Hilfe für die erste Anzucht mit Tageslicht

Taunuswaldfee

☘️
Moderatorin
Beiträge
22.699
Da bei entsprechendem Verhältnis von Licht und Wärme auch im Winter Keimlinge gezogen werden können, bieten wir hier einen Thread mit Tipps und Tricks für die Ganzjahresanzucht.

Im November wurde schon mit einem Anbau unter Kunstlicht begonnen. (http://chiliforum.hot-pain.de/threads/hilfe-fuer-die-erste-anzucht-mit-kunstlicht.30280/).

Wichtig: Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Anzucht nur mit Tageslicht ist, dass man ein Fenster mit viel Lichteinfall zur Verfügung hat in einem Zimmer, dass man entsprechend der Lichtausbeute temperieren kann, um das Spargeln der Keimlinge zu minimieren.
Ein Fenster in schattiger Lage oder mit Nordausrichtung das evtl. auch zu warm ist, ist also ziemlich ungeeignet.

Kurze Übersicht über den Anbau:
  • Einweichen der Samen (nicht zwingend nötig)
  • Aussaat in kleine Becher oder Töpfe mit Anzucht- oder Blumenerde (Direktaussaat ist auch möglich misslingt allerdings, wenn die Erde zu stark gedüngt ist)
  • In ein Minigewächshaus stellen bei 25 bis 28°C (Heizmatte und Thermostatsteckdose sind praktisch)
  • Keimlinge (Die Blätter haben sich aus der Samenhülle befreit oder brauchten dabei Hilfe) zeitnah aus dem Minigewächshaus nehmen und ans Licht stellen
  • Wenn die Becher durchgewurzelt sind umsetzen in Töpfe 7×7 oder 9×9 o.ä.
  • Wenn die Töpfe durchgewurzelt sind umsetzen in Töpfe 13×13 o.ä.
  • 3 Wochen vor dem rausstellen in die Sonne an Sonnenlicht gewöhnen
  • Umsetzen in den Endtopf (für viele Sorten ab ca. 10 Liter)
  • Nach den Eisheiligen raus auf den Balkon, Terasse, Garten oder ins Gewächshaus stellen
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank Markus @mph für das Zurverfügungstellen Deiner Texte aus 2016.

Aussaat und Keimung


Prinzipiell ist ein vorheriges Einweichen der Chilisamen nicht unbedingt nötig aber zu empfehlen. Es erleichtert die Keimung wenn das Saatgut z.B. schon älter ist oder nicht optimal gelagert wurde.

Zum Einweichen wird ein Becher oder ein Glas für jede Sorte benötigt. Es sollte beschriftet werden, damit man später die Sorten noch zuordnen kann. Zum Einweichen eignen sich Wasser und Salpeterlösung (1 bis 2%). In einem Versuch im Chiliforum von Hot-Pain.de wurden mit destilliertem Wasser bessere Ergebnisse erzielt als mit Leitungswasser. Manche schwören auf Kamillentee, aber das ist weniger zu empfehlen, denn Tees können sich schon nach wenigen Stunden zu einer Brutstätte für Keime entwickeln.

Die Chilisamen werden 24h eingeweicht. Anfangs sind die Samen trocken und schwimmen deshalb oben. Im Laufe der 24h sollten sie nach unten sinken und können dann in die Erde (oder Tabs) eingesät werden. Schwimmen ein paar Samenkörner nach 24h immer noch oben, sollte man sie kurz antippen. Meistens gehen sie unter, denn sie wurden nur von der Oberflächenspannung der Einweichlösung oben gehalten.

Die Samenkörner sollten bei der Aussaat zwischen 0,5 bis 1cm tief in die Erde gesteckt werden. Die Erde wird danach leicht angedrückt und gut befeuchtet. Sind die Chilisamen nicht tief genug in der Erde, vergrößert sich die Gefahr eines „Helmträgers“, d.h. dass die Samenhülle auf den Keimblättern bleibt.

Nach der Aussaat muss die Erde bis zur Keimung feucht und warm (25 bis 28°C) gehalten werden und darf auf keinen Fall austrocknen.

Eine gelegentliche, leichte nächtliche Temperaturabsenkung schadet nicht. Bei Keimproblemen kann man eine Temperaturabsenkung versuchen, wie es auch nachts in der Natur der Fall ist, um das Keimen auszulösen.

Kommt ein Keimling aus der Erde, muss er möglichst schnell ans Licht (möglichst helles Fenster) gestellt werden. Die Keimlinge sollten ab dann nur noch möglichst bei Zimmertemperatur gehalten werden (leicht darüber oder darunter geht auch) und brauchen viel Licht. So vermeidet man ein „Spargeln“ oder „Vergeilen“ des Keimlings.

Zur Unterstützung kann man eine gut reflektierende Fläche hinter den Pflanzen anbringen, die das einfallende Tageslicht zusätzlich noch einmal von hinten auf die Pflanzen reflektiert. So kann man das einfallende Licht im Februar besser nutzen.



Anleitung Pikieren

Bei einer Aussaat von mehreren Samen zusammen in einer Schale oder in einem Topf muss man später die Keimlinge vereinzeln. Normal kann man damit warten bis zum ersten oder zweiten echten Blattpaar. In meinem Fall gab es keine Möglichkeit die ganze Schale mit unter das Licht zu stellen. Deshalb wurde direkt nach der Keimung pikiert (pikieren heißt vereinzeln).

Schritt 1:
Topf mit Substrat füllen, oben 2 bis 3cm Platz lassen, um später nachfüllen zu können

full


Schritt 2:
Mit dem Stiel eines Löffels oder einem Pikierstab ein Loch für den Keimling machen (einstechen, danach etwas drehen)

full


Schritt 3:
Den Keimling mit einem Löffel vorsichtig heraus nehmen

full


Schritt 4:
Ggf. altes Substrat etwas entfernen, damit man den Keimling gut ins Pflanzloch bekommt

full


Schritt 5:
Keimling einsetzen, Substrat andrücken, angießen, Beschriftung anbringen

full




Was tun wenn die Samenhülle am Keimling bleibt?
1. Variante (mph)
Auch wenn die Erde leicht angedrückt und die Chili- oder Paprikasamen tief genug eingesetzt wurden (5 bis 10mm), kommt es trotzdem manchmal vor, dass die Samenhülle auf den Keimblättern bleibt. Es gibt mehrere Möglichkeiten was man in einem solchen Fall tun kann.

Oft hilft es wenn man die Samenhülle ein paar Stunden anfeuchtet. Dazu kann man Wasser nehmen. Besser bewährt hat sich „Spucke“, denn sie bleibt länger am Samenkorn haften als ein Wassertropfen. Wird die Samenhülle weich genug, kann man sie vorsichtig abziehen. In hartnäckigen Fällen kann man auch vorsichtig den Rand der Samenhülle auf einer Seite mit einer Nagelschere abschneiden und die Hülle etwas aufklappen.

Wenn man in Erde oder Kokos ausgesät und den Topf oder Becher nicht komplett gefüllt hat und der Keimling noch nicht komplett aufgerichtet ist, gibt es eine weitere, elegante Möglichkeit, die Samenhülle aufzuweichen. Man füllt einfach feuchte Erde oder Kokos nach bis der Keimling wieder im Substrat verschwindet. Die Samenhülle weicht ein und oft streift der Keimling sie selbst ab.

2. Variante (Taunuswaldfee)
Mit einer Pinzette den Helm in der Längsrichtung zusammendrücken. Neben dem Stiel ansetzten und an der gegenübeliegenden Seite. Dann gaaangz leicht drücken. Die Hülle öffnet sich leicht und der Helm kann abgezogen werden.


Königsblüten dran lassen oder entfernen?
Königsblüten nennt man die ersten Blüten an Paprikagewächsen, die an der Hauptverzweigung der Pflanze entstehen. „Königsblüten dran lassen oder entfernen?“ oder „Sollte man die ersten Blüten und Früchte abmachen?“ sind oft gestellte Fragen. Wie viele Fragen können auch sie nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantwortet werden.

Ob es sinnvoll ist, die ersten Blüten oder Früchte abzumachen, hängt von der Capsicum-Art ab. Bei Chinensen, Baccatum und Frutescens bilden sich relativ kleine Früchte. Wenn eine Jungpflanze dieser Art früh Früchte ansetzt wird das weitere Wachstum kaum bis gar nicht gebremst. Daher kann man bei diesen Capsicum-Arten die ersten Blüten oder Früchte dran lassen. Besonders bei Chinensen werfen Jungpflanzen oft die ersten Blüten ab, so dass das Entfernen von Blüten hier kaum eine Rolle spielt.

Bei Rocotos (C. pubescens) braucht man sich in aller Regel auch nicht um die Blüten von Jungpflanzen zu kümmern. Die meisten Rocotos werfen drinnen während der Anzucht alle Blüten ab und behalten sie erst wenn sie zu größeren Pflanzen gewachsen sind und draußen stehen.

Anders sieht es bei Annuum-Sorten aus. Annuum-Sorten mit kleinen Früchten werden durch Früchte an Jungpflanzen kaum oder gar nicht im Wachstum gebremst. Bei ihnen braucht man sich auch nicht um das Entfernen der ersten Blüten oder Früchten zu kümmern. Bei Jungpflanzen von Annuum-Sorten mit großen Früchten, wie z.B. die meisten Paprikasorten oder bei Jungpflanzen von Annuum-Sorten mit sehr langen Früchten können früh gebildete Früchte dafür sorgen, dass die Pflanze langsamer weiter wächst. Bei diesen Sorten bietet es sich daher an, die ersten Blüten oder Fruchtansätze zu entfernen.

Vielen Dank Markus @mph für das Zurverfügungstellen Deiner Texte aus 2016.

 
Zuletzt bearbeitet:
Hätte da noch ein kleinen Tip zum Thema Helmträger.
Wenn euer Schützling seine Mütze nicht ablegen möchte, oder es aus eigener Kraft nicht hin bekommt, nicht lange selbst operieren.
Ein Tropfen Speiseöl wirkt Wunder
 
Hey Babsi,

TOP das du in die Fußstapfen trittst und den Neulingen hier hilfst!! :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

Ich werde natürlich versuchen, mein bisher angelesenes und erfragtes Wissen mit einzubringen. Auch wenn ich selbst noch grün hinter den Ohren bin....aber langsam färbts auf den Daumen ab :angelic:
 
Super Tipps. Vielen Dank dafür. Allerdings finde ich den Titel nicht passend, da die meistenTipps nicht direkt auf den TL Anbau zu beziehen sind, sondern eher generelle Tipps was den Anbau angeht.
 
Hallo Babsi,
erst einmal Danke, dass Du das Thema hier aufgemacht hast.:thumbsup: Das ermutigt auch diejenigen, die sich nicht zu sehr mit der Technik auseinandersetzen wollen und ist zudem eine Ermutigung gegen den manchmal geäußerten Irrglauben, Tl im Winter würde nicht funktionieren!
Zu den Keimtemperaturen würde ich gerne hinzufügen, dass es auch unterhalb der 25-28 Grad geht, dass es dementspreched nur ein "wenig" länger dauern kann (erfahrungsgemäß müsste das bei den meisten Sorten funktionieren)

Liebe Grüße
Markus
 
@ME68 Hallo Markus, da hast Du recht.
Bei den angegebenen Themperatur ist die Keimchance recht groß wenn sonst alles stimmt. Für Anfänger sind "sichere" Richtwerte eher geeignet, da sich evtl. noch andere Fehlerquellen einschleichen aus Unerfahrenheit.
 
Ok überredet ich fange jetzt meine Töpfe zu beschriften und zu Pikieren.
Die liebe Taunuswaldfee hat mich überzeugt:happy::angelic::thumbsup:

nice weekend chiliheads:D
 
Vielen Dank mal an alle für die ganzen Beiträge. Sehr Informativ und Lehrreich. Aber leider auch oft zu viel. ;)
Wer soll sich das alles merken und damit zurecht kommen?

Ich überlege noch, ob ich meine Versuche und Bemühungen im Forum "Meine Chilis - 1. Jahr" schreiben und bebildern soll. Habe ja am Samstag die Samen in die Erde gebracht. Wollte sie wie hier beschrieben mit TL großziehen. Falls natürlich etwas wächst. Muss ja erst mal schauen ob ich die Samen nicht zu trocken oder nass habe.
Jetzt überlege ich mir, für ein paar Stunden am Tag ein Pflanzenlicht zu kaufen. So könnte ich die Beläuchtungsdauer etwas erhöhen.
Da die Setzlinge im Wohnzimmer stehen, werden sie es warm haben. Da befürchte ich dann fast, dass sie spargeln werden.
Entweder eine ESL oder LED. Aber das Angebot haut mich glatt um. Da bin ich als total unerfahrener und auch wenig Technikbegeisterter total überfragt. Allerdings solle so eine Lampe auch nicht meinen Geldbeutel zuz sehr belasten. Die art Tischlampen gefallen mir da schon. Da muss ich noch mal etwas hier und im Internet suchen.

Noch mal ein großes Lob, für die vielen super Beiträge.
 
Zurück
Oben Unten