Hybriden selber herstellen - Samenwahl

WaA76

Habanerolecker
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Hallo Leute!

Ich überlege grade, mich an der Kreuzung von Chilis zu versuchen. Wie's funktioniert weiß ich (zumindest theoretisch).

Was ich aber wissen möchte:
+ Genügt es, Samen aus einer gekreuzten Frucht zu entnehmen oder nehmt ihr Samen aus mehreren gekreuzten Früchten?

+ In der F1 Genaration sind die Pflanzen dann alle relativ gleich? Selektieren dann erst ab der F2 Genartion?

+ Wenn ich Samen aus der Frucht einer F1-Pflanze entnehme, ergeben die Samen aus einer Frucht alle die gleiche Kombination oder ist jeder Korn eine eigene Mischung - auch wenn es aus der gleichen Frucht stammt?

So, hoffe mich nicht allzu umständlich ausgedrückt zu haben.

lg
 
Hybriden züchten ist eine sehr zeitintensive Aufgabe.
Denke, du wirst mindestens zur F5, eher bis zu F10 gehen müssen,
bis die Pflanzen aus deinen Samen einheitlich sind.
 
Wenn du zwei samenfeste Sorten miteinander verkreuzt, also eine Blüte der Mutterpflanze mit den Pollen der Vaterpflanze befruchtest, dann sollte daraus einheitliches F1-Saatgut gewonnen werden können. Je nachdem wieviele Samen du brauchst kannst du auch mehrere Blüten auf diese Weise bestäuben. Das wird vermutlich sowieso nötig sein, wenn die Bestäubung aus welchen Gründen auch immer misslingt. Aber theoretisch reicht eine gekreuzte Frucht aus.

Wenn du eine F1-Pflanze mit soch selbst bestäubst, kriegst du eine Aufspaltung der äußeren Merkmale. Bei einer dominant rezessiven Vererbung, wie der reifen Fruchtfarbe, bekommst du beispielsweise 75% mit roten Früchten und 25% mit gelben Früchten.

Zu unterscheiden ist hier jedoch Phenotyp und Genotyp. Soll heißen nicht alles was gleich aussieht hat auch die gleichen Gene. Das ist der gleiche Effekt wie bei der Aussage "diesunddas überspringt eine Generation". Auch die Elterngeneration hat dieses Gen was zu diesunddas führt, nur es ist versteckt und das was die Großelterngeneration hatte kann dann bei den Enkeln wieder auftauchen. Du kannst dich ja mal über http://de.wikipedia.org/wiki/Mendelsche_Regeln schlaumachen.

PS: Samen aus einer Frucht sind vergleichbar mit zweieiigen Zwillingen, gleiche Eltern aber unterschiedliche Gene.
 
Super! Danke für die Hilfe! Jetzt blick ich da etwas mehr durch. Das mit den zweieiigen Zwilligen ist sehr gut beschrieben!

Noch ne Frage: Ich hab mir dieses "Handbuch Samengärtnerei" von Arche Noah besorgt. Da steht irgendwas drin, dass man zur Vermehrung mindestens eine bestimmte Anzahl an Pflanzen benutzen sollte um die genetische Vielfalt zu erhalten. Muss ich diesbezüglich bei der eigenen Weiterzucht einer Kreuzung auch was beachten?

@cp: ich weiß, dass es sehr sehr aufwändig ist. Aber ich experimentiere gerne und hab mir extra kleinwüchsige Sorten ausgesucht. So kann ich indoor auch im Herbst/Winter unter Kunstlicht anziehen und verliere nicht ein ganzes Jahr pro Generation. Jetzt verstehst Du hoffentlich auch, warum mich dieses Ödeme-Problem so wahnsinnig macht. Wenn ich ne ganze Generation bis zur Fruchtreife unter Kunstlicht halten möchte, gibt das Probleme.
 
WaA76 schrieb:
@cp: ich weiß, dass es sehr sehr aufwändig ist. Aber ich experimentiere gerne und hab mir extra kleinwüchsige Sorten ausgesucht. So kann ich indoor auch im Herbst/Winter unter Kunstlicht anziehen und verliere nicht ein ganzes Jahr pro Generation. Jetzt verstehst Du hoffentlich auch, warum mich dieses Ödeme-Problem so wahnsinnig macht. Wenn ich ne ganze Generation bis zur Fruchtreife unter Kunstlicht halten möchte, gibt das Probleme.

Dann würde ich dir fast zur SHP raten.
Dadurch, dass sie auch mit wenig Licht auskommt,
finde ich sie als Grundlage für verschiedene Hybriden sehr interessant.
Bei grösseren Pflanzen gingen bei mir die Ödeme wieder weg,
sobald sich Verzweigungen bildeten.
 
Arche Noah geht bei dieser Empfehlung zur Saatgutgewinnung davon aus das man alte Sorten erhält. Wenn man dabei ist eine neue Sorte zu züchten ist das aber erstmal nicht so wichtig und eher kontraproduktiv. Dadurch das du bei einer Kreuzung von 2 verschiedenen Sorten das Genmaterial neu miteinander 'verwürfelst' brauchst du dir um die genetische Vielfalt ein paar Generationen lang keine Sorgen machen :)
Man zieht zwar in der F2 (und in den folgenden Generationen) möglichst viele Pflanzen um dann aus möglichst vielen Pflanzen diejenige auswählen zu können die dem Zuchtziel am nächsten kommt. Die sollten sich dann aber jeweils selbst bestäuben damit rezessive Merkmale (erwünschte und unerwünschte) in der nächsten Generation auch auftauchen können. Würde man zwei Pflanzen die dem Zuchtziel nahe kommen miteinander kreuzen könnte es sein das rezessive Merkmale die nur von einer der Pflanzen vererbt werden verdeckt mitgeschleppt werden und dann erst zwei Generationen später wieder auftauchen. Kann also das stabilisieren der Sorte verzögern.
Wenn die Sorte dann irgendwann mal stabil ist und sich alle Pflanzen einer Generation sehr ähneln, dann kann man damit anfangen die Pflanzen miteinander zu bestäuben um die neue Sorte robust und ertragreich zu halten.
 
Ich hab auch vor ein paar Kreuzungsversuche zu machen, ich bin allein schon gespannt wie die F1-Generation ausschaut. Eventuell kann man mit den gut schmeckenden ja weiterzüchten, das wird sich dann alles nächstes Jahr zeigen.
 
Danke für die Antworten! Ich werd mich da jetzt mal drüber machen.

@Pryde: darf ich fragen was für Sorten Du für die Kreuzung ausgesucht hast? *neugierig bin*

Hat eigentlich schon jemand mal versucht, die Samen einer F1-Hybride weiterzuzüchten? Ich hab in einigen "extrem"Bio-Gartenbüchern gelesen, dass die Samen großteils unfruchtbar sein sollen, glaube aber, dass die übertreiben.
 
Wenn die Elternpflanzen der gleichen Art angehören sind die folgenden Generationen auf jeden Fall fruchtbar.
Ein Teil der Saat kann unfruchtbar sein wenn man unterschiedliche Arten gekreuzt hat. Grade bei denen die sich schlecht/selten erfolgreich kreuzen ist dann wohl ein Teil vom Saatgut nicht keimfähig. Sollte man also bei der Saatgutgewinnung bedenken, das man evtl. ein paar mehr Körner braucht um Pflanzen zu bekommen. Google Stichwort ist hier 'Capsicum crossability matrix' :)

Schau mal bei den Projekten, dort sind mehrere tolle Themen die Kreuzungsprojekte in den unterschiedlichen Generationen dokumentiertieren.
Bei mir fruchtet erst eine F1 Generation aus SHP x Gemüsepaprika :lol: und eine Linienkreuzung aus zwei SHP von unterschiedlichen Quellen. F2 von den beiden Projekten hab ich frühestens im Herbst.
 
Ich hab dieses Jahr 4 Sorten:
NuMex suave orange, eine milde chinense mit Habanerogeschmack
Cgn23209, eine chinense mit brauner reifer Frucht von mir Honduran Chocolate getauft
Early Jalapeno, das early soll wohl Fake sein aber gekauft ist gekauft
Aurora, anuum Zierchili http://chiliforum.hot-pain.de/thread-322.html

Ich versuche einfach mal Querbeet zu kreuzen, ich veranstalte hier ne richtige Orgie und jeder darf mal mit jedem und am Ende bekomme ich im besten Fall 6 neue F1-Sorten im schlechtesten Fall nur 2. Wie du siehst habe ich versucht möglichst verschiedene Sorten zu nehmen um auch unterschiedliche Ergebnisse zu bekommen und ne Tendenz zu erleben wie was vererbt wird.
 
SHP x Gemüsepaprika klingt ja sehr interessant. Wie sieht die F1 aus? Hast da mal Fotos? Was hast Du für ein Zuchtziel? Die SHP muss ja eine super "easy to handle"-Sorte sein. Gibts da noch ähnliche oder ist die SHP die einzige inder Richtung?

@Pryde: das klingt ja echt nach Orgie ;). Hoffe Du berichtest hier mit Fotos von deinen Ergebnissen. Wäre neugierig!

Ich werd mich heuer mal an was einfachen versuchen, also annuum x annuum. Außerdem reifen bei mir grade die ersten Chilis einer F1-Hybrid-Sorte. Da möcht ich jetzt auch mal die Samen aussäen und schauen, wie die F2 tatsächlich aufspaltet. Ich finde das ja voll spannend.
 
Die "Crossability Matrix" findest du hier: http://fatalii.net/Growing_chile_peppers/Breeding

Ganz unten auf der Seite. Dort sind alle gängigen und einige wilde Sorten aufgelistet und wie am ehesten fruchtbare Samen bei rum kommen. :)
 
Zuchtziel wäre jetzt zu viel gesagt, so hohe Pläne eine vollkommen stabile und uniforme neue Sorte zu züchten hab ich garnicht. Sowas ist für mich mehr ne essbare Spielerei aus chronischer Neugierde ;) Wenn ne Art Haussorte bei rum kommt die bei mir gut wächst dann bin ich absolut zufrieden. Ich hab ne kurze Gartensaison und recht kühle Nächte mit praktisch nie über 10 Grad, also nicht gerade der beste Standort für Capsicum Gewächse. Sorten die schnell abreifen, robust sind und evtl noch für den Winteranbau auf der Fensterbank taugen sind daher für mich besonders interessant. Die SHP schlägt sich wirklich super, könnte aber nen Tick größer sein und etwas besseres Aroma vertragen *hüstel* daher die Kreuzerei.
Theorie ist auch immer eine Sache, aber wie gleichförmig eine F1 in der Praxis ist, ob die Elterneigenschaften von Fruchtgrösse und Schärfe in der ersten Generation gemittelt werden oder eher zu klein und scharf hin tendieren und wie die F2 dann aufspaltet... das kann man zwar in etwa vorhersagen aber 100% stimmt das dann doch nie. Is halt Natur und gerade das find ich so schön spannend daran :)

Die F1 der 'Gemüse-SHP' bildet gerade die ersten Früchte aus. Ich vermute das das noch etwas dauert bis sie ihre volle Größe und endgültige Form erreicht haben. Bisher sind sie drei Finger lang, etwa daumendick, aufrecht und haben ne unregelmässige Form :) Jedenfalls ist die Pflanze wirklich sehr wüchsig und robust und war in der Winteranzucht mit wenig Licht und Wärme durchaus zufrieden. Habe noch zwei andere Pflanzen davon, die aber jünger sind und noch nicht blühen. Ob die Beeren also genauso aussehen bleibt ab zu warten. Und dann ist da noch der Geschmack... Eine gewisse Variation erwarte ich eigentlich, da die Elternlinie auf der Paprikaseite nicht ganz uniform war letztes Jahr.
Bilder sind von heute früh morgens, daher noch die nächtliche Kondens im GWH. War wiedermal nur 3 Grad.
shpXatlantF1.JPG

shpXatlantF1fruit.JPG
 
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Sandras "Wuschel" wäre vielleicht auch interessant für dich. Ist aus der Kreuzung von Pequin de Ischia mit einer unbekannten Sorte entstanden.
 
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