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Von ihm hab ich "Die Molekül-Küche" da, ein lohnenswertes Buch wenn einen die Chemie/Physik/Biologie in der Küche näher interessiertThomas Vilgis
Exakt, im Prinzip kaum etwas anderes als eine gute Marinade. Das Kollagen im Fleisch wird durch die Säure zum Teil zerstört und das Fleisch somit zarter und muss weniger lang kochen, noch dazu werden die Aromen in das Fleisch transportiert (Stichwort Osmose).Beim Nass-Beizen denaturiert die Säure die Proteine, was ja quasi einem Garprozess entspricht.
Hier muss man aber aufpassen, Nassbeizen ist etwas anderes als Nasspökeln. Beim Nassbeizen wird eben Säure verwendet, beim Nasspökeln ist es eine Salzlake. Und beide Sachen sind für unterschiedliche Zwecke, Nassbeizen bringt zarteres Fleisch mit mehr Aroma aber nicht zwingend längerer Haltbarkeit, da der Wasseranteil im Fleisch ja kaum gesenkt wird, Nasspökeln macht das Fleisch haltbarer und zarter und kann auch Aromen ins Fleisch transportieren, ist aber dafür logischerweise deutlich salziger.
Im Prinzip ist Trockenbeizen eine simplere Pökelform. Beim Trockenbeizen nimmt man meistens nur normales Kochsalz und Gewürze und legt Fleisch/Fisch da ein, dadurch wird das Fleisch weicher und bekommt mehr Aromen und wird durch den Wasserentzug haltbarer. Beim Pökeln kommen neben Kochsalz noch andere Stoffe dazu, meistens Stickstoffverbindungen (Kalium- oder Natriumnitrit oder Nitrate), die - wie NaCl auch - Bakterienwachstum hemmen, aber Bakterien auch abtöten können. Außerdem helfen die Nitrite, dass das Fleisch schön rot bleibt und nicht grau wird (ist aber nur eine optische Sache und für Geschmack und Haltbarkeit komplett irrelevant), Kochsalz-Nitrit-Mischungen sind dann die Basics vom berühmten Pökelsalz. Je nachdem kann man noch andere Stoffe dazumischen, zum Beispiel Zucker, andere Haltbarkeitsmacher oder noch Mikroorganismen.Das Trocken-Beizen scheint mir dem Pökeln recht ähnlich zu sein.
Je geringer der Wassergehalt im Fleisch desto mehr wird das Bakterienwachstum gehemmt und desto haltbarer ist es. Da beim Nasspökeln eine Salzlake verwendet wird, wird dem Fleisch weniger Wasser entzogen, da das Gleichgewicht durch den höheren Wasseranteil in der Salzlake im Vergleich zum kaum vorhandenen Wasseranteil bei reinem Salz (also Trockenpökeln) eher erreicht wird, daher eignet sich Trockenpökeln eher für lange Haltbarkeit.
Aber immer dran denken: Nitrite gelten als (indirekt) krebserregend und ziehen natürlich auch ins Fleisch ein, werden also mitkonsumiert.
Beim normalen Beizen ja, beim Pökeln kann man wie beschrieben auch andere Stoffe dazumischen, die Bakterien "aktiv" abtöten.geht das also "nur" in Richtung Haltbarkeit durch Trocknung?
Wenn ich etwas nicht kurz für den Geschmack sondern länger einlegen will, dann würde ich es pökeln. Generell kann man sich bei Fleisch, welches keinen großen Kontakt zu Luftsauerstoff hat Clostridium botulinum einfangen, damit ist nicht zu spaßen, da würde ich auf Nummer sicher gehen und noch Ascorbinsäure oder andere bakterizide verwenden und an der Luft pökeln.Schwein, Geflügel?
Bei den anderen muss man denke ich unterscheiden, wieso man sie nicht roh essen sollte.
Bei Schwein sind das Problem Trichinen, also parasitäre Fadenwürmer. Das RKI sagt dazu "Räuchern, Pökeln und Trocknen sind keine ausreichend wirksamen Maßnahmen zur Larvenabtötung.". Wenn ich jetzt aber mal überlege, wie viele Mettbrötchen wohl pro Tag hierzulande gegessen werden und wie viele Fadenwürmerinfektionen es wohl gibt...
Wenn man da auf Nummer sicher gehen will, einfach danach erhitzen und eine Kerntemperatur von über 70°C im Fleisch haben, dann sind die Würmchen auch Geschichte.
Bei Geflügel sind die Krankmacher Bakterien, vorallem Campylobacter und die bekannten Salmonellen. Beizen verlangsamt nur den Wachstumsprozess und tötet nicht 100% der Bakterien ab. Pökeln ist auch bakterizid, aber darauf würde ich mich nicht verlassen, besonders bei Campylobacter genügen sehr wenige Bakterien für eine Infektion. Da frage ich mich auch, ob Pökeln nicht sogar beim Wachstum helfen könnte, da Campylobacter-Bakterien Nitrat statt Sauerstoff zur Atmung verwenden, und man bei manchen Pökelsalzen ihnen ja damit noch "Futter" liefern würde.
Ergo: Bei Schwein und Geflügel geht beizen oder pökeln zur Aromatisierung gut, würde ich danach aber definitiv nicht "roh" essen.
So, einen kleinen Roman zur späten Stunde geschrieben, ist aber auch ein spannendes Thema finde ich was man alles fernab der "herkömmlichen" Zubereitungsarten machen kann