Viel Erfolg mit deiner Einblatt-7Pot.
... und blinde Chilipassagiere haben nach internationalem Topfrecht automatisch eine Aufenthaltserlaubnis. Ohne Wenn und Aber!
*Regelbuch schwing*
Naja, es ist eher learning by doing, aber am Wochendende dachte ich wirklich, das die niedrigsten Tagestemparaturen, also auf dem Balkon, mit dem besten Licht zusammenfällt und da ist die Frage, was denn passiert, wenn die abends und nachts wieder wärmer stehen berechtigt. Wenn die Pflanzen nach der Lichtaufnahme tendentiell eher eine Temperaturabsenkung brauchen um überhaupt in einen normalen Wachstumsprozess übergehen zu können, wäre das Rausstellen natürlich grober Unfug. Ich habe die auch deswegen einmal in einen beheizten Raum gestellt, weil die Lütten nach der Keimung Temperaturen über 18 Grad bei mir eigendlich gar nicht kennen, auch eine Form der Abhärtung....
Hatte mich auch gefragt, ob das bessere Licht draussen, ohne Scheibe davor, durch die niedrigeren Temperaturen auf dem Balkon eventuell konterkariert werden, so 12-14 Grad sind ja nicht viel und das ist nach einer Stunde oder so natürlich auch die Erd- bzw. die Wurzeltemperatur, es geht ja nicht nur um das Grüne oben, sondern auch um das Dunkle unten...
Naja, weitermachen und an Bio 12. Klasse erinnern....
Das größere Problem ist wohl die niedrige Tagestemperatur.
Ich schleif Dich mal wieder in die 12. Klasse. Komm mit!
RGT-Regel: Eine Erhöhung der Temperatur um 10°C führt zu einer Verdopplung der Reaktionsgeschwindigkeit.
Dies trifft auch auf die Photosynthese zu, allerdings mit der Einschränkung die für fast alle Pflanzen gilt:
unter 0°C geht gar nix, weil da das Wasser in den Zellen gefriert, über 40°C geht auch nix mehr, weil dazu notwendige Enzyme in der Pflanze oberhalb von 40°C thermodenaturiert werden (auf deutsch: verröcheln).
Die Ausnahmen lassen wir mal außen vor, weil wir hier nur von Chilis reden.
Eine vereinfachte Wachstumskurve findest Du
hier.
Daran kann man gut sehen, dass bei knapp über 10°C nicht viel Photosynthese passiert und die optimalen Bedingungen irgendwo zwischen 20° und 30° liegen. Das sollte man bedenken, wenn man seine Pflanzen sehr kühl aufstellt.
Allgemein gilt für C3-Pflanzen, zu denen auch Capsicum zählt:
Temperaturminium: -2° bis 0°C / Optimal 20°-30°C / Obergrenze 40°-50°C
Die Ober- und Untergrenzen sind je nach Pflanzenart und geologischer Verbreitung unterschiedlich. Viele Tropenpflanzen sterben schon bei 10°C, aber halten aufgrund guter Wasserkühlung bis 50°C durch. Im gemässigten Klima bei uns liegt die Obergrenze eher bei 40°C.
Warnung! Jetzt wird es ausführlich!
Die optimale Temperatur für die Enzyme, die im licht
unabhängigen Teil der Photosynthese gebraucht werden, ist gleichzeitig auch die optimale Temperatur für die maximal mögliche Photosyntheserate tagsüber, weil der Elektronenakzeptor (NADP+), der in der tagsüber ablaufenden Photosynthese (=lichtabhängig) gebraucht wird, nachts regeneriert/oxidiert wird, damit er am nächsten Tag wieder zur Verfügung steht. Wird nachts also zu wenig oxidiert, ist automatisch am nächsten Tag die Photosynthese eingeschränkt, weil sie stoppt, sobald ein NADP+ Mangel vorliegt.
So gesehen sollten angenehme Nachttemperaturen der Pflanze beim Wachstum helfen.
Andererseits führt natürlich auch Lichtmangel tagsüber zu weniger Energieeinlagerung.
Pflanzen können da aber sehr viel mehr kompensieren, als man annimmt, denn z. B. bei Bewölkung werden die Chloroplasten mit der Breitseite zum Licht ausgerichtet, während sie bei großer Helligkeit die Schmalseite zum Licht drehen.
C3-Pflanzen haben auch einen
Lichtsättigungspunkt, ab welchem noch mehr Licht, keine Zunahme der Photosynthese mehr bewirkt (liegt an der begrenzten CO2-Verfügbarkeit in der Luft).
Während wir alle wissen, dass es zu bei zu viel Licht zu Sonnenbrand und damit zu verringerter Photosynthese kommen kann (=Photodestruktion durch zu hohe Beleuchtungsstärke), sollte man auch erwähnen, dass
Sonnenlicht bei niedrigen Temperaturen auch zu Schäden führen kann. Da wären wir wieder bei den Enzymen. Wenn die Enzymaktivität aufgrund niedriger Temperaturen zu gering ist, dann kann Sonnenlicht plötzlich Böse werden für die Pflanze.
Bei niedrigen Temps verlaufen nicht nur die chemischen Prozesse langsamer, auch die Gleichgewichtsreaktionen verschieben sich in Richtung Energiefreisetzung, d. h. die Pflanzen können weniger Energie aus ihrem Stoffwechsel aufnehmen sowie weniger Nährstoffe und weniger Wasser, dies führt langfristig zum Einstellen des Wachstums. Einzelne Lebensvorgänge der Pflanzen sind unterschiedlich kälteempfindlich: Zuerst stoppt die Flüssigkeitsströmung in den Zellen, dann wird auch die Photosynthese sehr schnell eingestellt.
Auch einzelne Pflanzen
teile sind unterschiedlich empfindlich. So sterben Blütenanlagen oft schon bei Temps um 10°C ab, auch wenn die Pflanze selbst wesentlich kältere Temperaturen aushält.
Nun gibt es noch den Effekt der Temperaturanpassung bei Pflanzen, der für einige wichtige Nahrungspflanzen etwas genauer untersucht wurde. Der Elektronentransport in der Pflanze kann sich - in gewissem Rahmen - an die Umgebungstemperatur anpassen (je nach Pflanzenart ist der Schwankungsbereich größer oder kleiner). Die
ursprüngliche Wachstumstemperatur ist dabei ausschlaggebend für den Temperaturbereich, der später optimal für maximales Wachstum ist.
Beispiel:
Winterweizen wurde bei optimalen 25"C bis zum dritten Blatt angezogen und dann bei verschiedenen Temps (15°/25°/35°) weiter wachsen lassen. Die Photosyntheseleistung wurde in den neu gewachsenen Blättern untersucht.
15°C Weizen maximale Photosynthese-Rate bei 15-20°C
25°C Weizen maximale Photosynthese-Rate bei 25°-30°C
35°C Weizen maximale Photosynthese-Rate bei 25°-30°C
AAAAAABER:
1. Weizen ist eine der Pflanzen mit der größten Bandbreite an Temperaturanpassungen. Chilis kann man damit bei weitem nicht vergleichen.
2. Selbst der anpassungsfähige Weizen hatte aber bei den Pflanzen, die
bei angenehmen 25°C wachsen durften, die höchste Photosyntheserate und den besten Elektronentransport. Bei den 35°C-Pflanzen waren die Werte am schlechtesten.
Da wären wir wieder bei der Kurve vom Anfang. Zu heiß ist schlecht. Zu kalt ist schlecht. 20°-30° C ist perfekt.