektionszeit herausbekommen, die den Samen gerade noch nicht schadet. Dafür habe ich Portionen von trockenen Samen für 0, 10, 15, 20, 30 oder 45 min in unverdünntem Eau de Javel eingelegt und diese Behandlung am zweiten Tag für 0, 5, 10 oder 20 min wiederholt (mit der Idee, dass das Desinfektionsmittel die Viren in aufgeweichtem Material besser erreichen kann). Insgesamt ergab das 24 unterschiedliche Behandlungen mit je 13 Samen.
Das überraschende Ergebnis: Selbst die schärfste Behandlung (45 min + 20 min) hatte keinen Einfluss auf die Keimfähigkeit!
Was aber auffiel, war, dass die Samen der 30-min- und 45-min-Gruppen um einige Tage verzögert keimten. Die Desinfektion wirkt hier eventuell wie ein Priming (z. B. mit 3 % KNO3, das ja auch die Keimung etwas verzögert aber die Keimrate gleichzeitig insgesamt verbessert). Das ganze scheint Sinn zu machen, wenn die Samen tatsächlich darauf optimiert sind, eine Darmpassage in Vögeln zu überstehen - was meines Wissens aber noch nicht praktisch überprüft wurde.
Ich habe danach für meine eigentlichen Samen 30 min + 15 min verwendet (mit etwas Sicherheitsabstand, falls die dickeren Paprikasamen etwas widerstandsfähiger sein sollten als die kleineren Chilisamen) und hatte sehr gute Keimraten: Im Prinzip sind so gut wie alle ca. 100 gekauften Samen der ca. 20 Sorten gekeimt (mit Ausnahme der Primo von Guerillapepper und schon mehrere Jahre alter Bishop's-Crown-Samen, was offensichtlich an der Qualität dieser Samenchargen lag).
TL;DR: Chilisamen sind extrem widerstandsfähig! Ich rate jedem dringend, eigene und fremde Samen zu desinfizieren! Man kann und sollte auch nicht davon ausgehen, dass kommerzielle Samen gesund sind! Es ist im Prinzip das gleiche wie bei Corona - abgesehen vom eigenen Schaden will man halt auch bei der Weitergabe von Samen und Pflanzen nicht daran schuld sein, extrem ansteckende Pflanzenkrankheiten unbeabsichtigt weiterzuverbreiten und andere dadurch zu schädigen...
Details: Trockene Samen aus einer frischen Supermarktpaprika wurden ca. 1 Woche bei 16 °C und dann bei bis zu 25 °C getrocknet. Dünne oder dunkle Samen wurden ausgelesen und der Rest in 24 Portionen zu 13 Samen aufgeteilt. Je 4 Gruppen zu 13 getrocknete Samen wurden 0, 10, 15, 20, 30 oder 45 min in unverdünntem Bleichmittel (Eau de Javel, dm-Drogeriemarkt, 2.6 g/100 ml (2.6 %) Natriumhypochlorit (NaOCl)) bzw. Leitungswasser bei ca. 16 °C behandelt. Danch wurde die Lösung entfernt und die Samen in Leitungswasser eingelegt. Das Wassser wurde direkt danach mehrfach und dann in aufsteigenden Intervallen mindestens 4-mal gegen frisches Wasser ausgetauscht. Nach 24 h wurden je 6 Gruppen für 0, 5, 10 oder 20 min erneut in Bleichmittel bzw. Wasser eingelegt und gespült. Die Samen wurden dann auf ca. 1 cm feuchtem Perlit in flachen Plastikdosen und luftdurchlässiger Abdeckung bei ca. 30 °C in einem Zimmergewächshaus mit Heizmatte, Thermostat, wassergefüllten flachen Dosen und Abdeckung zur Isolierung und Luftbefeuchtung gekeimt. Danach hatten die Samen trotz der Spülungen einen leichten Chlorgeruch. Außerdem entwickelte sich über einige Tage ein leichter muffiger Korkgeruch (Trichloranisol?). Nach 9 Tagen wurden die Samen bzw. Keimlinge kategorisiert nach: ++: lange Wurzel mit Haarwurzeln, +: kurze Wurzel mit wenigen oder keinen Haarwurzeln, 0: nicht gekeimt, −: beschädigte Primärwurzel, aber Nebenwurzel oberhalb des Stumpfs und −−: Primärwurzel beschädigt, oft mit braunem Stumpf, Keimling nicht lebensfähig. Keimlinge der Kategorien + und 0 wurden zurückgegeben und 4 weitere Tage bei ca. 15 °C weiter gekeimt.
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