Hybridsaatgut im Chilianbau

WaA76

Habanerolecker
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Hallo Leute!

Mir ist in letzter Zeit aufgefallen, dass es im Handel immer mehr F1-Hybriden auch bei Chilis gibt. Im Gartencenter bzw. Baumarkt fast ausschließlich.
Auf pepperworldhotshop.de finden sich bei den annuums auch ganz schön viele F1-Hybriden.
Pötschke hat sogar eine Habanero-Hybride im Programm.
http://www.poetschke.de/orbiz/DigiTrade/3b8d3031e43bc5a482de736a725fbc2e/Paprika-Chili-Mexikanische-Habanero-Chilisamen-Calita-Orange-F1--2726d1a228269.html

Was haltet ihr davon?
Wollte mal fragen, ob wer von euch bei Chilis Hybridsaatgut benutzt und ob es konkrete Vorteile gegenüber den Samenfesten hat (schnellerer Wuchs, gesünder, höherer Ertrag) oder nur Bauernfängerei der Saatgutindustrie ist. Hab ihr da Erfahrungen bzw. einen Vergleichsanbau mal durchgeführt?


lg
 
Ich würde sagen, den grossen Vorteil hat die Saatgut Industrie.
Das Saatgut ist nicht reproduzierbar, so das der gewöhnliche Hobbygärtner jedes Jahr neu kauft.

Die Pflanzen aus dem Gewerbebau sind auch meist F1, da gerade kommerzielle Ssatgutmengen auch nur als F1 von der Industrie verkauft werden.
Die möchten natürlich nicht, das die Grossanbauer
in der Folgesaison eigen gewonnenes Saatgut verwenden.

Einen wirklichen Vorteil im Anbau sehe ich nicht, da Chilis eh schon sehr robust und resistent sind.

Darauf das es nur noch F1 gibt, zielte ja auch die Saatgut Verordnung.....die zum Glück nicht durchkam.
 
Mir ist in letzter Zeit aufgefallen, dass es im Handel immer mehr F1-Hybriden auch bei Chilis gibt.

Das liegt bestimmt an deinem Emfinden, wahrscheinlich hast du früher nicht so genau geschaut und es sind tatsächlich immer mehr auch für den Hobby Gärtner Verfügbar weil das Verlangen nach mehr Sortenvielfalt halt immer größer wird. Viele F1 waren früher nur im Erwerbsgartenbau zu bekommen.


Wenn Bestimmte Eigenschaften gebraucht werden dann geht es leider nur zuverlässig mit F1.

Leute die nicht wirtschaften müssen können natürlich eher auf Samenechte Sorten zurückgreifen.

Gerade bei den Jalapeno Sorten habe ich in der Vergangenheit halt immer viel mehr Ertrag bei den F1 Variationen als bei den Samenechten. So das ich mir lieber nur halb so viele F1 Jalapenos in den Garten stelle und mehr Ertrag bekomme als bei doppelter Menge Samenechter und den gewonnenen Platz dann lieber für andere Sorten nutze.

Wir haben im Pepperworld Hot Shop tatsächlich 9 F1 Sorten im Angebot, also schon einige aber nicht so viele.


Gruss

Alexander
 
Ich hab dies Jahr auch Hybriden im Anbau, Chili und Paprika.
Ich muss sagen, dass die ganz schön vorlegen.
Keine meiner anderen Sorten hatte so schnell Fruchtansätze.
Ob die auch mehr Ertrag bringen, wird sich zeigen.
 
ja, kann cp nur recht geben, das die gas geben. meine tabaluga f1 ja auch.
null schäden, aber ernte und weiterzucht bleibt erstmal fraglich.
und habbi metal geb ich auch recht, denn diese samen sind dann ja auch echt sauteuer, zumindest bei märkten.
 
Danke für die Antworten!
Ich hab keine F1 im Anbau (bis auf ein paar Zierchilis), spiele aber mit dem Gedanken, mir nächste Saision mal testweise Saatgut zu holen. Mal sehen, ob ich wirklichen diesen Heterosiseffekt bemerke im Vergleich mit den Samenfesten. Wenn man sich damit natürlich die Hälfte an Pflanzen für die selbe Erntemenge erspart, macht das natürlich Sinn. Der Platz ist eh bei den meisten hier eines der Hauptprobleme.
Dass ich mir eine resistentere Chili wünsche gegen Viren, etc. hab ich mir noch nie gedacht, normal sind die Capsicums eh ziemlich unverwüstlich. Schön wäre mal eine krautfäuleresistente Tomate...

Ich find den Preis ja den absoluten Wahnsinn, was Kiepenkerl, Sperli und Co für ein paar Körner F1-Samen verlangen. Ist aber auch bei anderen Sämerein so, nicht nur bei Chilis.
Was ich auch kritisiere ist, dass die Samen oft nicht als F1 gekennzeichnet sind, obwohl es sich um Hybriden handelt. Kiepenkerl ist da Vorreiter. Das finde ich nicht in Ordnung, ich will ja immerhin wissen, was ich anbaue. Es gibt ja auch bewusst Leute, die sich für die F1 entscheiden.

pepperworldhotshop.de macht das meiner Meinung nach recht gut, ein gut durchmischtes Sortiment an Samenfesten (welche die Mehrheit stellen) und Hybriden. So kann jeder gleich erkennen und sich selber bewusst entscheiden. Andere Anbieter wie Pötschke bieten fast ausschließlich Hybriden an. Ein paar samenfeste Sorten im Sortiment wären sicher nicht schlecht.

Ich hab heuer mal testweise aus einer Supermarktchili (Chili-Mix) Samen von einer orangen, spitzkegeligen Schote entnommen und ausgesät. Zwei Samen von fünf sind gekeimt. Einer wächst wie Unkraut und sieht nach normalem annuum aus und der andere wächst langsam und hat lila-gefärbte Blätter. War also sicher ne F1 Sorte, auch wenn ich die Elternpflanze nicht kenne. Jetzt bin ich auf die Früchte gespannt...
 
Ach ja, was ich noch fragen wollte:
Hat sonst schon jemand hier Samen von F1-Hybriden genommen? Degenerieren die wirklich so stark wie immer gesagt wird? Oder ist es so, wie wenn ich einfach zwei samenfeste Sorten kreuze wie hier im Forum schon oft gemacht?
 
WaA76 schrieb:
Ach ja, was ich noch fragen wollte:
Hat sonst schon jemand hier Samen von F1-Hybriden genommen? Degenerieren die wirklich so stark wie immer gesagt wird? Oder ist es so, wie wenn ich einfach zwei samenfeste Sorten kreuze wie hier im Forum schon oft gemacht?

Degenerieren ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Sie entwickeln sich meist zurück in eine der Eltern. Oft mekt man aber bei der weiterzucht zumindest Optisch keinen Unterschied, da sehr oft beide Elternteile ähnliche Optik hatten.
Da verschwinden dann eher andere Eigenschaften
Zum Preis muss man halt sagen das hochwertige F1 zu produzieren aufwendig ist und dadurch kommt der höhere Preis zu Stande.


Gruss

Alexander
 
Ich hatte zu den F1-Samen schon mal im Thread zur Saatgutverordnung was geschrieben.
Vielen ist nicht klar, wie diese Pflanzen eigentlich gezüchtet werden:

clappingmarkey schrieb:
Die klassische Produktion der F1-Hybriden funktioniert so (nehmen wir das Beispiel Chili):

Zwei Pflanzen werden Generationen lang nur mit sich selbst bestäubt. Über die Generationen hinweg werden diese Pflanzen durch die ständige Inzucht immer schwächer und weniger resistent.

Irgendwann werden die beiden Pflanzen gegenseitig bestäubt. Durch diese plötzliche Vielfalt an genetischem Material ist die entstehende F1-Pflanze ein wahres Wunder. Es wächst üppig, bildet viele Früchte, ist resistent gegen alles mögliche. Soweit so gut.

Problem an der Sache: Sie ist höchstwahrscheinlich nicht mehr fertil - das heißt, sie kann sich nicht vermehren. Die genetische Vielfalt die Pflanze endet hier.
Oder: Sie kann sich zwar vermehren, doch in der nächsten Generation sind all die kranken Gene der Eltern wieder da. Und dann braucht man Pestizide, etc. die praktischerweise von den Herstellern auch gleich produziert werden.

Da ist es logisch, dass die F1-Pflanze so schnell wächst und ertragreich ist.
Ich verstehe auch das Argument Ertrag/Platz, es ist natürlich schön, wenn man den gleichen Ertrag auf der halben Fläche hinbekommt.

Aber letztendlich ist das nicht nachhaltig. Die Samen sind unbrauchbar, für die nächste Saison müssen neue Samen her.

Daher finde ich es schade, dass es in den Märkten eigentlich nur F1-Sorten gibt...
 
Besten Dank! :)
So genau wusste ich das auch noch nicht!
 
So gesehen, sind die F1-Hybride "Einwegpflanzen".

Hier noch zwei Links, die das Ganze darstellen.

Einmal von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau:
http://www.lwg.bayern.de/gartentipps/2006/15201/

Interessant finde ich den allerletzten Satz:
Kaufen Sie also Ihr Saatgut jedes Jahr wieder neu.

Und ein kritischer Artikel (der auch sagt, wie diese "reinerbigen Elternpflanzen" entstehen):
http://www.naturata.de/wordpress/?p=805
 
"Einwegpflanze" war mir geläufig aber nicht, dass sie die Vorfahren dafür extra schwächen. :confused:

Danke für die Links, sowas ist immer sehr ineressant. :)
 
Und was ist mit den Hybriden die im Garten entstehen? Sind das dann auch Einwegpflanzen? Oder ist das im Handel etwas anderes?
 
Danke für die super Erklärung!
Nur eines ist mir noch nicht ganz klar: Die Elternsorten werden immer wieder miteinander gekreuzt. Was ist daran negativ? Dachte gerade so werden sortenreine Chilisamen hergestellt?
Bei notorischen Fremdbefruchtern wie Kürbis und Gurken macht das mit den Inzuchtlinien Sinn - aber bei Chilis, die ja eigentlich selbstfruchtbar sind?

"Kaufen Sie also Ihr Saatgut jedes Jahr wieder neu." ist super... Dass es von den Hobbysämerein im Garten- und Baumarkt fast nur F1-Sorten gibt finde ich auch extrem schade. Kann es nicht eine friedliche Co-Existenz geben von F1 und samenfest? Ein Sortiment á la "Normalsorten", "alte Sorten/Raritäten" und "Profisorten - F1 Hybride"? So könnte jeder selbst entscheidne, was er will. Diese Bevormundung ist echt ätzend. Grade die Sortenvielfalt macht doch unser Hobby so schön!

@ clappingmarkey: verzichtest Du komplett auf Hybridsaatgut?

@ Jason: gute Frage!
 
JasonV schrieb:
Und was ist mit den Hybriden die im Garten entstehen? Sind das dann auch Einwegpflanzen? Oder ist das im Handel etwas anderes?
WaA76 schrieb:
Danke für die super Erklärung!
Nur eines ist mir noch nicht ganz klar: Die Elternsorten werden immer wieder miteinander gekreuzt. Was ist daran negativ? Dachte gerade so werden sortenreine Chilisamen hergestellt?
Bei notorischen Fremdbefruchtern wie Kürbis und Gurken macht das mit den Inzuchtlinien Sinn - aber bei Chilis, die ja eigentlich selbstfruchtbar sind?

Du meinst zum Beispiel auch eine gewollte Kreuzung? Die nennt man ja auch F1. :)
Generell ist es so:
1. Du kreuzt 2 Pflanzen.
2. Das entstandene Saatgut (F1!) säst du wieder aus. Nach den Mendelschen Regeln sind alle diese Pflanzen gleich was Aussehen/Ertrag/usw. angeht. Das ist ja das Schöne für die Industrie, wenn immer gleichaussehende Früchte verkauft werden sollen.
3. Wenn du jetzt die Pflanze mit sich selbst bestäubst, bekommst du F2-Saatgut. Die eine Inzuchtlinie (oder auch 2) sind erst einmal nicht schlimm. Die entstehenden Pflanzen teilen sich jetzt wieder auf und man kann nach gewünschten Merkmalen selektieren.
4. Nach einigen Generationen selektieren und Selbstbefruchtung, sollte man die Pflanzen (die jetzt durch Selektion alle gleich aussehen) untereinander kreuzen, um Samenfestigkeit zu bekommen.
Durch das untereinander befruchten, wird der Genpool wieder erweitert. :)

Von daher ist eine Inzucht (gerade bei Selbstbefruchtern) erst einmal nicht schlimm, auf Dauer aber schon.

Im Handel läuft es etwas anders. Da werden mehrere Generationen lang, die Elternpflanzen immer mit sich selbst bestäubt (Inzucht), um reinerbige Eltern zu haben. Durch die lange Inzucht, degeneriert das Erbgut und die Pflanzen werden schwach und anfällig.
Dann bestäubt man sie gegenseitig.
Und dadurch kommen die tollen, ertragreichen F1-Hybride zustande. Bei Weiterkultur kämen allerdings auch die negativen Eigenschaften der Eltern wieder hervor. Deswegen "Einwegpflanze".


WaA76 schrieb:
"Kaufen Sie also Ihr Saatgut jedes Jahr wieder neu." ist super... Dass es von den Hobbysämerein im Garten- und Baumarkt fast nur F1-Sorten gibt finde ich auch extrem schade. Kann es nicht eine friedliche Co-Existenz geben von F1 und samenfest? Ein Sortiment á la "Normalsorten", "alte Sorten/Raritäten" und "Profisorten - F1 Hybride"? So könnte jeder selbst entscheidne, was er will. Diese Bevormundung ist echt ätzend. Grade die Sortenvielfalt macht doch unser Hobby so schön!

@ clappingmarkey: verzichtest Du komplett auf Hybridsaatgut?

Samenfeste Sorten findet man (leider) nur bei Bio-Saatguthändlern und/oder bei Vereinen (z.B. demeter, VERN, Dreschflegel...).

Ich selbst habe noch älteres Saatgut, was aus Baumärkten, etc. stammt, was ich jetzt auch aufbrauche. Ich kaufe aber neues nur noch von samenfesten Sorten.
Ich habe auch eine Sortenpatenschaft für eine weiße, alte Stangenbohne übernommen, deren Saatgut ich sortenrein vermehre.

Aber - ja, ich habe auch letztens im Baumarkt nochmal Pflanzen mitgenommen, die F1-Hybride sind.
Die nehme ich dann, um das Gemüse mal zu testen (z.B. in dem Fall Süßkartoffel).
Ich verteufel das ganze also nicht grundsätzlich, doch man sollte sich bewusst sein, was dahintersteckt.

Im Übrigen: Samenfeste Sorten sind wesentlich resistenter und anpassungsfähiger als F1-Hybride. Der Prozess dauert nur eben einige Generationen. :)
 
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