Einleitung
Nach meiner Rückkehr aus England stand ich vor einer Herausforderung – wegen des Brexit durfte ich keine Samen in die EU einführen. Ich hätte für alle besondere Gesundheitszeugnisse gebraucht. Deshalb hatte ich keine Samen mehr für meinen neuen Garten. Doch zum Glück fand ich Hilfe und Inspiration in diesem Forum, das mir bei der Neubepflanzung meiner grünen Oase half. Ein besonders herzliches Dankeschön geht an @Burning Haed , @_hw_, KeM, @Mayachili und @PicaPica für die wunderschöne Auswahl an Samen und ihre Ratschläge und Erfahrungen. Mein Garten sollte in diesem Jahr vor allem von Gemüse, und aus diesem Forum von Tomaten und Chilis geprägt sein, aber ich habe auch einige Bienenpflanzen dazugenommen, um unseren summenden Freunden eine Freude zu bereiten.Anzucht
Ich war spät dran, erst Ende Februar konnte ich die ersten Samen in die Erde setzen. Doch ich hatte große Pläne – ich wollte möglichst alle Sorten von Euch - eine riesige Vielfalt an Chilis und Tomaten - anbauen. In doppelter Samenstärke zog ich für jede Sorte zwei bis vier Pflänzchen an, um sicherzustellen, dass zumindest eine pro Sorte keimen und bis zum Erwachsenenstadium überleben würde. Neben den üblichen Anzuchtplatten entschied ich mich erstmals für die Verwendung einer Erdballenpresse.Sidestory: Erfahrungen mit der Erdballenpresse
Die Erdballenpresse war eine Neuanschaffung, die sich als äußerst praktisch erwies. Ich hatte genug von den herkömmlichen Anzuchtplatten, die oft brachen und viel Plastikmüll erzeugten. Die Erdballen aus der Presse hingegen blieben sogar beim Gießen stabil. Allerdings gab es einen kleinen Trick – die Erde musste besonders fein sein, ohne Holzschnipsel oder ähnliche Unreinheiten. Nur so hielten die Erdballen ihre Form. Ich konnte je nach Wanne 50 bis 72 Quader herstellen, und die Tatsache, dass sie bereits ein Loch für den Samen hatten, erwies sich als äußerst praktisch. Samen rein, Erde drauf, fertig! Ich habe sogar einem Freund zum Geburtstag meine überlassen und werde mir jetzt für die nächste Saison wieder eine anschaffen. Eine klare Kaufempfehlung!
Alle meine Samen wurden sorgfältig beschriftet und in meinen Anzuchtraum verfrachtet, wo ich die Temperatur dank des begrenzten Raums angenehm hoch halten konnte – ideal für die Keimung der Chilis.
Zunächst verwendete ich einfache Heizmatten, bis die ersten zarten Keimlinge erschienen. Dann gönnte ich ihnen noch einige Tage zur Kräftigung, bevor sie in den Keller umziehen mussten, wo sie unter künstlichem Licht weiterwuchsen. Am 4. März trafen schließlich die letzten Samen ein – nur noch eine pro Sorte, da mir endgültig der Platz ausging. Die Keimung verlief großartig, bis auf ebendiese letzte Anzuchtplatte, auf der leider keine einzige Pflanze sprießte. Möglicherweise war das Saatgut beim Versand beschädigt worden, denn die gesamte Charge keimte nicht.
Mit der Zeit bildete sich leider ein Pilz auf den Anzuchtplatten.
Im Keller setzte ich die Anzucht unter Pflanzlichtern fort.
Sidestory: Erfahrungen mit Viparspectra
Ursprünglich hatte ich meine Pflanzenlampen in England gekauft, wo sie für die Anzuchtplatten ausreichten, da die Pflanzen am Fenster standen. Das Wetter war dort früher warm und es gab keine Frostgefahr, die Pflanzen konnten also tagsüber deutlich früher nach draußen. Doch in Süddeutschland, wo ich nun lebte, sind die Bedingungen anders. Es ist lang kalt und dunkel, daher benötigte ich dringend bessere Lampen. Die Halterung und Aufhängung der Viparspectra-Lampen waren zwar nur mittelmäßig, aber die Lampen selbst liefern enorm viel Licht. Nach Messungen konnte ich die Intensität auf 50% reduzieren und hatte dennoch mehr als ausreichend Licht für die Pflanzen. Eine iPhone-App namens "Photone" half mir bei der Kontrolle, ob die Lichtverhältnisse den Bedürfnissen meiner Pflanzen entsprachen. Die Investition in diese Lampen hat sich als goldrichtig erwiesen, auch wenn sie nicht gerade günstig waren.
Im Keller fanden die Pflanzen ihren Platz auf dem Boden, da die Fußbodenheizung ausgeschaltet war und die Temperaturen bei etwa 16 Grad lagen – ideal für diese Phase des Wachstums. Die Pflanzen entwickelten sich prächtig.
Umpflanzung
Mit zunehmender Tageslänge und mehr Licht am Fenster wuchsen die Pflanzen immer weiter. Größere Exemplare zogen ans Fenster, da nicht alle unter der Beleuchtung ausreichend Platz hatten. Die Zeit für die Umpflanzung war gekommen, und wie immer setzte ich sie tiefer in die Erde, damit sich aus den Stämmchen neue Wurzeln entwickeln konnten.*Sidestory: Erfahrungen mit AirPots*
Während wir in London lebten, erfüllte ich mir einen Traum – einen Besuch auf der Chelsea Garden Show. Es war ein einzigartiges Erlebnis, die vielen angelegten Gärten, Ausstellungen und Gartenneuigkeiten! Dort habe ich die AirPots kennengelernt. Die Idee hinter ihnen ist intelligent wie einfach: Die nach außen geformten Noppen führen dazu, dass die Wurzeln nach außen wachsen und schließlich am Ende eintrocknen, da sie in der Luft hängen und kein Wasser erhalten. Dadurch entstehen keine Ringwurzeln, wie sie in herkömmlichen Töpfen oft vorkommen, sondern sie verzweigen sich viel stärker und der Wurzelballen wird kräftig durchwurzelt. Das Problem ist, dass man die Pflanzen von oben gießen muss, da die Töpfe unten einen Abstand zum Boden haben. Dank des starken Wurzelballens können die Pflanzen auch länger in den Töpfen bleiben, bevor sie umgetopft werden müssen. Meine Erfahrung: Die Pflanzen wachsen schneller und kräftiger und können bei der Auspflanzung besser anwachsen. Ob sich die Anschaffung für jeden lohnt, muss jedoch jeder für sich selbst entscheiden. Ich habe etwa 50 AirPots der 1-Liter-Größe und verwende sie hauptsächlich für Tomaten, Zucchini, Gurken, Kürbis und andere Pflanzen, die bereits in der Anfangsphase kräftig werden.
Abhärtung
Die Pflanzen setzten ihr fröhliches Wachstum fort, und ich war erleichtert, als das Wetter schließlich besser wurde und die Temperaturen stiegen. Es war Zeit, sie an das Tageslicht zu gewöhnen und für den Umzug in die Garage vorzubereiten.Dies hat mehrere Gründen: Die Garage liegt auf der sonnigen Südseite und durch das Öffnen/Schließen des Garagentors kann ich die Dauer des direkten Sonnenlichts steuern. Das Tor hat Fenster, durch die auch in geschlossenem Zustand Sonnenlicht fällt. Außerdem schützt sie vor zu viel Wind und Regen, was für die empfindlichen Pflänzchen von Vorteil war.
Der Mai
Der Mai brachte jedoch eine unerwartete Herausforderung mit sich – anhaltender Regen. Obwohl ab Anfang Mai keine Frostgefahr mehr bestand, war es undenkbar, die Pflanzen auszupflanzen. Die ersten Tomaten habe ich am 7. Mai ins Beet gesetzt, doch dann setzte der Dauerregen ein.![Smile :) :)](/styles/default/xenforo/smilies/smile.png)
Der Sommer:
Der Sommer brachte Hitze und Trockenheit. Ich verbrachte viel Zeit damit, meine Pflanzen zu gießen. Einige meiner Pflanzen überstanden die Sommergewitter mit starken Stürmen nicht, der Rest des Gartens hat immer noch leichte Schlagseite.Anfang August begann die Ernte der Tomaten, während die ersten Chilis erst Anfang September reif wurden, angefangen mit der Sorte Criolla Sella. Allerdings sind einige Chilis noch gar nicht beim Fruchtansatz, da wird wohl nichts mehr reif…
Verhütung
Am Anfang lief die Verhütung der Chilis und Tomaten nicht wie geplant. Ich versuchte die Alufolienmethode, doch bei den Tomaten funktionierte es erst mit Teebeuteln. Das war jedoch erst nach mehreren Versuchen der Fall, wodurch die Früchte erst spät ansetzten und so reifen die verhüteten Tomaten erst jetzt heran.Verhütet ihr eigentlich eure Tomaten?
Bei den Chilis klappte die Verhütung, bis auf drei Ausnahmen, gar nicht.
Samengewinnung
Für die Tomaten habe ich folgende Strategie: Ich habe kleine Plastikröhrchen, in denen ich die Tomatensamen nach dem kräftigen Reinigen in einem Küchensieb (die Struktur reibt schon den meisten Glibber ab) für 2-3 Tage aufbewahre, so dass sich der restliche Glibber löst. Danach wird wieder im Sieb gereinigt und auf Backpapier getrocknet. Ich nutze den p-touch als Beschriftung, damit ich auch nach mehreren Tagen noch weiß, was in welchem Fläschchen ist (NV = nicht verhütet, V!= verhütet)![Smile :) :)](/styles/default/xenforo/smilies/smile.png)
Verarbeitung
Neben den üblichen Verwendungszwecken wie Caprese-Salat, habe ich einige kreative Ideen für die Verarbeitung meiner Tomaten und Chilis (Rezepte gerne auf Anfrage):- Tomatenbrot mit einer extra Prise Chili
- Tomaten im Ofen geröstet
- Köstliche Tomatensuppe
- Einkochen von Tomatensauce für den Winter
- Verschenken an Nachbarn und Freunde, um sie für die nächste Party zu begeistern
- Jalapeños sauer einlegen
Was macht ihr so mit den überwiegend kleinen Cherrytomaten?
Was sind eure Lieblingsrezepte aus den verschiedenen Chili-Sorten? Bisher hatte ich nur annuum angebaut, dieses Jahr sind zum ersten Mal auch andere Capsicums dabei!
Sonstiges
Für die Planung meines Gartens nutze ich die praktische App "Gartenplaner" auf meinem iPhone. Damit kann ich sehen, welche Pflanzen sich gut miteinander vertragen und sie übersichtlich auf meinem Beetplan anordnen. Allerdings habe ich nicht bedacht, dass die neu gepflanzte Thuja-Hecke meinen Pflanzen ziemlich zu schaffen macht. Einige der bösen Büsche haben die Hitze des Sommers nicht überstanden…Zur Bewässerung direkt nach der Saat nutze ich übrigens eine Ballonbrause von Esschert. Dadurch werden auch die Samen von Lichtkeimern wie Salat nicht gleich weggespült.
Achso, ich habe auch ein Bewässerungssystem und nutze die Gardena Tropfer oder einen Tropfschlauch, der die Tropfer schon eingebaut hat. Dazu einfache programmierbare Bewässerungscomputer. Ohne das würde alles nicht funktionieren. Bei der Hitze und dann hätten die Pflanzen unseren Urlaub oder meine Geschäftsreisen gar nicht überstanden. Kleiner Tipp: Ich bin schon das zweite Mal der Falle erlegen, dass ich einen günstigeren Bewässerungsschlauch gekauft habe. Aber der Innendurchmesser ist marginal unterschiedlich und wenn man lange Bewässerungslinien hat, dann braucht man Druck auf der Leitung, sonst kommt hinten nichts mehr an. Und dann passiert es, die Leitung springt von dem Tropfer oder Verbindungsstück, etc. ab. Das Wasser läuft auf dem Schlauch, der hintere Teil ist nicht mehr angeschlossen. Wenn man das nicht bemerkt oder es während des Urlaubs passiert, dann ist Schluss mit lustig. Also: kauft die Gardena Dripline wenn ihr Gardena Tropfer habt.
Galerie
Um euch einen visuellen Einblick in meinen Garten und meine Pflanzen zu bieten, habe ich eine Galerie mit einigen Fotos zusammengestellt. Bilder sagen oft mehr als Worte, und ich hoffe, ihr seht, wie viel Spass ich daran habe (und Zeit ich reingesteckt habe, obwohl die Pflanzen eigentlich von selbst wachsen). Edit: Leider kann ich keine Dateien mehr anhängen, das Limit ist erreicht. Aber ich kann ja einen Galerie-Antwort erstellen.Aber was ist denn da passiert?
Eines der Rätsel, die mich dieses Jahr beschäftigen:Ich kann es mir wirklich nicht erklären, aber irgendwie sind die Sorten meiner Chilis durcheinandergeraten. Könnt ihr mir helfen, herauszufinden, welche Chili welche ist? Unten ist die Liste aller Chilis, die ich angebaut habe. Ich werde für jede Chili einen eigenen Kommentar-Post erstellen, den ihr gerne kommentieren könnt, wenn ihr mir bei der Identifizierung helfen möchtet. Trotz meiner Penibilität scheint mir beim Herumtragen und Umpflanzen wohl etwas durcheinandergeraten zu sein. Aber ich vertraue auf eure Fachkompetenz!
Was kommt noch? Überwinterung und Bonchi
Während ich die aktuelle Erntesaison in vollen Zügen genieße (1-2 kg Tomaten pro Tag!), werfe ich auch schon einen Blick auf die nächste Herausforderung. Ich plane, möglichst viele meiner Chilis zu überwintern. Gemeinsam mit meinen Physalis und Auberginen sollen sie den Winter überstehen und im nächsten Frühjahr erneut gedeihen. Welche Erfahrungen habt ihr? Welche Temperaturen halten die Pflanzen aus? Ist die Garage (solange frostfrei) ein guter Platz? Wie gesagt, das Tor hat ein größeres Fenster, so dass das Sonnenlicht der Südseite reinfällt.Aber das ist noch nicht alles. Ich habe vor, aus einigen ausgewählten Chilis etwas Besonderes zu machen – Bonchi! Vielleicht habt ihr schon davon gehört, aber für diejenigen, die es nicht kennen, hier eine kurze Erklärung: Bonchi ist eine japanische Technik, bei der Chilipflanzen im Bonsai-Stil gezüchtet werden. Das bedeutet, dass die Pflanzen klein gehalten und in formschönen Behältern kultiviert werden. Es finde das faszinierend, dass das mit Chilis geht! Ich freue mich schon total darauf und werde euch in Zukunft von meinen Bonchi-Abenteuern zu berichten.
Zu guter Letzt
Zum Abschluss möchte ich mich bei euch allen herzlich bedanken, dass ihr meine Reise ins Gartenjahr erst möglich gemacht habt. Wenn ihr Fragen oder Anmerkungen habt, eigene Geschichten teilen möchtet oder mir bei der Chili-Sorten-Identifizierung helfen wollt (Bitte Bitte!!), schreibt einfach eure Kommentare.Ich hatte schon lange versprochen, diesen Faden zu schreiben. Ich bin beruflich ziemlich eingespannt und der Feierabendstress ist auch nicht klein, deshalb entschuldigt den späten Post - aber versprochen ist versprochen!
Liebe Grüße und allen noch eine wundervolle Erntesaison!
Und hier noch die Liste der Chilis, die ich dieses Jahr angebaut habe und die auch gekeimt sind (durchgestrichen sind die bereits identifizierten Sorten):
Crumply Salmon |
Golden Limón F9 |
NuMex 6-4 Heritage |
Trifetti (n.v.) |
Trinidad Perfume |
Vallero |
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