Urban-Chili-Gardening auf beengtem Raum im Ruhrpott

Habanada

Chiligrünschnabel
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Hallo liebe Chiliheads,

nachdem ich hier schon lange passiv mitlese, habe ich mich nun endlich registriert, um meine erste "richtige" Chilisaison zu protokollieren und vielleicht den / die ein oder andere(n) zu finden, der / die unter ähnlich beengten Verhältnissen anbaut wie ich.

Meine Vorgeschichte:

2017 hatte ich mir erstmals Chilipflanzen besorgt, eine Lemon Drop und eine Scotch Bonnet aus dem Baumarkt, die mir auch einige leckere Chilis beschert hatten und zum Großteil in Hot Sauce umgewandelt wurden. Ich konnte die Pflanzen erfolgreich (warm) überwintern, aber um Weihnachten 2018 sind sie leider in Fremdpflege über den Weihnachtsurlaub vertrocknet.
Letztes Jahr startete dann der erste Versuch des Selbstanbaus. Komplett ahnungslos erst im Juni angefangen (Jalapenos und Habaneros, Tageslicht an Südfensterbrett), was mir einige Jungpflanzen beschert hat, doch hatte ich keine Ahnung, dass die erst abgehärtet werden müssen, und so ging es direkt raus auf den Balkon in die Sonne und dabei ist sicher die Hälfte eingegangen. 4-5 Jalapenopflanzen konnte ich dennoch überwintern, sie verloren im Lauf der Monate all ihre Blätter und ich dachte schon, das wäre es gewesen, aber in den letzten Wochen haben sie wieder fröhlich auszutreiben begonnen. Parallel hatte ich mir letztes Jahr noch zwei "fertige" Pflanzen aus dem Baumarkt geholt (Black Pearl) und konnte dennoch ein paar Beeren ernten.

Dieses Jahr wollte ich das Ganze aber besser informiert angehen. Wobei es bei den Unmengen von Infos im Netz echt schwierig ist, sich für eine Methode zu entscheiden ... irgendwann musste ich mich dann einfach loseisen und einfach mal machen.

Basisdaten:

- NRW / Ruhrpott
- 16-m²-WG-Zimmer mit 5,4-m²-Südbalkon
- 3 Wachstumsleuchten von Sansi (sicher suboptimal, aber ich habe keinen Platz für die sonst empfohlenen langen LED-Streifen und wollte erst einmal nur *irgendetwas* halbwegs Erfolg versprechendes. Zunächst hatte ich die auch primär zur Überwinterung meiner Sukkulenten angeschafft.)
- Substrat: Rest Baumarkterde (Gartenkrone, CompoSana), Tomatenerde von Dehner, etwas gestreckt mit Alterde aus den Balkonkästen vom Vorjahr, in denen Grünkohl steckte.
- Dünger: Compo Bio Tomatendünger

Superhots sind mir persönlich noch zu hot und irgendwann musste ich auch aufhören, weitere Sorten zu besorgen. Zur Aussaat kam also Folgendes (Saatgut hauptsächlich von Tropica, Deaflora und dem Baumarkt) - in Klammern dahinter, wie viele davon bis heute überlebt haben:

10x Cayenne (8)
5x Black Pearl (4)
5x Fish Pepper (3)
6x Habanada (5)
5x Ancho Poblano (3)
6x Early Jalapeno (3)
4x Roter Augsburger (eine alte Paprikasorte aus einem "Wachsenden Kalender" von Primoza) (2)

Dazu kommen noch Überwinterer aus dem Vorjahr: 2x Black Pearl (als Pflanzen im Baumarkt gekauft) sowie 4x Jalapeno (selbst gezogen).

Nicht-Chilis:

5x Balkontomate "Tumbling Tom Red" (4, eine davon fiel als Keimling versehentlich runter und ist abgebrochen)
3x Minigurke (3)
5x Okra (3)
5x Physalis (5, wobei eine echt mickrig ist)
Diverse Kräuter, Salate und Blümelein :)

Los ging es am 3./4.3. (rückwirkend hätte ich wohl noch früher anfangen sollen, insbesondere wegen der Habanada). Ich habe zwei Minigewächshäuser von Lidl mit Chilisamen bestückt, eines mit Kokostabs und eines mit Anzuchterde. Gefühlt hat das in den Tabs besser funktioniert und außerdem war es viel leichter, die Keimlinge hin- und herzubugsieren. Das Ganze kam auf die Heizung und mit einem Touri-Magneten mit eingebautem Thermometer wurde die ungefähre Temperatur überwacht, die natürlich direkt am Fenster etwas niedriger war. Hin und wieder habe ich die Boxen deshalb umgedreht.

01-aussaat.jpg


Am 12.3. gab es schon die ersten Keimlinge zu sehen. (Die Gurken und insbesondere die Tomaten gingen im Vergleich noch besser ab.)

02-keimlinge.jpg


Parallel musste etwas mehr Equipment her, also gab es einen 100er-Satz 9er-Töpfe und eine Gewächshauswanne für 24 davon.

Am 28.3. dürften die ersten Chilis in die 9er-Töpfe umziehen. Zum Einsatz kamen übrige Gemüse-/Tomatenerde, vermischt mit etwas Anzuchterde. (Meine Mutter bestand darauf, dass solche Setzlinge nur in Anzuchterde dürften, während ich in den meisten Internetquellen las, dass sie direkt in Gemüse-/Tomaten-/normale Blumenerde sollen.) Steckschilder wurden aus leeren Tetrapaks gebastelt.

Nach und nach musste ich zunehmend Tetris spielen, um die Chilis alle auf der Fensterbank unterzubringen. (Währenddessen wucherten die Tomaten mein Sukkulentenregal zu und die Gurken fingen an, sich an langstacheligen Kakteen festzuwickeln.) Hier der Stand vom 29.3. - bis dahin ausschließlich unter Tageslicht am Südfenster, weshalb einiger Keimlinge etwas länglich sind ...

03-tetris.jpg


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Am 18.4. wurde dann ein bisschen gebastelt und aus einem billigen Foliengewächshaus von Jawoll und zwei der Sansi-Pflanzleuchten (4.- sowie 3.-stärkste Variante) entstand dann eine etwas arg wackelig-provisorische Grow-Station (eigentlich wollte ich das Teil auf dem Balkon nutzen, aber indoor herrschte übler Platzmangel ... Ich hätte doch nie gedacht, dass die Keimquote so hoch ausfällt ;) ):

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So ab Ende April ging es dann immer mal wieder stundenweise ins Freie auf den mit transparenten Plastikpanels überdachten Balkon:

06-growbox.jpg


Meine Überwinterer fanden es unter der Leuchte anscheinend so toll, dass sie sich zu neuem Leben erwecken ließen:

07-aufgewacht.jpg


Indoor ist es schon sehr voll und die Tomatenpflanzen generieren schon Tomaten, von denen die erste bereits rot wird, während es wachstumstechnisch gefühlt gerade nicht gut voranzugehen scheint. Die Chilis wollen vermutlich so schnell wie möglich in ihre Endtöpfe, aber dafür ist drinnen einfach kein Platz. Wie sicher vielen anderen hier macht mir das Dauerschlechtwetter zu schaffen. Zuletzt waren die Chilis jeden Tag von Vormittag bis ca. 21 Uhr draußen, aber heute ist es so bäh, dass ich erst Bedenken hatte, ob ich sie überhaupt rausstellen sollte, habe es dann aber doch getan, denn sie müssen lernen, mit Wind und kühlen Temperaturen klarzukommen ...

07-balkon.jpg


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Die nächste Herausforderung ist es, möglichst viele Pflanzen irgendwie auf dem Winzbalkon unterzubekommen. Aufgrund des äußerst beschränkten Platzes habe ich mir für die Chilis nur Töpfe mit 26-28 cm Durchmesser besorgt, für die Gurken stehen noch ein paar größere herum. Wobei die Rechnerei Durchmesser-vs.-Volumen irgendwie lästig ist, warum schreiben das die Firmen nicht auch mit auf den Topf? Nur bekomme ich echt keine 34 Töpfe der Größe auf dem Balkon unter. Nachdem ich in US-Foren Leute gesehen hatte, die Chilipflanzen in Bierdosen anbauen, und insbesondere Berichte über den Anbau in solch einem Pflanzturm, ist die aktuelle Idee, 1/2 bis 2/3 davon in diese stapelbaren 3er-Töpfe zu packen, die es neulich bei Lidl gab (leider sind die in der Mitte verbunden) und diesen alle paar Tage etwas zu rotieren. Pro Sorte würde ich dann 1-2 in Einzeltöpfe pflanzen, von denen ich dann einige zu überwintern versuchen kann. Der Balkon ist 3 m hoch, aber die Fläche beträgt nur 2,12 * 2,55 m, sodass ich die Vertikale gern ausnutzen würde, aber nicht genau weiß, wie. Der Pflanzturm ist vielleicht nicht das Optimum an "den Pflanzen Platz bieten, um sich zu entfalten", aber der Ertrag in dem amerikanischen Beispiel sieht doch ganz gut aus und es wird immer irgendetwas geben, das man noch hätte besser machen können.

Eigentlich wollte ich heute auf dem Balkon basteln, umtopfen, mit Arrangements experimentieren usw. ... aber das Ekelwetter hat dem einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Über Tipps zur Platzausnutzung oder Verweise auf Mitglieder, die unter ähnlich prekären Bedingungen Chilis anbauen, würde ich mich sehr freuen. :)
 
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Servus @Habanada, schöner Bericht! War mir irgendwie bisher entgangen.. also auch noch ein herzliches Willkommen von meiner Seite 😊

Das Problem mit der unerwarteten Keimquote kenn ich nur zu gut 😅 Ich hab noch weniger Platz (kein Balkon) und Nutze hauptsächlich mein Bürofenster. Da muss ich mich auf noch deutlich weniger beschränken, aber auch da kommt ja was rum. Hatte mir zur Unterbringung im Zimmer bei Obi günstig so Pflanzenhäuschen geholt, mit verbauter LED, das passen auch mal noch 1-2 unten Schreibtisch. 😁 da findet sich immer was.

Finde das vertikal-Projekt spannend, gerade für deinen Balkon. Denkst du, du kannst es so stellen, dass alle etwas Licht abbekommen? Drehen hilft sicher, aber meiner Erfahrung nach richten sich Chilis doch recht schnell immer Richtung Lichtquelle aus. Und glaubst du, dass das bei Wind gut hält? Dass die in der Mitte verbunden sind würde ich glaub nicht als Problem sehen. Kann das Wasser da in den 3er-Töpfen im Zweifelfall abfließen? Sonst würde es dsa evtl. Sinn machen Bohrlöcher dafür zu setzen, denke ich. Auf jeden Fall sehr interessant, bin gespannt was du berichtest. 😊
 
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