Sebastians 2018 - verGIFtet

Wolfgang hat sich als großzügiger Mensch erwiesen und mir ein bisschen, wohlverpackte Capsaicin-Ware zukommen lassen. Natürlich ließ er es sich nicht nehmen, Früchte mit Brandpotenzial zu schicken. Ich werfe hier mal kurz sein Bild ein, weil ich selbst noch nichts hochgeladen habe (@woifi ich bin mal so frei ;)):
full


Und direkt darauf zitiere ich mal kurz:
woifi schrieb:
Das who-is-who von links:

Verkostet habe ich vorerst ohne weitere Fotos, weil die Früchte keine Auffälligkeiten hatten. Aber nicht denken, dass ich sie nicht wertschätze, @woifi. Ich wollte Dich nur nicht ewig auf Berichte warten lassen. :)
Gestern waren die C.annuum an der Reihe, die ich gleich noch kurz beschreibe. Nun aber erst einmal die C.pubescens:

Rocoto Cuencano:

Anschnitt: typisches Rocoto-Aroma.

Geschmack: leichte Herbe, relativ viel Säure, an der Plazenta eine leichte Seife

Schärfe: an der Spitze eine kribbelnde 1 die sich binnen einer Minute zu einer 2 aufschaukelt. Mit Plazenta nimmt die Rocoto etwas Fahrt auf, und landet bei einer 5, die sich vor allem im Rachen breit macht. Die 5 hat sich binnen weniger Sekunden aufgebaut und bleibt mit einer wohligen Wärme etwas im Oberleib hängen. Sie kribbelt auf der Zunge und im tiefen Rachen nach einigen Minuten aus.

Fruchtnote / Analogie: typische Rocoto: Etwas kartoffelig-erdig, aber ohne weitere, speziellere Analogien

Anmerkung: grund-solide Rocoto, ohne viele Nebengeräusche. :)
 
Gorria:

Anschnitt: Ziemlich grasig, aber mit wenig weiterer Aussagekraft. Ich war zwar auf die Gorria sehr gespannt, aber sie ist komplett anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Was ich mir vorgestellt habe, weiß ich allerdings nun auch nicht mehr so recht.

Geschmack: Sehr viel Säure, unterläuft den Geschmack. So viel Säure hatte ich bisher noch bei keiner Frucht. Nicht mal, bei einer C.baccatum. Ob sie wenig oder normal viel Süße hat, kann ich anhand der Säure gar nicht recht beurteilen. Auch fällt es mir schwer, mich an die Herbe zu erinnern — war sie gänzlichst mild oder doch ein bisschen bitter ... Die Säure hat's verdrängt.

Schärfe: Gespickt mit Specials, könnte man meinen: So ist sie die erste Capsicum-Frucht, die ich verspeise, die an der Spitze am schärfsten (solide 5) ist und über den kompletten Körper mit weniger Alkaloiden um sich wirft (Rest: 4).

Fruchtnote / Analogie: Bis auf Paprika, kann ich keine weitere Analogie ausmachen.

Anmerkung: Ab jetzt muss ich wohl darauf achten, ob man beim Pimente d'Espellete die Säure noch schmecken kann. ;)
 
Jalapeño Agriset 4109:

Anschnitt: Bis auf ein schwaches C.annuum Aroma, kann ich nicht viel ausmachen.

Geschmack: Seifig, ist sie nicht, allerdings verspüre ich auch kein Jalapeño Aroma aufzunehmen. Sie ist wenig aromatisch, dafür aber knackig & süß.

Schärfe: eine sehr milde 1.

Fruchtnote / Analogie: typ. C.annuum

Anmerkung: Ich habe bei allen Früchten von Wolfgang versucht, mir vorher nicht durchzulesen, wie sie beschrieben sind. Sobald ich mit allen durch bin, hole ich das nach. Vor allem bei der 4109 bin ich gespannt, ob sie entsprechend mild beschrieben ist.
 
Aleppo 37:

Anschnitt: Sie hat ein sehr kräftiges C.annuum Aroma, mit einem gemüsigen Unterton.

Geschmack: Weniger süß, als ich zuerst vermutet hätte. Seifigkeit bleibt ebenfalls aus. Dafür hat sie ein kräftiges Aroma, wie beim Anschnitt zuvor bereits auch. Sie ist nicht sehr knackig und hat nicht viel Fleisch, dafür aber viel Säure.

Schärfe: 3

Fruchtnote / Analogie: neben C.annuum, kann ich nichts weiter spezifizieren

Anmerkung: Harte Schale, schmales Fleisch, sonst lecker. Die beste der drei C.annuum. :)
 
Venezuelian Hot Tiger F2:

Anschnitt: Nur zwei Körner, aber fleischig. Das vermeintlich süße Aroma erinnert mich an 'ne Naschi-Birne. Die Farbe & mein Hirn tun ihr restliches.

Geschmack: Lecker. Sehr süß, wenig saftig, viel greifbares Obst. Die gefällt mir echt gut. Ich bin fast oben angekommen, nun könnte ich so langsam mal ein bisschen Schärfe gebrauchen. :) Also ab zur Plazenta: Die Säure nimmt schlagartig zu, reglementiert sich mit der hohen Fruchtsüße aber sehr schnell. Es wird noch obstiger, mit einer ganz leichten Seife, die sich gut einfügt.

Schärfe: Untere Spitze: 1. Mitte: 2. Restliche Frucht inkl. Plazenta & Kerne: 2.

Fruchtnote / Analogie: Naschibirne & Gurke.

Anmerkung: Leckeres und sehr hübsches Teil. Gefällt mir echt gut. Wo kommt nochmal das Hot her, @woifi? :D
 
SaHangu:

Anschnitt: Fruchtig, ähnlich einer Scotch Bonnett. Aber nicht so stark duftend. Stabil, dennoch nicht sehr fleischig.

Geschmack: Quasi keine Süße, was sie flach wirken lässt, aber ein sehr, sehr gemüsiger Ton. Viel Frische, erinnert sie mich an eine orange Paprika mit leichter C.chinense-Note. Sie schmeckt der Habanada recht ähnlich. Mit dem Unterschied, dass der SaHangu die Süße fehlt und eine gemüsige Note hinzu kommt.

Schärfe: Unten Spitze: 1. Im mittleren Bereich: 4. Mit Plazenta & Körnern im Ganzen: 6. Der Brand ist kontrolliert und angenehm. Baut sich über zwei Minuten stetig auf.

Fruchtnote / Analogie: Ich finde, orange Paprikas haben eine eigene Note. So auch diese. Gepaart mit etwas Karotte und ganz geringer C.chinense-Blume.

Anmerkung: Lecker, aber auch die gemüsigste Chili, die ich in meinem Leben gegessen habe. Das macht sie nicht schlechter, auf jeden Fall aber besonders. Da kann man sich auch mal 'ne Ganze in die Schnute stecken. ;)
 
Bleiben noch drei Brandstifter.

Bhut Golden:

Juhu. Meine erste Bhut.

Anschnitt: Wie 'ne frisch geöffnete Packung getrockneter Aprikosen. Ich meine zu erriechen, sie sei mit 'ner Habanero verwandt. Bhut-Aroma kann ich nicht ausmachen, weil ich es schlicht nicht kenne.

Geschmack: Respekt macht sich breit. Naja. Mal gucken ... Die untere Spitze ... Erm. Ein bisschen Säure, gemüsiger Ton. Keine Schärfe. Die nächsten 10% Prozent von der Frucht in den Mund. Die bringen schon eine gute Portion Seife mit, aber auch einen Trichter Süße. Weiter geht's mit Plazentastückchen: Immer noch leicht seifig, bekommt sie nun Gesellschaft von leichter Bittere.

Schärfe: An der untersten Spitze: 0. Zwei Stücken auf Höhe von 30% der Frucht (inkl. etwas Plazenta) bauen sich binnen drei, vier Minuten zu einer recht unangenehm stechenden Schärfe im Rachen auf. Der Mundraum bleibt von der Schärfe weitgehend verschont, aber im Rachen wirkt es etwas betäubend. Nicht völligst unangenehm, aber doch schon recht stachelig. Jetzt würde ich die Intensität der Schärfe gern beurteilen. Die Stücken waren recht groß, deswegen würde ich mal 'ne 9 geben.

Fruchtnote / Analogie: Aprikose im Anschnitt, etwas gemüsiges ohne genauere Noten beim Zerkauen.

Anmerkung: Hat wohl scheinbar keine Lust im Mund zu brennen, aber macht im Rachen Party.
 
Kommen wir zur berüchtigten ...

Bhut Orange Copenhagen
:


Anschnitt: Ordentlicher Strauß Blumen. Die floralen Fruchtnoten erinnern mich stark an die Biquinhos. Sie ist nicht nennenswert fleischig, aber hat 'ne schön verpickelte, Golfball-Oberfläche. Nach einem Cut, sieht sie bekanntermaßen aus, wie ein Querschnitt durch den Grand Canyon.

Geschmack: Sehr süß, ziemlich floral, aber leider auch bitter. Beim ersten & erneuten Aufstoßen bleibt sie sehr floral. Viel mehr Geschmack fällt mir nicht ein, auf ein zweites Stück habe ich wegen der Bitterkeit nicht so wirklich Lust. Auch, weil ich nicht weiß, ob die Verkostung nicht gleich in Krämpfen endet. :)

Schärfe: Eine etwa 1,5cm × 1,5cm große Fläche von der Spitze abgeschnitten, wandert zwischen meine Lippen. Da sie an der Spitze bereits Körner enthält, geht meine Vermutung dahin, dass die Plazenta bis zur Spitze geht. Ich nehme das Stück in den Mund, zerbeiße es, schlucke recht schnell und in mir kommt dieses Gefühl auf, dass das eher so 'ne semi-gute Idee gewesen ist. Die BOC holt den Thermalrezeptoren-Fuchsschwanz raus und fängt an, mir ganz böse Nachrichten aus dem Rachen ans Hirn zu schicken. Die Schärfe baut sich über etwa drei Minuten auf — was heißt, dass keiner denken braucht, nach einer Minute wäre das Schauspiel vorbei. Die Schärfe ebbt nach den drei Minuten recht linear ab. 10+

Fruchtnote / Analogie: Ich kann fast nur den Anschnitt beurteilen, und der ist eins: Floral. Auch beim Zerbeißen drängen sich mir nur florale C.chinense Noten auf.

Anmerkung: Mir hat die Bhut Golden besser geschmeckt. Wie sich das bei Pulvern, etc., verhält, kann ich nicht sagen. Was aber feststeht: Die BOC kann ich mir nur sehr schwer frisch & in Soßen vorstellen, weil mich der florale Punch doch schon stark irritiert.
 
Weil mich interessiert, wie die Fatalii schmeckt — die ich schon hatte —, wenn ich vorher 'ne BOC hatte, schneide ich mir mal kurz eine auf. Zufälligerweise liegen noch zwei am Schreibtisch.

Fatalii:

Anschnitt: Fruchtiger, und wesentlich weniger floral als die BOC.

Geschmack: Bitter. Was ist denn heute los. Die ist ja noch bitterer als die BOC. Ansonsten ist sie etwas fruchtiger und weniger floral. Ich hoffe, das liegt am Wetter und nicht an den Früchten.

Schärfe: 9. Die boxt ein bisschen im Mund herum, lässt aber den Rachen im Großen & Ganzen in Ruhe. Naja, gut. Vllt. doch 'ne 10. Ein bisschen weniger bissig als die BOC. Der Aufbau dauert ebenfalls um die drei Minuten.

Fruchtnote / Analogie: Keine.

Anmerkung: Komisch, dass die auch so bitter anmutet. Nun könnte ich mich gar nicht zwischen BOC und Fatalii entscheiden.
 
Fatalii-bitter????
Ok, eine habe ich noch da:

Fatalii:

Anschnitt: Starke Fruchtnoten, etwas florale Noten, aber keineswegs viel.

Geschmack: Gering seifig, sehr fruchtig. Kaum florale Noten, dafür sind die Fruchtnoten nun viel vordergründiger.

Schärfe: 10. Am Anfang noch im Mundraum, zieht sich auch binnen der ersten anderthalb Minuten in den Rachen zurück, wo sie noch eine weitere Minute lang die Schärfe aufbaut, bis sie bei 'ner 10 ankommt. Dort verweilt sie ein bisschen, sticht ein bisschen herum und flacht dann erst recht flott, später gemütlich ab.

Anmerkung: Vielleicht hatte ich bei der vorherigen Verkostung einen Kern dabei, der den Schwung Bitterkeit mit eingebracht hat.
 
Naga Myanmar:

Anschnitt: Floral & fruchtig. Vom Floralen etwas mehr und das auch nicht zu knapp.

Geschmack: Entgegen dem, vor dem ich gewarnt wurde, ist sie erst einmal keineswegs bitter. Allerdings habe ich auch erstmal ein plazenta-freies Stück in den Mund gesteckt. Sie ist süß. Sehr süß sogar, mit schönen Fruchtnoten. Nun hole ich noch ein weiteres Stück ohne Plazenta von der Schulter: Ebenfalls sehr süß & fruchtig. Mit Plazenta wird sie seifig. Ziemlich seifig sogar, so, dass mir ganz kurz die Mundwinkel entgleiten. Im Abgang kommt nach der Seifigkeit, dann auch etwas Herbe — aber nicht übertrieben viel. Also ohne Plazenta und unten rum, fand ich die wirklich nicht übel. Das Aufstoßen gestaltet sich fruchtig-floral und ist recht nett, weil's keiner voller Strauß voll Blumen ist.

Schärfe: Ohne Plazenta: 8. Oben und an der Seite, mit Plazenta: Erstmal verzieht sie sich nicht so schnell in den Rachen, wie die BOC. Nein, sie heftet sich an den Gaumen und geht dir dort so richtig auf den Sack, wo 'ne Erkältung auch gern hocken bleibt. Die Schärfe baut sich über lange vier Minuten auf. Die Atemzüge werden länger, das Atmen an sich objektiver. Milch könnte man nehmen, aber geht schon. Die Erfahrung sagt, es ist ja gleich vorbei. So hinterlässt sie im Rachen einen warmen Strom, während sie auf der hinteren Zungenoberseite und dem Gaumen noch etwas haften bleibt. Die Schärfe ist somit intensiv und bleibt 'ne Weile. Ich denke, mit 'ner 10+ sind wir hier dabei.

Fruchtnote / Analogie: Fruchtnoten. Aber welche genau, dafür habe ich zu wenig Masse in den Mund nehmen können.

Anmerkung: Die Schärfe ist nun abgeebt, aber jetzt wird's im Bauch erstmal warm. Mal gucken ob mit, oder ohne Krämpfe. ;)
 
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