Erlebnisbericht: Hurricane Dean 2008 (Jamaica)!!!

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Nachfolgend mein Erlebnisbericht des Hurricanes "Dean" im Jahre 2008 an meine Familie in Deutschland.

Dies war zunächst eigentlich ein Brief (E-Mail) an meine Eltern, aber denen hat es so gut gefallen (Gut..? Eine Katastrophe..?), daß sie tatsächlich mit einigen Magazinen in DE geredet hatten. Beim Spiegel kam es zu einem näheren Gespräch, doch leider hatte sich dann der Spiegel zugunsten einer anderen Reportage gegen meinen Erlebnisbericht entschieden.



Sven Littkowski schrieb:
Hier ein Text, den ich gestern niederschrieb für Euch (meine Familie)...


DEAN war hier. Dean ist ein tropischer Hurrikan, einer von denen, von denen mal liest, oder in den Nachrichten hört. Wir jedoch hier in den Tropen haben ihn erlebt. Dean kam als Stufe 3 Hurrikan, doch er verließ Jamaica als Stufe 5 Hurrikan. Die Stufe 5 ist die höchste, gefährlichste Stufe, die ein Hurrikan überhaupt erreichen kann.

Der Hurrikan kam von Portland und St. Thomas herein, und lief an der Küste entlang, mit direktem Kurs auf Kingston. Ich lebe in Kingston.

Schon bevor der Hurrikan die Insel erreicht, werden viele Küstengemeinden VOLLSTÄNDIG, und mit Hilfe der Armee, evakuiert. Die Fischereibehörden geben über das Radionetz an alle Fischer die Anweisung, auf gar keinen Fall sich auf dem Wasser aufzuhalten. Jeglicher Schiffsverkehr wird eingestellt. Ganze Dörfer und Kleinstädte sind nun menschenleer, ein Bild, was man eigentlich am ehesten mit apokalyptischen Endzeit-Filmen in Verbindung bringen kann. Es ist ein sehr schlimmes Gefühl, im Fernsehen Aufnahmen von vollständig verlassenen Gemeinden zu sehen, Farmgeräte noch auf den Felden, und teilweise noch das Essen auf den abgestellten Herden.

Dean hat nun Portland erreicht und richtet dort schlimmste Zerstörungen an, und schon kurz darauf fällt auch der Großteil von St. Thomas der Zerstörung heim. Die ganze Küste entlang zieht sich nun ein breiter Streifen aufgewühlter Erde, wo früher Siedlungen waren. Eine Spur mit Richtung Kingston.

Schon bevor der Hurricane Kingston erreicht hat, wissen wir, woran wir sein werden. Bis zuletzt haben die Radio- und TV-Stationen ja noch gesendet. Dann kam der Hurrikan über uns. TV ist seitdem ausgefallen, großflächig. Einige Radiostationen senden wieder. Am Sonntag, um 11 Uhr Ostküstenzeit, fängt es an, zu regnen. Der Regen wird bis zum Montag Mittag anhalten. Es wird bekannt, daß sich einige Fischer entgegen aller Warnungen auf's Meer gewagt haben. Nun sind sie ein Spielball der Wellen in ihrem kleinem Fischerboot.

Sonntag, 14 Uhr: Es wird vorsorglich das gesamte Stromnetz inselweit abgeschaltet, nachdem etliche Stromleitungen viele Male von Blitzen wie auch von umherfliegenden Trümmern schwer getroffen wurden. Schon davor gibt es Stromschwankungen und kurze Ausfälle. Und das sind noch nicht einmal die tropischen Stürme, die dem Hurrikan vorhergehen. Die Radiostationen senden Anweisungen an die fünf oder sieben Fischer, zu versuchen, eine nahegelegene Kleinstinsel zu erreichen. Diese Insel hat einen Durchmesser von nur 200 Metern und ist in der Nähe von Lime Cay, einer bekannten Ausflugsinsel nicht weit von Port Royal. Das jamaikanische Militär unterhält auf dieser Insel einen kleinen unterirdischen Vorratsbunker, und gibt den Fischern die Erlaubnis, das Siegel und Schloß am Tor aufzubrechen, wenn sie es denn zur Insel schaffen sollten...

Sonntag, 15 Uhr: Drei tropische Stürme, die dem Hurrikan vorauseilen, sind nun in Kingston angelangt und biegen die Metalldächer nach oben. Die ersten kleineren Palmen und Baumzweige brechen. Es sind viele Blätter und leichte Trümmer in der Luft. Es regnet schwer. Um diese Zeit ist es nicht mehr möglich, sich im Freien aufzuhalten. Ich verlege meine Filmaufnahmen vom Dach zurück in sicheres Gebiet - in mein Apartment.

Sonntag, 16:30 Uhr: Die drei tropischen Stürme sind weitergezogen, viele Dächer weisen Schäden auf, eine Anzahl Stromleitungen ist zerstört. Ganz im Gegensatz zu diesem Bild ist die Luft: es herrscht eine fast vollkommene Windstille, die Ruhe vor dem eigentlichen Hurrikan.

Sonntag, 17 Uhr: Es konnte noch kein Lebenszeichen von den Fischern empfangen werden. Kein Rettungschiff verläßt den Hafen. Die Radiostationen senden unaufhörlich Fischerei- und Militäranweisungen an die vermißten Fischer. Und Gebete.
Die Wolken an den nahen Bergen haben eine unwirklich hohe Geschwindigkeit, etwas zieht sie mit großer Kraft um den Berg herum. Von dort hört man auch zuerst eine Art Rauschen, ein Düsenjet-ähnliches Heulen. Dieses Geräuch scheint kurz darauf von überall herzukommen, vor allem von oben, über uns. Und es wird langsam lauter. Angesichts dieses grausamen Geräuches fange ich an, verdammt viel Angst zu bekommen. So richtig viel Angst.

Sonntag, 17:05 Uhr: Das Jet-Geräusch ist nun so richtig laut, lauter als es mir möglich ist, zu schreien. Es ist über dem Haus, vor dem Haus, hinter dem Haus. Nun fängt es an. Plötzlich, wie Adler plötzlich auf ihre Beute hinunterstoßen, sind es nun etliche Sekunden- manchmal minutenlange Verheerungen, die auf uns herniederkommen! Mal hier, mal da, mal vom Osten und mal vom Westen her fährt die Hölle auf uns hernieder! Ich sehe die ersten Dächer wegfliegen.

Sonntag, vieleicht gegen 18 Uhr: Die einzelnen Hurrikanfinger scheinen sich vereinigt zu haben, nun ist der Hurrikan überall und immer! Keine Intervalle mehr, nur noch das grausame anhaltene Jet-Geräusch, und Stück für Stück werden die Gebäude vor meinen Augen auseinandergenommen! Jeder Regentropfen ein Geschoß, jeder fliegende Ast ein potentieller Knochenbrecher, jeder fliegende kleine Baum ein Killer! Ich sehe zu meinem Entsetzen die Bäume VOR MEINEM FENSTER entwurzeln und zusammenbrechen, teilweise wegfliegen!!! Und noch größer wird mein Entsetzen, als ich sehe, wie TEILE MEINES GEBÄUDES sich zu lösen beginnen und selbst das schwere Dach anfängt sich zu bewegen, wie eine Luftmatratze - auf und nieder!!! Das Dach ist aus Metall! Entsetzen, als Teile unseres Daches weggeweht werden!!!

Weiterhin Sonntag, gegen 18 Uhr: Der Regen ist schwer, stärker als bei starken Duschen. Doch er rinnt nicht die Gebäude und Fenster hinunter - er rinnt entgegen aller Schwerkraft HINAUF! Der Wind an den Hauswänden macht dies möglich. Wassereinbruch in meiner Wohnung! Der hinaufrinnende Regen dringt in die Blenden-Fenster ein! Von unten nach oben! Ich versuche, das eindringende Wasser wegzuschöpfen - stoppen läßt sich der Wassereinbruch nicht!

Sonntag, 19 bis 23 Uhr: Ich habe inzwischen im Eiltempo meine Wohnung umgebaut, alle Technik steht nun auf allem an Plastik und Entbehrlichem, was ich auftreiben konnte, um Wasserschäden zu vermeiden. Die Glassfenster im Wohnzimmer biegen sich und knistern gefährlich. Sie bekommen jetzt die volle Wucht des Hurrikans ab. Sollten sie jetzt brechen, wird der Hurrikan auch in meiner Wohnung sein, und sich seinen Weg zur nächsten Schwachstelle suchen - dem Fenster im Badezimmer oder in der Küche, es in Sekundenbruchteilen nach aussen aufbrechen, und mein Eigentum irgendwohin in die Wolken mitnehmen! Die Glasssplitter werden gefährliche Geschosse sein. Und es wird noch viel mehr Wasser in meine Wohnung kommen. Schon jetzt sind meine Zehen vom Wasser vollständig bedeckt! Seit 19 Uhr ist es stockdunkel, und doch glüht der Himmel dunkelrosa-gelblich. Sirenen überall. Und immer wieder das Krachen niedergehender Metalldächer und Bäume. Sehr laute Geräuche, die ich nicht wieder hören will. Ich bewege die Bettcouch vom Fenster weg, um keine Glasssplitter darauf zu haben. Angst. Und tiefe Erschöpfung.

Montag, gegen 3 Uhr: Ich muß eingeschlafen sein. Aber ich werde durch ein Geräuch geweckt: klassische Musik, und fröhliche karibische Musik, inmitten all der anhaltenden Zerstörung! Ich gehe den verlassenen, dunklen Hausflur entlang, dieser Musik entgegen. Das Haus bebt. Jemand spielt CDs, in diesem großen Raum sitzen wir schließlich bei Kerzenschein und merkwürdig fröhlicher Musik, welch eine apokalyptische Untergangs-Szene! Spielte nicht auch auf der untergehenden Titanic eine Band? Eine merkwürdige Gesellschaft: zwei Kubaner und zwei Kubanerinnen, ein Jamaikaner und eine Jamaikanerin, der Konsul Panama's (der hier auch wohnt), zwei Kolumbianer, ein Inder, und ich. Der Jamaikaner schläft auf dem Stuhl ein. Das eine kubanische Päärchen küsst sich und tut in der dunklen Ecke vieleicht noch mehr, und wir anderen sind stumm und von Angst erfüllt. Wir hören das Bersten von Fenstern um uns herum, das Aufschlagen schwerer Hausteile, Schreie, Kollisionen und das laute Jet-Geräuch. Ich schlafe ein.

Montag, 5 Uhr: Ich wache auf. Es ist leise geworden, fast totenstill. Aber noch immer jagen Sturmböen durch die Häuserzeilen. Das große schwere Metalltor am Grundstückseingang hängt verbogen und teilweise beschädigt in den wenigen verbliebenen Angeln. Das Tor war drei Meter hoch, und um die sieben Meter breit. Nun ist es kleiner. Der Jamaikaner (es ist der Compound Manager), sein Helfer, und auch ich beschließen, das übriggebliebene Tor provisorisch zu befestigen, um Looter abzuhalten, ins Grundstück einzudringen. Wir gehen hinaus in die schwarze Nacht voll peitschenden Regens und Wind, und versuchen das Tor wieder irgendwie zu befestigen. Ich versuche, das Tor gegen den Wind abzustützen und in Position zu halten, während die beiden anderen schwere Steine heranbringen. Mordmäßig schwere Arbeit! Der Wind reißt mir das noch immer riesige Tor fast aus den Händen. Aber wir schaffen es. Das Tor steht wieder, und die fehlenden Teile werden durch Metallblech von heruntergefallenenen Dächern abgedeckt und mit Metalldraht (zerstörte Stromleitungen) befestigt. Wir gehen erschöpft und vollkommen durchnäßt zurück in unsere feuchten Apartments, um zu schlafen.

Montag, 13 Uhr: The Day After. Ich stehe auf der höchsten Plattform des Wohnhauses und blicke umher: ich stehe inmitten einer zerstörten Landschaft. Zerstörte Dächer und mitgenommene Häuser. Aufgewühlte Erdfurchen, schiefe Schilder und Lampenmasten, entwurzelte Bäume und Palmen, über abgerissene Zweige und ganze Bäume, kaputte Autos, zerstörte Stromleitungen, Überschwemmungen, Glassscherben...
Vereinzelt heulen die Sirenen noch immer, hier und da. Ist dort niemand mehr da, um sie abzuschalten? Viele der Bäume auf unserem Grundstück sind teilweise zerstört: der Ackeebaum zu 50%, der Brotfruchtbaum zu vieleicht 20%, der große Mangobaum zu 40%, der Limettenbaum ist vollständig entwurzelt und aus der Erde ausgehebelt und liegt jetzt einige Meter über unseren Köpfen in den Stromleitungen, und die anderen Mangobäume weisen auch Beschädigungen auf. Noch immer sind Wasser und Strom nicht verfügbar. Wir checken uns gegenseitig, ob niemand aus unserer Mitte fehlt.

Montag, 14 Uhr: Ich nehme eine provisorische Dusche, denn ich habe sehr viel Wasser gebunkert: die Waschmaschine (vorher gründlich gereinigt) ist voll, zwei zusätzlich gekaufte große Kannister sind voll, und auch alles andere, was ich in meinem Haushalt mobilisieren konnte. Ich höre, daß erwartet wird, daß Strom und Wasser für bis zu einer Woche ausfallen könnten. Wie soll man Toiletten benutzen ohne reinigendes Wasser? Werden Seuchen ausbrechen? Kein Geschäft ist offen, aber auch hier hatte ich mich vorsorglich eingedeckt mit allem, was lange Zeit ohne Kühlung auskommt: Corned Beef, andere Dosennahrung, Reiskräcker und Zwieback, Toastbrot, alles in Fülle. Endzeit. Der Untergang der Zivilisation, der Menschheit.

Montag, 15 Uhr: Niemand hat bisher von den Fischern in Seenot gehört. Sie bleiben verschollen. Nachdem ich etwas gegessen habe, versuche ich, meine Familie in Deutschland zu erreichen. Ich bemerke, das alle Telefon- und Mobilnetze unten sind. Abgeschnitten vom Rest der Menschheit. Herrlich. Oh je. Wie werden sich die Nachbarn verhalten, wenn ihre Lebensmittel- und Wasservorräte dem Ende zugehen? Haben sie auch so viel gebunkert? Wird es Plünderungen geben? Ich schaue aus dem Fenster auf die Strasse, weil ich Motorengeräuche höre. Ich sehe endlose Züge von Panzern und schweren Raupenbaggern an mir vorüberziehen, und dazwischen immer wieder Mannschaftswagen mit vielen schwer bewaffneten Soldaten, sowie leichte, schnelle Jeeps. Sie fahren in Richtung Downtown. Ich mache Helikopter in der Ferne aus, auch über Downtown, dem an der Wasserfront gelegenen Teil Kingstons. Aber die Entfernung ist zu groß, um die Schüsse hören zu können. In meiner Nähe jedoch sehe ich eines der großen Hotels brennen, den Jamaica Pegasus. Das Hotel befindet sich nicht in Downtown, sondern ganz in meiner Nähe, Laufentfernung.

Montag, 17 Uhr: Das Wasser ist zu unserer allergrößten Freude angeschaltet worden. Man soll es jedoch nicht trinken, da die Filteranlagen vom Hurrikan wahrscheinlich beschädigt worden sein könnten. Aber zumindest kann ich nun das vorher gebunkerte Trinkwasser auschließlich zum Trinken verwenden, und mich mit dem Leitungswasser waschen, dies soll möglich sein. Damit kann ich meine Wasservorräte über 1 Woche strecken, sollte dies erforderlich sein. Inzwischen hört man auch hier und da das laute Geräuch von Stromgeneratoren, die mit Benzin laufen. Die großen Hotels besitzen solche, wie auch einige der Firmen. Und auch ich bald, beschließe ich. Denn meine Tiefkühltruhe droht ohne Strom aufzutauen. Und mein Kühlschrank wird sich erst recht nicht lange halten können. Inzwischen schaffen es wieder einige Radiostationen, zu senden. Die TV-Stationen bleiben jedoch nach wie vor stumm und dunkel. Wir hören, daß Looter-Banden (Plünderer) umhergehen. Bewaffnet. Vor allem in Downtown. Wir verstärken das Eisentor. Der Regen hat inzwischen aufgehört. Wir hören, das die Grand Cayman Islands als nächstes an die Reihe kommen, der Stufe 5 Hurrikan ist nur noch 50 Meilen vor deren Küste. Wir hoffen, das der Strom zurückkommt. Aber er kommt nicht. Es wird auch im Radio nicht angesagt, ob und wann er wiederkommen wird. Mein Apartment ist inzwischen trocken. und ich habe Schwielen an den Händen.

Montag, gegen 22 Uhr: Mein Telefon klingelt! Freunde rufen mich an, um zu wissen, wie es mir geht. Das Netz ist also wieder up! Aber der Strom ist noch immer nicht da. Ich beschließe, das Mobiltelefon jeden Tag nur eine Stunde anzuhaben, um Strom zu sparen und das Telefon auch in einigen Tagen noch bei Notfällen benutzen zu können. Mit einem unguten Gefühl im Bauch frage ich mich, welcher Art diese Notfälle wohl sein werden und will es eigentlich gar nicht wissen...
Meine Wohnung ist wieder naß! Wo kommt das Wasser her, verdammt noch mal? Ich bemerke, daß Wasser aus dem Kühlschrank und aus der Tiefkühltruhe rinnt, der Auftauprozess hat begonnen. Und wieder wringe ich endlos Wasser aus. Die Ausrüstung hatte ich vorsorglich noch nicht auf den Boden zurückgestellt.

Montag, 23 Uhr: Die zweite feuchte, klamme Nacht. Viele Sorgen. Verzweiflung um die viele Nahrung in Kühlschrank und Tiefkühlung, doch ich kann nichts machen. Irgendwann schlafe ich ein.

Dienstag, 7 Uhr: Ich wache auf, die Sonne brennt warm, und wieder befindet sich viel Wasser auf den weißen Kacheln meines Bodens. Und wieder wringe ich aus...
Ich bin verzweifelt, weich ich hilflos zusehen muß, wie das Wasser den Auftauprozess anzeigt.
Die Fischer haben es zur Militärinsel geschafft. Sie harren nun im Bunker aus, und haben dort Lebensmittelkonserven. Aber sie können noch nicht gerettet werden. Eine durch den Hurricane verursachte Flut kann noch immer ihren Tod bedeuten.

Dienstag, 10 Uhr: Die Fischer sind nun gerettet worden. Enige Geschäfte haben geöffnet, doch nur sehr wenige, und nur für wenige Stunden: Energie gibt es noch immer nicht, und wer jetzt öffnet, muß einen Powergenerator haben. Und so einen will ich mir jetzt sofort auch kaufen, aber ich muß erkennen, daß es in ganz Kingston keinen einzigen verfügbaren, kaufbaren Generator mehr gibt. Den letzten beißen die Hunde. Zurück in meiner Wohnung esse ich wieder etwas, und dusche. Ich gönne mir viel Wasser zum Trinken.

Dienstag, 12 Uhr: Schüsse in der Ferne. Hubschrauber. Wir hören, daß der Kingstoner Flughafen vollständig abgeschottet ist - die einzige Zugangsstraße noch immer durch Trümmer blockiert.

Dienstag, 14 Uhr: Obwohl mir die Büchsen- und Trockennahrung zum Hals raushängt, halte ich meine Kühlgeräte weiterhin geschlossen. ich will auch gar nicht wissen, was darin passiert.

Dienstag, 14:20 Uhr: Ich komme in mein Apartment zurück, nachdem ich kurz mit anderen Nachbarn zusammen war. Ich sehe den großen Deckenrotor laufen. Strom! Der Strom ist zurück! Ich schließe schnell sämtliche Kühlgeräte wieder ans Netz an, und beschließe, die Geräte zu öffnen. ich bin darauf gefaßt, interessante biologische, komplexe neue Nahrungsketten in meinen Geräten vorzufinden. Doch als ich die Tiefkühlung öffne, stehe ich ungläubig da. Was ich da drinnen sehe, hätte ich doch nicht erwartet: NICHTS ist aufgetaut! Nichts ist grün! Kein Gestank, keine farbige Brühe! Die ehemals dicke Eisschicht an den Wänden ist jetzt sehr viel dünner, aber selbst die obersten Lagen an Fleisch (Hackfleisch) sind noch immer gefroren! Keine Verluste! Heureka! Und noch besser, das wiederholt sich im Kühlschrank! Auch dort ist lediglich die Eisschicht an den Wänden des kleinen Tiefkühlfaches vollständig abgeschmolzen, doch die Lebensmittel sind nach zwei Tagen ohne Strom noch immer ausreichend gekühlt! Das überrascht mich nun doch. Aber ich bin sehr froh!

Dienstag, 20:30 Uhr: Ich höre, daß der Brand im Jamaica Pegasus von schlecht installierten Stromkabeln verursacht wurde, als die Notstromgeneratoren den Betrieb aufnahmen. Ich fange an, diesen Text zu schreiben...

Als einer der ganz wenigen in Kingston (und inselweit) habe ich Strom und Wasser, und sogar Internet. Ich lebe im Geschäftsviertel der Inselhauptstadt, daher habe ich diesen Vorteil. Doch, wie ich später erfahren sollte, werden viele besiedelte Gegenden an dieser Seite Jamaicas für mehrere Wochen keinen Strom und kein Wasser haben...

Grüße, meine Gedanken sind bei Euch, meine liebe Familie,

Sven

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