Alpha
Jolokiajunkie
- Messages
- 2.766
Im Folgenden findet ihr einen Erfahrungsbericht meiner Saison 2017 zum Anbau von Chilis und Tomaten in einer passiven Hydrokultur auf Kokos. Der Beitrag stellt keinen vollständigen Guide dar, enthält aber denke ich einige nützliche Informationen für Interessierte und Experimentierfreudige. Auch ist das beschriebene Vorgehen nicht das einzig richtige, sondern entspricht nur meinen Erfahrungen dieser Saison.
Die Jahre zuvor habe ich auf normaler Blumenerde angebaut und wollte einfach mal was Neues ausprobieren. Das Prinzip der Hydroponik hat mich schon immer gereizt, da man von vorn herein bestimmen kann welche Nährstoffe der Pflanze in den jeweiligen Wachstumsphasen zugeführt werden und mehr Kontrolle ausüben kann. „Klassische“ Hydrokulturformen wie Ebbe-Flut oder NFT, die neben Verschlauchungen und Pumpen ein größeres Reservoir für die Nährlösung benötigen, erschienen mir bei meinen sehr beschränkten Platzverhältnissen auf dem Balkon weniger geeignet. Daher habe ich mich für die passive Hydrokultur entschieden, deren Handhabung im Wesentlichen nicht viel anders ist als die einer normalen Erdkultur.
Kokos – Eigenschaften und Besonderheiten
Kokosfasern haben einige Eigenschaften, die sie als Medium für eine passive Hydrokultur besonders attraktiv machen. Sie fallen als Abfallstoff auf Kokosnuss-Plantagen an und stammen aus der faserigen Samenhülle der beliebten Frucht. Im Gegensatz zu torfhaltigen Substraten, für deren Hauptbestandteil Jahrhunderte alte Moore abgebaut werden und somit der Lebensraum vieler Lebewesen zerstört wird, handelt es sich hier um Abfallverwertung mit besserer ökologischer Verträglichkeit. Die gängigste Handelsform ist der gepresste Kokosziegel, der bei Zugabe von Wasser unter starker Volumenzunahme aufquillt und in eine lockere Struktur zerfällt. In Form von Kokos kann man so ein hoch kompaktes, vergleichsweise günstiges und relativ leichtes Substrat erhalten. Die feinen Bestandteile haben eine enorme Wasserspeicherkapazität und können etwa das 8-9 fache ihres Eigengewichtes an Wasser aufnehmen. Faserige Bestandteile wirken stützend und verbessern die Durchlüftung. Kokossubstrat hat einen günstigen natürlichen pH-Wert um 5,5 bis 6 und besitzt eine hohe Kation-Austauschkapazität. In Kokospartikeln findet man eine hohe Konzentration an Natrium- und Kalium-Ionen, die im Laufe der Kulturdauer freigesetzt werden. Dadurch hat unbehandeltes Kokos die Eigenschaft bivalente Kationen (z. B. Magnesium und Calcium) an das Substrat zu binden. Spezielle Dünger für den Anbau auf Kokossubstrat enthalten daher erhöhte Mengen an Magnesium und Calcium.
Kokospalmen wachsen meistens in Küstennähe. Die Kokosfasern werden vor Ort verarbeitet und im Allgemeinen aus Kostengründen im Meer, anstatt mit Süßwasser gewaschen. Bei der Verwendung von günstigem Kokosmaterial, welches nicht vorgepuffert, oder nicht explizit mit Süßwasser gespült wurde (spezielle Produkte aus Growshops), ist es daher unbedingt erforderlich das Material vor der Nutzung gründlich durchzuspülen!
Substratmischung
Das Substrat einer (passiven) Hydrokultur hat im wesentlichen drei Aufgaben. Erstens erfüllt es eine Stützfunktion, zweitens stellt es einen Puffer für Feuchtigkeit und Nährstoffe dar, drittens soll es die Wurzeln mit Sauerstoff versorgen.
Als Substrat für die größeren Töpfe (3,5 L+) habe ich eine Mischung aus feinem Kokohumus, groben Kokosschnitzeln, Perliten und Blähton verwendet (in etwa gleichen Volumenverhältnissen). Der feine Kokohumus speichert große Mengen Wasser, grobe Schnitzel haben überwiegend eine Stützfunktion und erzeugen Makroporen, wohingegen Perlite und Blähton durch ihre Porosität den Gasaustausch mit der Umgebung gewährleisten. Mit dieser Mischung erhält man ein Substrat welchem zum einen eine hohe Wasserspeicherkapazität aufweist, zum anderen aber noch sehr luftig ist und eine gute Sauerstoffversorgung der Wurzeln erlaubt. Die Mischung verdichtet sich nicht und kann sehr stark bewässert werden, ohne das anaerobe Bedingungen entstehen.
Anbau – Librakästen und Hempy-Bucket
Gekeimt habe ich auf Torfquelltöpfen und Steinwolle, die anschließend in 10er TEKUs verpflanzt wurden. Bei einer passiven Hydrokultur empfiehlt es sich „mit Drain“ zu gießen, also einen Teil der Nährlösung durchlaufen zu lassen, damit im Substrat akkumulierte Nährstoffe ausgewaschen werden, was einer Versalzung entgegengewirkt. Beim Anbau auf einer Fensterbank bietet sich dazu die Verwendung von Librakästen an, da man hier den Überlauf einfach auffangen und ablassen kann. Ich hatte die Quelltabs und SW-Blöcke erst in reines Kokos (fein/grob) gesetzt, jedoch war mir hier der Luftanteil in nassem Substrat zu gering. Besonders in der Anzuchtphase brauchen die Pflanzen kaum Wasser, sodass ein Gießen mit Drain stets zu dauerhaft sehr nassen Bedingungen führt. Durch die dauerhafte Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen ließ die Wurzelentwicklung zu wünschen übrig. Die sehr hohe Wasserspeicherkapazität ist in diesem Fall ein Nachteil. Ich empfehle daher, zumindest für die Anzuchtphase, größere Mengen Perlite und/oder Blähton beizumischen um die Wasserspeicherkapazität zu verringern oder ggf. auf andere Medien zu setzen (Steinwolle, Talpaplugs).
Umgetopft wurde in 3,5 L und teilweise 6 L Töpfe. Draußen auf dem Balkon kamen als Endtöpfe für die Chilis dann leicht abgeänderte Hempy-Buckets (10 L Putzeimer) und für die Tomaten normale 18 L Vierkanttöpfe + IKEA-Kiste mit Ventil als Reservoir zum Einsatz. Hempy-Buckets sind nichts weiter als normale Eimer ohne Drainagelöcher mit einer Überlaufbohrung etwa 5-7 cm über dem Boden. Die Pflanzen werden hier bewusst der Staunässe ausgesetzt um leichten Zugang zu Wasser und Nährstoffen zu haben. Ich habe das Konzept etwas erweitert und einen Schlauchanschluss direkt über dem Boden eingeklebt. Das erlaubt ein Gießen mit Drain durchzuführen und die Reservoirfunktion nur bei Bedarf (warme Tage, Abwesenheit) nutzen zu können. Staunässe ist für die Pflanzen problematisch wenn in der Wurzelzone die Sauerstoffkonzentration zu stark sinkt (--> Wurzeln ersticken und sterben ab). Bei der Verwendung eines „echten“ Hempy-Buckets sollte man daher besonders auf ein lockeres, gut durchlüftetes Substrat achten, damit der Sauerstoff auch die untere Wurzelzone erreicht.
Bis zum Überlaufloch wurden die Eimer mit Blähton/Lava aufgefüllt, darüber ein Stück Vlies gelegt und die Kokos-Substratmischung aufgefüllt. Das verhindert ein Ausschwemmen der feinen Kokos-Partikel.
Nährlösung – sollte etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden
Reines, nicht aufgedüngtes Kokos-Substrat enthält bis auf die angesprochenen Natrium- und Kalium-Ionen keine signifikanten Nährstoffmengen, es ist daher alles per Nährlösung zuzuführen. Für den Anbau auf Kokos sind von den einschlägigen Hydrofirmen (z. B. GH und Canna) fertige und speziell abgestimmte Produkte verfügbar, die alle benötigten Nährstoffe enthalten. Deren Anwendung ist natürlich sehr komfortabel, jedoch auch recht kostenintensiv. Da ich ohnehin schon diverse Hakaphos-Sorten im Haus hatte, habe ich meine Nährlösung darauf aufgebaut. Wie bereits erwähnt hat (frisches) Kokos die Eigenschaft Magnesium und Calcium zu binden, weshalb empfohlen wird bei der Nutzung von Kokos diese Nährstoffe etwas höher zu konzentrieren. Besondere Aufmerksamkeit sollte man hier dem Calcium zukommen lassen, da Kokos im Gegensatz zu Torferde nicht gekalkt ist und die Hakaphos-Produkte kein Calcium liefern. Gerade bei weichem Wasser kann das schnell zu Problemen (Blütenendfäule, Krüppelwuchs) führen. Bei der Zusammensetzung der Nährlösung habe ich mich an hydroponischen Rezepten für Chilis und Tomaten orientiert. Ursprünglich war geplant für die vegetative Wachstumsphase den N-Anteil zu erhöhen, P zu reduzieren und die Blütenbildung später durch intensive PK-Düngung zu stimulieren. Aufgrund anfänglicher Probleme (mehr dazu später) wurde das aber nicht konsequent umgesetzt. Ich habe in etwa mit folgender Zusammensetzung gedüngt:
Die erwünschten Nährstoffverhältnisse der Nährlösungen wurden durch eine Mischung verschiedener mineralischer Dünger eingestellt. Verwendet wurden Hakaphos (Soft Spezial, Rot, basis 2), Yara Calcinit und Bittersalz. Calcinit und Bittersalz dienen dabei primär der Calcium- bzw. Magnesium-Versorgung, liefern dabei aber auch Nitratstickstoff und Schwefel, jedoch keine Mikronährstoffe. Bei der Verwendung von Calcinit als Calciumquelle sollte man auf einen sehr Kalium betonten bzw. Stickstoff armen Dünger zurückgreifen, da man ansonsten nicht die erwünschten Verhältnisse erreichen kann. Zur Berechnung der Mengenverhältnisse der einzelnen Düngerkomponenten habe ich ein kleines Excel-Tool gebaut, welches auch die im Wasser vorhanden Nährstoffe (hauptsächlich Mg und Ca) berücksichtigt. Ob es den Aufwand rechtfertigt oder auch eine Pi-mal-Daumen Düngung ausreicht sei dahingestellt. Beim Ansetzen der Stammlösungen (meine hatte 100 g/L) muss darauf geachtet werden Calcium nicht in konzentrierter Form mit Phosphaten und Sulfaten zusammenzubringen, da es ansonsten zu Fällungsreaktionen kommt und das Calcium nicht mehr pflanzenverfügbar ist. Es bietet sich daher an, den Calcinit-Anteil als Stammlösung separat anzusetzen und erst bei der Anwendung mit den restlichen Nährstoffen zusammenzubringen.
In der Praxis – anfangs nicht ganz problemfrei
Gestartet wurde mit EC-Werten um 0,8 für die frisch gekeimten Pflanzen und nach Erscheinen der ersten Wurzeln zügig umgetopft. Der EC-Wert wurde langsam erhöht um die Pflanzen Schritt für Schritt an die erhöhte Konzentration zu gewöhnen. Die Pflanzen zeigten anfangs Symptome der Unterernährung. Das Wachstum war vergleichsweise langsam, die Blattfarbe sehr hell, manche Pflanzen entwickelten zudem Mangelsymptome und verloren Blätter (links wohl Mg, rechts N).
Ich hatte günstiges Kokos-Material besorgt und mir das Waschen anfangs gespart. Durch den hohen Salzgehalt hatte ich von vorn herein einen viel zu hohen EC-Wert im Substrat und dadurch die Probleme mit der Nährstoffaufnahme bei gering konzentrierten Nährlösungen. Ich habe im Nachhinein einen Test durchgeführt um die Salzbelastung zu untersuchen. Dazu wurden je zwei Löffel (10g Düngerdosierhilfe) Kokossubstrat in 50 mL dest. Wasser gegeben, 15 min gewartet und der Leitwert der filtrierten Lösung gemessen. Die Ergebnisse waren eindeutig. Ungewaschen: 1360 µS/cm, gewaschen (mit Leitungswasser): 226 µS/cm. Mein Leitungswasser hat dabei einen Leitwert von etwa 300 µS/cm. Daher unbedingt waschen, wenn man sich unsicher ist was man hat! Ich habe dazu einen großen Pflanztopf mit einem Gartenvlies ausgekleidet und ordentlich Wasser durchlaufen lassen. Das klatschnasse Substrat sollte danach etwas trocknen.
Erst später als die Pflanzen in die 3,5 L Töpfe einzogen, zeigte sich durch nun gewaschenes Substrat und eine starke Erhöhung des EC-Wertes der Nährlösung langsam Besserung. Richtig dunkelgrün wurden die Pflanzen allerdings erst als sie draußen in den Hempy-Buckets standen und mit einem EC von ca. 2,8 gefüttert wurden. Im Nachhinein betrachtet ist dieser EC-Wert bereits überaus hoch und sollte bei einem gut laufenden System niedriger liegen. Den Pflanzen ist es jedoch gut bekommen und haben es mit reichlichem Fruchtansatz gedankt. Nächste Saison werde ich auf jeden Fall von vornherein auf ein gut gewaschenes salzarmes Substrat achten, wodurch dann auch niedrigere NL-Konzentrationen ausreichen sollten (Ziel für große Pflanzen: EC um 2). Durch meine anfangs zögerliche Steigerung der NL-Konzentration verbunden mit dem Salzproblem wurden die Pflanzen ordentlich ausgebremst und hätten schneller zulegen können.
Die Handhabung der Hempy-Buckets ist denkbar einfach, normal von oben mit NL gießen. Für warme Tage oder Abwesenheit kann man das Reservoir befüllen, bis es überläuft. Aufgrund des überwiegend kalten Sommers und der ohnehin schon hohen Wasserspeicherkapazität habe ich das Reservoir jedoch kaum genutzt. Ab und zu wurde dann kräftig gegossen und über die Ventile in den Böden überschüssige Salze ausgespült, damit der EC im Substrat nicht dauerhaft ansteigt (Versalzung).
Fazit
Insgesamt bin ich mit dieser Anbaumethode 2017 sehr zufrieden gewesen. Im Vergleich zur Saison 2016, wo auf regulärer Blumenerde mit gleichem Topfvolumen angebaut wurde konnte ich zwei Vorteile feststellen. Erstens ist die Wasserspeicherkapazität des Substrates deutlich höher als die gewöhnlicher Blumenerde, obwohl ein größerer Teil Blähton und Perlite waren. Das macht die Pflege bei kleinen Endtöpfen deutlich einfacher. Zweitens hatte ich insgesamt besser versorgte Pflanzen, wobei man hier sagen muss, dass meine Düngung letzte Saison wohl noch hätte optimiert werden können. Trotz des bescheidenen Sommers haben die Pflanzen überwiegend sehr gut angesetzt und mir eine gute Ernte beschert. Für die nächste Saison werde ich ein paar Dinge während der Anzucht ändern (Substrat gut waschen, weniger Kokos-Anteil für bessere Wurzelentwicklung), das System ansonsten jedoch beibehalten. Zum Abschluss gibt es noch ein paar Bilder vom Anbau. Eine ausführlichere Dokumentation in meinem 2017 Thread. Ich hoffe ich konnte damit ein paar nützliche Inforamtionen übermitteln
Die Jahre zuvor habe ich auf normaler Blumenerde angebaut und wollte einfach mal was Neues ausprobieren. Das Prinzip der Hydroponik hat mich schon immer gereizt, da man von vorn herein bestimmen kann welche Nährstoffe der Pflanze in den jeweiligen Wachstumsphasen zugeführt werden und mehr Kontrolle ausüben kann. „Klassische“ Hydrokulturformen wie Ebbe-Flut oder NFT, die neben Verschlauchungen und Pumpen ein größeres Reservoir für die Nährlösung benötigen, erschienen mir bei meinen sehr beschränkten Platzverhältnissen auf dem Balkon weniger geeignet. Daher habe ich mich für die passive Hydrokultur entschieden, deren Handhabung im Wesentlichen nicht viel anders ist als die einer normalen Erdkultur.
Kokos – Eigenschaften und Besonderheiten
Kokosfasern haben einige Eigenschaften, die sie als Medium für eine passive Hydrokultur besonders attraktiv machen. Sie fallen als Abfallstoff auf Kokosnuss-Plantagen an und stammen aus der faserigen Samenhülle der beliebten Frucht. Im Gegensatz zu torfhaltigen Substraten, für deren Hauptbestandteil Jahrhunderte alte Moore abgebaut werden und somit der Lebensraum vieler Lebewesen zerstört wird, handelt es sich hier um Abfallverwertung mit besserer ökologischer Verträglichkeit. Die gängigste Handelsform ist der gepresste Kokosziegel, der bei Zugabe von Wasser unter starker Volumenzunahme aufquillt und in eine lockere Struktur zerfällt. In Form von Kokos kann man so ein hoch kompaktes, vergleichsweise günstiges und relativ leichtes Substrat erhalten. Die feinen Bestandteile haben eine enorme Wasserspeicherkapazität und können etwa das 8-9 fache ihres Eigengewichtes an Wasser aufnehmen. Faserige Bestandteile wirken stützend und verbessern die Durchlüftung. Kokossubstrat hat einen günstigen natürlichen pH-Wert um 5,5 bis 6 und besitzt eine hohe Kation-Austauschkapazität. In Kokospartikeln findet man eine hohe Konzentration an Natrium- und Kalium-Ionen, die im Laufe der Kulturdauer freigesetzt werden. Dadurch hat unbehandeltes Kokos die Eigenschaft bivalente Kationen (z. B. Magnesium und Calcium) an das Substrat zu binden. Spezielle Dünger für den Anbau auf Kokossubstrat enthalten daher erhöhte Mengen an Magnesium und Calcium.
Kokospalmen wachsen meistens in Küstennähe. Die Kokosfasern werden vor Ort verarbeitet und im Allgemeinen aus Kostengründen im Meer, anstatt mit Süßwasser gewaschen. Bei der Verwendung von günstigem Kokosmaterial, welches nicht vorgepuffert, oder nicht explizit mit Süßwasser gespült wurde (spezielle Produkte aus Growshops), ist es daher unbedingt erforderlich das Material vor der Nutzung gründlich durchzuspülen!
Substratmischung
Das Substrat einer (passiven) Hydrokultur hat im wesentlichen drei Aufgaben. Erstens erfüllt es eine Stützfunktion, zweitens stellt es einen Puffer für Feuchtigkeit und Nährstoffe dar, drittens soll es die Wurzeln mit Sauerstoff versorgen.
Als Substrat für die größeren Töpfe (3,5 L+) habe ich eine Mischung aus feinem Kokohumus, groben Kokosschnitzeln, Perliten und Blähton verwendet (in etwa gleichen Volumenverhältnissen). Der feine Kokohumus speichert große Mengen Wasser, grobe Schnitzel haben überwiegend eine Stützfunktion und erzeugen Makroporen, wohingegen Perlite und Blähton durch ihre Porosität den Gasaustausch mit der Umgebung gewährleisten. Mit dieser Mischung erhält man ein Substrat welchem zum einen eine hohe Wasserspeicherkapazität aufweist, zum anderen aber noch sehr luftig ist und eine gute Sauerstoffversorgung der Wurzeln erlaubt. Die Mischung verdichtet sich nicht und kann sehr stark bewässert werden, ohne das anaerobe Bedingungen entstehen.
Anbau – Librakästen und Hempy-Bucket
Gekeimt habe ich auf Torfquelltöpfen und Steinwolle, die anschließend in 10er TEKUs verpflanzt wurden. Bei einer passiven Hydrokultur empfiehlt es sich „mit Drain“ zu gießen, also einen Teil der Nährlösung durchlaufen zu lassen, damit im Substrat akkumulierte Nährstoffe ausgewaschen werden, was einer Versalzung entgegengewirkt. Beim Anbau auf einer Fensterbank bietet sich dazu die Verwendung von Librakästen an, da man hier den Überlauf einfach auffangen und ablassen kann. Ich hatte die Quelltabs und SW-Blöcke erst in reines Kokos (fein/grob) gesetzt, jedoch war mir hier der Luftanteil in nassem Substrat zu gering. Besonders in der Anzuchtphase brauchen die Pflanzen kaum Wasser, sodass ein Gießen mit Drain stets zu dauerhaft sehr nassen Bedingungen führt. Durch die dauerhafte Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen ließ die Wurzelentwicklung zu wünschen übrig. Die sehr hohe Wasserspeicherkapazität ist in diesem Fall ein Nachteil. Ich empfehle daher, zumindest für die Anzuchtphase, größere Mengen Perlite und/oder Blähton beizumischen um die Wasserspeicherkapazität zu verringern oder ggf. auf andere Medien zu setzen (Steinwolle, Talpaplugs).
Umgetopft wurde in 3,5 L und teilweise 6 L Töpfe. Draußen auf dem Balkon kamen als Endtöpfe für die Chilis dann leicht abgeänderte Hempy-Buckets (10 L Putzeimer) und für die Tomaten normale 18 L Vierkanttöpfe + IKEA-Kiste mit Ventil als Reservoir zum Einsatz. Hempy-Buckets sind nichts weiter als normale Eimer ohne Drainagelöcher mit einer Überlaufbohrung etwa 5-7 cm über dem Boden. Die Pflanzen werden hier bewusst der Staunässe ausgesetzt um leichten Zugang zu Wasser und Nährstoffen zu haben. Ich habe das Konzept etwas erweitert und einen Schlauchanschluss direkt über dem Boden eingeklebt. Das erlaubt ein Gießen mit Drain durchzuführen und die Reservoirfunktion nur bei Bedarf (warme Tage, Abwesenheit) nutzen zu können. Staunässe ist für die Pflanzen problematisch wenn in der Wurzelzone die Sauerstoffkonzentration zu stark sinkt (--> Wurzeln ersticken und sterben ab). Bei der Verwendung eines „echten“ Hempy-Buckets sollte man daher besonders auf ein lockeres, gut durchlüftetes Substrat achten, damit der Sauerstoff auch die untere Wurzelzone erreicht.
Bis zum Überlaufloch wurden die Eimer mit Blähton/Lava aufgefüllt, darüber ein Stück Vlies gelegt und die Kokos-Substratmischung aufgefüllt. Das verhindert ein Ausschwemmen der feinen Kokos-Partikel.
Nährlösung – sollte etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden
Reines, nicht aufgedüngtes Kokos-Substrat enthält bis auf die angesprochenen Natrium- und Kalium-Ionen keine signifikanten Nährstoffmengen, es ist daher alles per Nährlösung zuzuführen. Für den Anbau auf Kokos sind von den einschlägigen Hydrofirmen (z. B. GH und Canna) fertige und speziell abgestimmte Produkte verfügbar, die alle benötigten Nährstoffe enthalten. Deren Anwendung ist natürlich sehr komfortabel, jedoch auch recht kostenintensiv. Da ich ohnehin schon diverse Hakaphos-Sorten im Haus hatte, habe ich meine Nährlösung darauf aufgebaut. Wie bereits erwähnt hat (frisches) Kokos die Eigenschaft Magnesium und Calcium zu binden, weshalb empfohlen wird bei der Nutzung von Kokos diese Nährstoffe etwas höher zu konzentrieren. Besondere Aufmerksamkeit sollte man hier dem Calcium zukommen lassen, da Kokos im Gegensatz zu Torferde nicht gekalkt ist und die Hakaphos-Produkte kein Calcium liefern. Gerade bei weichem Wasser kann das schnell zu Problemen (Blütenendfäule, Krüppelwuchs) führen. Bei der Zusammensetzung der Nährlösung habe ich mich an hydroponischen Rezepten für Chilis und Tomaten orientiert. Ursprünglich war geplant für die vegetative Wachstumsphase den N-Anteil zu erhöhen, P zu reduzieren und die Blütenbildung später durch intensive PK-Düngung zu stimulieren. Aufgrund anfänglicher Probleme (mehr dazu später) wurde das aber nicht konsequent umgesetzt. Ich habe in etwa mit folgender Zusammensetzung gedüngt:
Phase | N | P | K | Mg | Ca | EC |
---|---|---|---|---|---|---|
Anzucht | 1 | 1 | 1 | 0,4 | 1 | 0,5-0,8 |
vegetativ | 1 | 0,5 | 1,5 | 0,4 | 1 | 1-2 |
Blüte/Fruchtreife | 1 | 0,75 | 2 | 0,5 | 1,1 | 2-2,5 |
Tomate | 1 | 0,8 | 2,5 | 0,6 | 1,2 | 1-1,8 |
Die erwünschten Nährstoffverhältnisse der Nährlösungen wurden durch eine Mischung verschiedener mineralischer Dünger eingestellt. Verwendet wurden Hakaphos (Soft Spezial, Rot, basis 2), Yara Calcinit und Bittersalz. Calcinit und Bittersalz dienen dabei primär der Calcium- bzw. Magnesium-Versorgung, liefern dabei aber auch Nitratstickstoff und Schwefel, jedoch keine Mikronährstoffe. Bei der Verwendung von Calcinit als Calciumquelle sollte man auf einen sehr Kalium betonten bzw. Stickstoff armen Dünger zurückgreifen, da man ansonsten nicht die erwünschten Verhältnisse erreichen kann. Zur Berechnung der Mengenverhältnisse der einzelnen Düngerkomponenten habe ich ein kleines Excel-Tool gebaut, welches auch die im Wasser vorhanden Nährstoffe (hauptsächlich Mg und Ca) berücksichtigt. Ob es den Aufwand rechtfertigt oder auch eine Pi-mal-Daumen Düngung ausreicht sei dahingestellt. Beim Ansetzen der Stammlösungen (meine hatte 100 g/L) muss darauf geachtet werden Calcium nicht in konzentrierter Form mit Phosphaten und Sulfaten zusammenzubringen, da es ansonsten zu Fällungsreaktionen kommt und das Calcium nicht mehr pflanzenverfügbar ist. Es bietet sich daher an, den Calcinit-Anteil als Stammlösung separat anzusetzen und erst bei der Anwendung mit den restlichen Nährstoffen zusammenzubringen.
In der Praxis – anfangs nicht ganz problemfrei
Gestartet wurde mit EC-Werten um 0,8 für die frisch gekeimten Pflanzen und nach Erscheinen der ersten Wurzeln zügig umgetopft. Der EC-Wert wurde langsam erhöht um die Pflanzen Schritt für Schritt an die erhöhte Konzentration zu gewöhnen. Die Pflanzen zeigten anfangs Symptome der Unterernährung. Das Wachstum war vergleichsweise langsam, die Blattfarbe sehr hell, manche Pflanzen entwickelten zudem Mangelsymptome und verloren Blätter (links wohl Mg, rechts N).
Ich hatte günstiges Kokos-Material besorgt und mir das Waschen anfangs gespart. Durch den hohen Salzgehalt hatte ich von vorn herein einen viel zu hohen EC-Wert im Substrat und dadurch die Probleme mit der Nährstoffaufnahme bei gering konzentrierten Nährlösungen. Ich habe im Nachhinein einen Test durchgeführt um die Salzbelastung zu untersuchen. Dazu wurden je zwei Löffel (10g Düngerdosierhilfe) Kokossubstrat in 50 mL dest. Wasser gegeben, 15 min gewartet und der Leitwert der filtrierten Lösung gemessen. Die Ergebnisse waren eindeutig. Ungewaschen: 1360 µS/cm, gewaschen (mit Leitungswasser): 226 µS/cm. Mein Leitungswasser hat dabei einen Leitwert von etwa 300 µS/cm. Daher unbedingt waschen, wenn man sich unsicher ist was man hat! Ich habe dazu einen großen Pflanztopf mit einem Gartenvlies ausgekleidet und ordentlich Wasser durchlaufen lassen. Das klatschnasse Substrat sollte danach etwas trocknen.
Erst später als die Pflanzen in die 3,5 L Töpfe einzogen, zeigte sich durch nun gewaschenes Substrat und eine starke Erhöhung des EC-Wertes der Nährlösung langsam Besserung. Richtig dunkelgrün wurden die Pflanzen allerdings erst als sie draußen in den Hempy-Buckets standen und mit einem EC von ca. 2,8 gefüttert wurden. Im Nachhinein betrachtet ist dieser EC-Wert bereits überaus hoch und sollte bei einem gut laufenden System niedriger liegen. Den Pflanzen ist es jedoch gut bekommen und haben es mit reichlichem Fruchtansatz gedankt. Nächste Saison werde ich auf jeden Fall von vornherein auf ein gut gewaschenes salzarmes Substrat achten, wodurch dann auch niedrigere NL-Konzentrationen ausreichen sollten (Ziel für große Pflanzen: EC um 2). Durch meine anfangs zögerliche Steigerung der NL-Konzentration verbunden mit dem Salzproblem wurden die Pflanzen ordentlich ausgebremst und hätten schneller zulegen können.
Die Handhabung der Hempy-Buckets ist denkbar einfach, normal von oben mit NL gießen. Für warme Tage oder Abwesenheit kann man das Reservoir befüllen, bis es überläuft. Aufgrund des überwiegend kalten Sommers und der ohnehin schon hohen Wasserspeicherkapazität habe ich das Reservoir jedoch kaum genutzt. Ab und zu wurde dann kräftig gegossen und über die Ventile in den Böden überschüssige Salze ausgespült, damit der EC im Substrat nicht dauerhaft ansteigt (Versalzung).
Fazit
Insgesamt bin ich mit dieser Anbaumethode 2017 sehr zufrieden gewesen. Im Vergleich zur Saison 2016, wo auf regulärer Blumenerde mit gleichem Topfvolumen angebaut wurde konnte ich zwei Vorteile feststellen. Erstens ist die Wasserspeicherkapazität des Substrates deutlich höher als die gewöhnlicher Blumenerde, obwohl ein größerer Teil Blähton und Perlite waren. Das macht die Pflege bei kleinen Endtöpfen deutlich einfacher. Zweitens hatte ich insgesamt besser versorgte Pflanzen, wobei man hier sagen muss, dass meine Düngung letzte Saison wohl noch hätte optimiert werden können. Trotz des bescheidenen Sommers haben die Pflanzen überwiegend sehr gut angesetzt und mir eine gute Ernte beschert. Für die nächste Saison werde ich ein paar Dinge während der Anzucht ändern (Substrat gut waschen, weniger Kokos-Anteil für bessere Wurzelentwicklung), das System ansonsten jedoch beibehalten. Zum Abschluss gibt es noch ein paar Bilder vom Anbau. Eine ausführlichere Dokumentation in meinem 2017 Thread. Ich hoffe ich konnte damit ein paar nützliche Inforamtionen übermitteln
Last edited: