- Beiträge
- 11.089
Wie ihr alle wisst, gibt es verschiedene (Haus-)Mittel, mit denen wir Chilibauern uns eine schnelle und verbesserte Keimung erhoffen, teils soll das ganze sogar wissenschaftlich belegt sein. Wer etwas tiefer in der wissenschaftlichen Literatur gräbt, stellt schnell fest: Ja, einige Substanzen haben wohl wirklich einen positiven Effekt auf die Keimung, aber so gut wie alle wissenschaftlichen Studien nutzen viele Hilfsmittel, die nur für kommerzielle Züchter relevant sind und, fast noch wichtiger: es wird fast ausschließlich Capsicum annuum untersucht.
@Anfänger2013 hatte ja auch schon mal einen großen Keimversuch gestartet, mit der Ergebnis das Samen, der in einer Salpeterlösung oder in destilliertem Wasser eingeweicht wird deutlich besser keimt als in Leitungswasser.
Nico (@germanico) und ich haben uns also die große Frage gestellt:
Wie wirken sich Keimhilfen, die auch für Laien zu beschaffen sind, auf verschiedene Chiliarten aus?
Wir wollten das Ganze ebenfalls wissenschaftlich angehen und haben echt eine Menge Samen für die Wissenschaft geopfert!
Nico hat dafür einen Inkubator gebaut, sodass wir konstante 29 +/- 1 °C und 85 +/- 5 rF für die Keimung bereitstellen konnten. Gekeimt wurde auf angefeuchtetem Filterpapier.
Unsere Sorten (alle im Herbst 2016 von selbstgezogenen Pflanzen geerntet):
Nun, da die Arten feststanden, mussten wir die Keimhilfsstoffe auswählen:
Das bedeutet also 4 Sorten mit je 5 unterschiedlichen Behandlungsmethoden (also 20 verschiedene Ansätze). Die ISTA (Internationale Saatgut Test Gesellschaft, ja gibt es wirklich) empfiehlt mehrere Hundert Samen für eine aussagekräftige Bewertung. Wir haben uns entschieden, jeweils 50 Korn pro Art und Vorbehandlung zu untersuchen (das macht schon 20*50 Korn, also 1000 Korn insgesamt). Und da wir noch ein wenig Statistik betreiben wollten, brauchen wir mehrfache Messungen. Also haben wir das gesamte Experiment insgesamt 3 mal durchgeführt (somit sind wir bei 3000 Korn, die der arme Nico sortieren, wiegen, vorbehandeln, aussähen und täglich kontrollieren musste... ).
Zur Auswertung haben wir die Gesamtkeimung (also % gekeimt nach 30 Tagen), die mittlere Keimdauer (MGT, gewichteter Mittelwert der einzelnen Keimdauer) und die Zeit bis 50% Keimung (G50, der Zeitpunkt, an dem 50% der Samen keimten) genommen. Damit kann man das Keimverhalten schon ganz gut beschreiben.
Gesamtkeimung:
Es fällt auf, dass die Annuum (blau) durch die Bank weg sehr gut keimen, ganz egal, welche Vorbehandlung. Selbst gar kein Einweichen liefert praktisch die gleichen Ergebnisse wie jede andere Methode. Die Annuum scheinen sehr vital gewesen zu sein und sind daher eher wenig aussagekräftig was die Methoden angeht.
Interessanter sind da schon die Rocotos (schwarz). Die keimen zwar auch schon sehr gut ganz ohne Einweichen und das bleibt im Grunde auch unabhängig von der Methode. Mit einer Ausnahme: ASS. Bei den Rocotos hat Aspirin als Keimhilfe einen negativen Effekt, es keimen deutlich weniger.
Bei den Wildsorten Eximium (rot) und der Inca Surprise (grün) kommt dann der Effekt der Keimmethode zum tragen: Einweichen mit Wasser erhöht die Keimrate noch nicht wirklich, ASS führt auch hier zu schlechteren Ergebnissen, aber sowohl Salpeter und besonders GA-3 erzielen deutlich höhere Keimraten.
Keimgeschwindigkeit (je kleiner der Wert, desto schneller):
Hier zeigt sich im Grunde das gleiche Bild. ASS verlangsamt die Keimung, Wasser allein hat etwa den gleichen Effekt wie kein Einweichen, KNO3 und GA-3 beschleunigen die Keimung und machen sie "uniformer", das bedeutet dass die Samen eher gleichzeitig keimen.
Kumulierte Anzahl der gekeimten Samen über die Zeit. keine Vorbehandlung (-■-), Wasser (---), ASS (-▲-), KNO3 (···), GA-3 (―)
Dieses Bild fasst das ganze auch nochmal zusammen. Je steiler die Kurve, desto schneller die Keimung. Je weiter nach oben die Kurve geht, desto mehr Samen keimen. Man sieht auch schön, dass KNO3 und GA-3 die Gesamtzahl gekeimter Samen erhöhen.
Fazit - Was bedeutet das für uns/euch?
Und nun: Habt ihr Fragen, Anregung, Kritik? Ich versuche, möglichst umfassend und verständlich zu antworten.
@Anfänger2013 hatte ja auch schon mal einen großen Keimversuch gestartet, mit der Ergebnis das Samen, der in einer Salpeterlösung oder in destilliertem Wasser eingeweicht wird deutlich besser keimt als in Leitungswasser.
Nico (@germanico) und ich haben uns also die große Frage gestellt:
Wie wirken sich Keimhilfen, die auch für Laien zu beschaffen sind, auf verschiedene Chiliarten aus?
Wir wollten das Ganze ebenfalls wissenschaftlich angehen und haben echt eine Menge Samen für die Wissenschaft geopfert!
Nico hat dafür einen Inkubator gebaut, sodass wir konstante 29 +/- 1 °C und 85 +/- 5 rF für die Keimung bereitstellen konnten. Gekeimt wurde auf angefeuchtetem Filterpapier.
Unsere Sorten (alle im Herbst 2016 von selbstgezogenen Pflanzen geerntet):
- C.annuum "Ancho Poblano"
- C.pubescens "CAP 357"
- C.eximium "Ulupica from La Paz"
- C.baccatum var. baccatum "Inca Surprise" (wilde Baccatum)
Nun, da die Arten feststanden, mussten wir die Keimhilfsstoffe auswählen:
- keine Vorbehandlung (als Kontrolle und gleichzeitigen Keimtest)
- destilliertes Wasser
- Acetylsaliclsäure (= Aspirin)
- Salpeter (KNO3, Kaliumnitrat)
- Gibberellinsäure (GA-3, ein pflanzliches Hormon)
Das bedeutet also 4 Sorten mit je 5 unterschiedlichen Behandlungsmethoden (also 20 verschiedene Ansätze). Die ISTA (Internationale Saatgut Test Gesellschaft, ja gibt es wirklich) empfiehlt mehrere Hundert Samen für eine aussagekräftige Bewertung. Wir haben uns entschieden, jeweils 50 Korn pro Art und Vorbehandlung zu untersuchen (das macht schon 20*50 Korn, also 1000 Korn insgesamt). Und da wir noch ein wenig Statistik betreiben wollten, brauchen wir mehrfache Messungen. Also haben wir das gesamte Experiment insgesamt 3 mal durchgeführt (somit sind wir bei 3000 Korn, die der arme Nico sortieren, wiegen, vorbehandeln, aussähen und täglich kontrollieren musste... ).
Zur Auswertung haben wir die Gesamtkeimung (also % gekeimt nach 30 Tagen), die mittlere Keimdauer (MGT, gewichteter Mittelwert der einzelnen Keimdauer) und die Zeit bis 50% Keimung (G50, der Zeitpunkt, an dem 50% der Samen keimten) genommen. Damit kann man das Keimverhalten schon ganz gut beschreiben.
Gesamtkeimung:
Es fällt auf, dass die Annuum (blau) durch die Bank weg sehr gut keimen, ganz egal, welche Vorbehandlung. Selbst gar kein Einweichen liefert praktisch die gleichen Ergebnisse wie jede andere Methode. Die Annuum scheinen sehr vital gewesen zu sein und sind daher eher wenig aussagekräftig was die Methoden angeht.
Interessanter sind da schon die Rocotos (schwarz). Die keimen zwar auch schon sehr gut ganz ohne Einweichen und das bleibt im Grunde auch unabhängig von der Methode. Mit einer Ausnahme: ASS. Bei den Rocotos hat Aspirin als Keimhilfe einen negativen Effekt, es keimen deutlich weniger.
Bei den Wildsorten Eximium (rot) und der Inca Surprise (grün) kommt dann der Effekt der Keimmethode zum tragen: Einweichen mit Wasser erhöht die Keimrate noch nicht wirklich, ASS führt auch hier zu schlechteren Ergebnissen, aber sowohl Salpeter und besonders GA-3 erzielen deutlich höhere Keimraten.
Keimgeschwindigkeit (je kleiner der Wert, desto schneller):
Hier zeigt sich im Grunde das gleiche Bild. ASS verlangsamt die Keimung, Wasser allein hat etwa den gleichen Effekt wie kein Einweichen, KNO3 und GA-3 beschleunigen die Keimung und machen sie "uniformer", das bedeutet dass die Samen eher gleichzeitig keimen.
Kumulierte Anzahl der gekeimten Samen über die Zeit. keine Vorbehandlung (-■-), Wasser (---), ASS (-▲-), KNO3 (···), GA-3 (―)
Dieses Bild fasst das ganze auch nochmal zusammen. Je steiler die Kurve, desto schneller die Keimung. Je weiter nach oben die Kurve geht, desto mehr Samen keimen. Man sieht auch schön, dass KNO3 und GA-3 die Gesamtzahl gekeimter Samen erhöhen.
Fazit - Was bedeutet das für uns/euch?
- Einweichen in Wasser bringt genauso viel/wenig wie gar nicht Einweichen. ABER: Die Daten beziehen sich im Prinzip auf die Keimbeutelmethode, wo die Samen auf einer feuchten Unterlage bei hoher Luftfeuchte liegen. Für eine Aussaat in Erde kann das Einweichen in Wasser durchaus helfen.
- Salpeter und Gibberellinsäure beschleunigen/verbessern tatsächlich die Keimung, besonders bei schwerer keimenden Arten (und wahrscheinlich auch älterem Saatgut). ABER: Bei halbwegs frischem Saatgut ist es nicht nötig.
- Wildsorten keimen tatsächlich etwas langsamer/schwerer.
Und nun: Habt ihr Fragen, Anregung, Kritik? Ich versuche, möglichst umfassend und verständlich zu antworten.
Zuletzt bearbeitet: