Kreuzen - Vererbung von Merkmalen

CarlosPescador

Chiligrünschnabel
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Hallöchen, da ich hier neu bin und mich nicht so gut in diesem Forum auskenne, lyncht mich hoffentlich niemand, wenn das Thema hier falsch ist...

Also, ich habe Anfang diesen Jahres mal angefangen, Chilis anzubauen (Cayenne, Jalapeno, Habanero, Lemon Drop). Vlt. liegt es daran, dass ich Biostudent bin, aber ich habe irgendwie Lust, im kommenden Sommer ein paar Arten zu kreuzen. Dass die F1 uniform sein wird und ich erst in der F2 eine interessante Aufspaltung der Merkmale sehe ist mir klar, aber ich bin geduldig.

Hat jemand von euch Erfahrung mit dem Kreuzen? Ich möchte gerne Habanero mit Lemon Drop kreuzen und frage mich, ob das hier schonmal jemand gemacht hat und mir von seinen Erfahrungen damit berichten kann.

Gibt es ferner eine Auflistung von Merkmalen und deren Vererbung? Gibt es z.B. intermediär vererbte Merkmale, sodass ich bereits an der F1 vor der Fruchtbildung sehen kann, ob die Kreuzung erfolgreich war oder ich doch eine Reinform habe...

Besten Dank im Voraus und ein schönes Wochenende.
 
Das Thema wird hier häufig behandelt oder man ist im Moment mitten drin beim stabilisieren :angel:

Dass man in F1 noch nix sieht stimmt allerdings nicht.
(siehe Beispiele)

Hier gibt es schonmal einiges an Infos :)

Und hier ist z.B: ein Projekt bis F3 im Moment.

F1
(gleich das 2. Bild, sieht schon unterschiedlich aus zu einer 7 Pod SR )
F2
F3
 
Ob man schon in der F1 Unterschiede sehen kann hängt ja davon ab wie stabil die P Generation in ihren Merkmalen war. Hier gibt es einige interessante Projekte die zeigen das die F1 bei Chilis durchaus nicht so einförmig sein muss wie man erwarten würde. Natur ist halt doch spannend ;) weil unberechenbar.
Lektüre über Vererbung mit Genen und vollem Gedöns *in linkliste kram* voilà > The Genes of Capsicum :devil: :whistling: ich hoffe du liest gern Englisch.
 
Hallo und willkommen im Forum! :)

Also zunächst musst du wissen, dass die zahlreichen Chili-Sorten oft unterschiedlichen Arten angehören. Am Gängigsten sind die Arten Capsicum annuum, C. baccatum, C. chinense, C. frutescens und C. pubescens.

Am erfolgsversprechendsten bzw. am Leichtesten ist es natürlich zwei Sorten der gleichen Art zu kreuzen. Aber auch unterschiedliche Arten lassen sich teilweise mit unterschiedlichem Erfolg kreuzen. Schau dazu folgende Tabelle:

http://www.hot-pain.de/chilis-vermehren-und-kreuzen

Dort findest du auch noch weitere Instruktionen über das Kreuzen und Züchten im Allgemeinen.

In Deinem Fall: Lemon Drop gehört zur Gruppe von Capsicum baccatum. Und 'ne Habanero zur Gruppe von Capsicum chinense. Gemäß der Tabelle ist also eine Kreuzung zwischen C. baccatum x C. chinense selten. Aber grundsätzlich möglich. Gerade in derartigen Fällen nicht gleich bei der ersten gescheiterten Blüte resignieren, sondern soviele Blüten wie möglich mit dem fremden Pollen bestäuben, vielleicht springt dann ja mal 'ne Beere ab. Besser ist es mehrere Beeren zu ernten, denn es besteht immer noch die Gefahr, dass Beeren samenlos und/oder mickrig ausfallen könnten, gerade wegen inkompatiblem Pollen.

Der Einzelfall wird zeigen müssen wie gut sich die beiden miteinander kreuzen lassen. Das kann durchaus von Sorte zu Sorte unterschiedlich gut funktionieren. Je nachdem wie die genetische Konstellation gut oder schlecht miteinander harmoniert. So könnte es sein, dass eine andere C. chinense sich besser mit Lemon Drop paaren lässt. Oder eine andere C. baccatum mit Deiner Habanero.

Zu Deiner anderen Frage: Ja, sowas gibt es. Dazu kann ich folgende PDF empfehlen:

http://hortsci.ashspublications.org/content/41/5/1169.full.pdf

Aber nicht immer gibt ist es eindeutig ein Merkmal dem passenden Gennamen zuzordnen. Mir fällt jetzt spontan bei Capsicum kein Beispiel ein, aber bei Tomaten gibt es die Früchte in allen möglichen gelb-gold-orange Tönen. Man muss sich da schon sehr gut auskennen, um die Fruchtfarbe eindeutig einem bestimmten Gen zuordnen zu können. Und oft reicht da das Augenmaß auch nicht, das zeigt sich dann etwa wenn man Früchte zweier Sorten mit der vermeintlich selben Fruchtfarbe unter gutem Licht nebeneinander legt, kann man durchaus feststellen, dass sich die Fruchtfarbe um kleine Nuancen sich verändern. Und auch denkbar ist, dass ein Wechselwirken verschiedener Gene, die nicht mal auf dem Papier mit Fruchtfarbe assoziert sein müssen, in der Summe zu einer Veränderung der Fruchtfarbe führen können, und wenns meist nur um feine Nuancen geht.

Aussagekräftige, zuverlässige Auskunft bietet nur eine Analyse des Erbguts. Aber na-ja, da bewegen wir uns dann schon im Bereich der Präzisionszucht. Also bissl zu weit Off-Topic.

Dennoch: Listen wie die obrige PDF sind praktisch unerlässlich in der Pflanzenzüchtung, sie geben einem einen groben Rahmen. Ob ich etwa in der F1 gelbe Früchte erwarten kann oder nicht (nein, du wirst auf die F2 warten müssen).

Aber ich würde mich nicht unbedingt an Merkmalen festhangeln, ob eine Kreuzung erfolgreich war. Zumal du da 'ne ganze Generation auskultivieren müsstest, vom Keimling bis zur reifen Beere, um vielleicht erst dann feststellen zu müssen, dass die Kreuzung gescheitert ist. Dafür dass da ettliche Zeit ins Land vergeht, wäre das eine bittere Enttäuschung.

Viel effektiver ist da ein anderer Ansatz. Und zwar weist du sicherlich, dass die Blüten von Chilis zwittrig sind. Eine Blüte enthält sowohl Staubbeutel wie Narbe(n). Im Prinzip entscheidest du die Rollenverteilung (männlich oder weiblich). Die Blüten, die den fremden Pollen empfangen sollen, nehmen die weibliche Rolle an. Dazu entfernst du die männlichen Staubbeutel, und das bereits im Alter, wo die Blüte noch geschlossen ist (d.h. die Staubbeutel noch nicht geschlechtsreif sind). So verhinderst eine Selbstbestäubung mit dem eigenen Pollen. Diese behandelten Blüten sind nun nicht mehr zwittrig, sondern weiblich. Wenn du also diese weibliche Blüte mit dem fremden Pollen handbestäubt hast, gilt nur noch das boolesche true/false Prinzip: Fällt die Blüte ab, ist die Kreuzung gescheitert. Bleibt sie hängen und es wächst eine Beere heran, kannst du sicher sein, dass die Kreuzung erfolgreich war.

Damit das ganze Prinzip funktionieren kann, muss auf besondere "Pollen-Hygiene" geachtet werden. Damit es zu keinem unkontrollierten Pollen-Transfer kommt. Etwa per Kontakt (Bestäuberinsekten, Arbeiten an der Pflanze), Wind oder Vibration. Der Pollen ist nur schwachklebend an den Staubbeuteln, da Chilis Vibrationsbestäuber sind.

Diese Pollen-Hygiene muss dabei keine sonderlich große Hexerei sein. Nur muss man sich vorher gründlich eine Methode überlegen mit den eintretbaren Eventualitäten, die einen unkontrollierten Pollen-Transfer verursachen könnten. Ich weis keinen konkreten Ansatz, weil ich noch nicht viel Chilis gekreuzt habe. Einige Schlüsselbegriffe könnten dabei sein: Isolierte Umgebung (Fensterbank, Growbox), entfernen überflüssiger Blüten, Window-Color, Teebeutel, Einweg-Probierstrümpfe, Vlies, ...

// Edit

Wahr wohl zu langsam... *grins*

Grüßle, Michi
 
Michi, Danke, ich habe viel gelernt auch wenn du dir beim Schreiben sicher nicht dachtest, dass ich einer der Schüler sein werde!!! ;-)

<HotJot>
 
Danke für die ausführlichen Antworten,
was das Prozedere des Kreuzens und der Kompatibilität der Gameten angeht habe ich mir hier schon einiges durchgelesen. Aber die Veröffintlichungen bzw Lektüre werde ich mal genauer studieren, besten Dank.

Und Englisch ist kein Problem, ich muss ja inner Uni auch alles wissenschaftliche immer auf Englisch lesen :cool:
 
Gibt es ggf ein Bild eines Staubbeutels und der Narbe, so dass man sich das ein wenig einprägen kann?
 
Bei fatalii findet man eine schön bebilderte Anleitung > klick
Ganz unten ist auch eine Tabelle dabei für das kreuzen unterschiedlicher Arten. Teilweise ist es wohl wichtig welche Pflanze die Frucht trägt und welche den Pollen spendet.
Ich meine ich hatte auch mal auf Youtube nen Film dazu gesehen wo es sehr gut erklärt wurde. Finde das Video aber leider grade nicht wieder... war auch auf Englisch und von irgendeinem Forschungsinstitut oder ner Uni. Ersatzweise kann man sich auch Videos über das Kreuzen von Tomaten angucken, da gibt's viele von und das Prinzip ist sehr ähnlich.

Was ich dieses Jahr noch festgestellt habe ist das es wirklich wichtig ist jungen Blüten die Staubbeutel zu entfernen. Wenn man mal ein paar junge Blüten öffnet kann man gut erkennen das manche Sorten schon sehr weit entwickelte Staubbeutel haben, selbst wenn die Blüte noch weit davon entfernt ist sich zu öffnen. Um da Selbstbestäubung möglichst ausschließen zu können ist es gut wenn man zeitig die 'Staubwedel' entfernt.
Das bestäuben mit dem Fremdpollen hab ich dann jeweils mittags zwei drei Tage später gemacht. Da die Blüte ja noch etwas unreif ist wenn man sie zum kreuzen vorbereitet kann es sein das sie den Pollen nicht gleich annehmen kann und Pollen bleibt wohl nicht sehr lange befruchtungsfähig. Die Blüten wo ich gleich bestäubt hatte sind oft unbefruchtet abgefallen, während es beim später bestäuben gut geklappt hat.
Blüten ganz oben in der Pflanze zu nehmen macht die Sache auch einfacher. Wenn viele Blüten offen sind rieselt viel Pollen durch die Gegend, wäre blöd wenn der ausgerechnet dort landet. Habe die Blüte zusätzlich noch mit Teebeutel verhütet bis eine Beere zu sehen war und danach die Beere mit einem Bändchen und Zettelchen (Datum und Saatgutspender) gekennzeichnet.
(Die window color Methode ist meine ich nur dazu gedacht die Blüte am öffnen zu hindern und somit sortenreines Saatgut zu bekommen, kann mir irgendwie nicht vorstellen das das bei Kreuzungsprojekten funktioniert?)
 
Mit der Window-Color-Methode tue ich mir rein theoretisch überlegt auch schwer. Man müsste die Blüte ja vorher verschließen und nach der Handbestäubung ja wieder. Vom Gefühl her verletzt beim ersten Abmachen des Window-Color die Blüte zu arg.

Grüßle, Michi
 
Wow, das sind ja richtig ausführliche Antworten hier... :thumbup:
Mit WindowColor verhütet man eher die Blüten für sortenreine Früchte. Bei Kreuzungen wird das glaub ich schwer... :D
 
clappingmarkey schrieb:
Wow, das sind ja richtig ausführliche Antworten hier... :thumbup:
Mit WindowColor verhütet man eher die Blüten für sortenreine Früchte. Bei Kreuzungen wird das glaub ich schwer... :D

Genau Markus , die Tee beutel variante wäre für verkreuzte Blüten die besser .
 
Was nehmt ihr da für Teebeutel? Vom Typ/Größe her? Nehmt ihr da so 'nen Standard-Teebeutel (Teekanne & Co.) außeinander? Oder die Großen zum Selbstbefüllen?

Grüßle, Michi
 
Die normalen reichen :) die anderen wären zu groß . Ich habe mir dieses Jahr ein Gartenfliss gekauft was gegen Weise Fliegen ist , das kann man auch gut dazu nehmen .
 
Gibt es so kleine Teebeutel auch fertig zu kaufen (kenne nur die Großen)? Oder pult ihr da den guten Tee aus Teekanne-Beutel heraus!?

Grüßle, Michi
 
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