Brot selbst backen

Du veränderst durch die lange Gare die Hefe und die Mehlbestandteile.
*gähn*
Mehr Infos nicht um 10 vor 2.


Ein gutes Backbuch mit vielen Infos ist: Gutes Brot braucht Zeit.
Bei Amazon schrieb ich zum Buch
Als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hielt, dachte ich: „Was ist denn das für eine komische Buchbindung“. Doch bald wurde mir klar, daß die Bindung nicht komisch, sondern äußerst praktisch ist: Im Regal sieht das Buch durch die verdeckte Spiralbindung aus, wie ein normales Buch; auf dem Küchentisch bleibt es aber offen liegen und die Seiten blättern nicht, wie bei vielen Koch-/Backbüchern der Fall ist, bei der leisesten Berührung um.

Inhaltlich beschäftigt sich das Buch sich sehr anschaulich und informativ zuerst mit der Hefe bis hin zur detaillierten Beschreibung darüber, wie man Bäckerhefe selbst herstellen kann. Im Rezeptteil wird dann jeweils die benötigte Hefemenge als Bäckerhefe oder als selbstgezüchtete Hefe angegeben.
Im nächsten Kapitel geht es um verschiedene Teigführungen und wie sich diese auf das fertige Brot auswirken.
Die nächsten gut 100 Seiten sind Rezepte, bei denen die verschiedenen Teigführungen dann praktisch ausprobiert werden können. Jedes Rezept ist mit einem Bild versehen, so daß man gleich sehen kann, wie das fertige Produkt im Idealfall aussehen sollte. Bei jedem Rezept ist auch der Zeitaufwand genau angegeben, so daß man den Backtag gut planen kann.

Ich habe bisher erst wenige Rezepte ausprobiert, doch jene, die ich ausprobiert habe, sind alle gelungen und schmeckten sehr gut.

Einen einzigen kleinen Kritikpunkt gibt es meiner Meinung nach: Bei den Rezepten wird nichts zum Thema „Schwaden“ geschrieben.
 
Ich habe auch die halbe Nacht nach der wissenschaftlichen Grundlage für "Lange Teigführung" gesucht.
Selbst Bäckerlehrlingen werden anscheinend meist nur die überlieferten Erfahrungswerte beigebracht.


Die Hefe setzt die Nährstoffe des Teiges für die Energiegewinnung ein.
In Abhängigkeit von den Umweltbedingungen nutzt sie zwei verschiedene Möglichkeiten des Stoffwechsels (Energie aus Kohlenhydrate (Zucker) gewinnen).


Möglichkeit 1: aerob = Atmung

1 Glucose + 6 Sauerstoff (O2) wird umgewandelt in 6 Kohlendioxid + 6 Wasser
Energiebilanz: 32 mol ATP je mol Glucose


Diesen Stoffwechsel nutzt die Hefe unter folgenden Bedingungen:
  • Temperaturen unter 26 °C und
  • die Gegenwart von Sauerstoff

Möglichkeit 2: anaerob = Alkoholische Gärung

1 Glucose wird umgewandelt in 2 Kohlendioxid + 2 Ethanol (Alkohol)
Energiebilanz: 2–3 mol ATP je mol Glucose

Diesen Stoffwechsel nutzt die Hefe unter für sie suboptimalen Bedingungen:
  • Temperaturen 28 - 40 °C und/oder
  • Abwesenheit von Sauerstoff

Durch den etwa 10 bis 15-fach effektiveren Glucoseabbau unter aeroben Bedingungen kann die Energie überwiegend (etwa zwei Drittel) für die Assimilation, also zum Aufbau von Zellsubstanz eingesetzt werden, bei anaerobem Stoffwechsel nur zu etwa einem Drittel. Entsprechend überwiegt umgekehrt die Dissimilation bei anaerobem Stoffwechsel. Steht der Hefe Sauerstoff zur Verfügung, kann sie sich daher intensiver vermehren. (Pasteur-Effekt)

https://wissensforum-backwaren.de/wp-content/uploads/kap_VI-2_Teiglockerung_Hefeteig.pdf
https://letsmakeitsunday.wordpress.com/2011/05/25/garungen-glucoseabbau-unter-sauerstoffmangel/



Also runter mit den Temperaturen und sich mehr Zeit lassen!
Der Fehler dürfte der lauwarme Herd gewesen sein, in den ich den Teig zum gehen gestellt habe!
 
Ich hätte mal eine Frage zu selbstgemachtem Roggensauerteig: Wie lange braucht getrockneter Sauerteig, um sich zu reaktivieren? Mein Anstellgut ist mangels Fütterung im Kühlschrank gestorben, deshalb habe ich gestern getrockneten Sauerteig mit Wasser vermischt und nach einer halben Stunde noch frisches Mehl dazugegeben. Heute morgen war jetzt noch kaum Aktivität zu erkennen. Außerdem riecht und schmeckt es noch nicht sauer.
Habt ihr da Erfahrungswerte? Dauert das länger als normales Auffrischen?
 
Ok, dann mach ichs nach dem Motto: Gut Ding will Weile haben... Bietet sich bei Brot ja eh immer an :-) Danke dir
 
Möglichkeit 2: anaerob = Alkoholische Gärung

1 Glucose wird umgewandelt in 2 Kohlendioxid + 2 Ethanol (Alkohol)
Energiebilanz: 2–3 mol ATP je mol Glucose


Diesen Stoffwechsel nutzt die Hefe unter für sie suboptimalen Bedingungen:
  • Temperaturen 28 - 40 °C und/oder
  • Abwesenheit von Sauerstoff
Das kommt aber freilich auf den Hefestamm an. Beim Brot scheint es nicht viele Hefestämme zu geben.

Bier vergärt jedenfalls niemand über 26°C. Nicht mal, die Belgier.
 
@Anfänger2013
Danke für die wissenschaftliche Betrachtung der Sache. :thumbsup:

Wenn Du nicht zwingend glutenfrei backen mußt, könntest Du dich alternativ zur Bäckerhefe (oder gar Trockenhefe) mal mit dem Thema Lievito Madre beschäftigen. Das ist ein milder Weizensauerteig, der mit einer festen Teigführung (TA150) geführt wird.
http://www.der-sauerteig.com/phpBB2/viewtopic.php?t=9371 – Nicht wundern, in dem Sauerteig-Forum funktionieren derzeit die Umlaute nicht.

(Falls es um Weizenunverträglichkeit geht, sollte – sofern nicht schon geschehen – der Arzt genau hingucken um nicht Zöliakie mit NCGS zu verwechseln.)

Bier vergärt jedenfalls niemand über 26°C. Nicht mal, die Belgier.
Hefe (z.B. im Sauerteig) vermehrt man am Besten bei ca. 26°C.



Und hier noch als Nachtrag ein Bild der Krume des Zwiebel-Senf-Brotes
SAM_7515.jpg
 
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Ich habe heute mein neu gewonnenes Wissen über Hefe umgesetzt!
https://chiliforum.hot-pain.de/threads/brot-selbst-backen.27661/page-45#post-818025

Ich habe darauf geachtet, dass das Wasser für den Teig knapp unter 26 Grad warm war. Zum Gehen stellte ich den aus dem Teig geformten Fladen dieses Mal in den kalten Herd. Eine Schüssel mit kochendem Wasser habe mit in dem Herd gestellt, um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen. Der Teig soll ja nicht antrocknen.

Das Gehen hat jetzt nicht mehr 50 Minuten gedauert, sondern 2,5 Stunden.
Der Teig ist sogar etwas stärker aufgegangen als früher.

Ergebnis: Der sehr deutliche Hefegeschmack ist weg!!!


Während es Backens hatte ich etwas Zeit über alles nachzudenken. Dabei habe ich endlich verstanden weshalb in vielen Rezepten empfohlen wird den Teig gehen zu lassen, dann noch einmal zu kneten und danach noch einmal gehen zu lassen. Ich empfand das immer unlogisch, da man dabei die Luft wieder aus dem Teig drückt. Argumentiert wird immer mit feineren Poren. Das stimmt bestimmt, der Hauptgrund ist aber, dass dabei noch einmal Sauerstoff in den Teig eingebracht wird. Dadurch wird sichergestellt, dass die Gärung weiter im aeroben Bereich erfolgt und nicht zu anaerob wechselt.

Das erste Gehen hat hauptsächlich den Zweck die Hefepilze zu vermehren, danach wird noch einmal Sauerstoff in den Teig geknetet um den Pilzen die Möglichkeit zu geben möglichst viel CO2 zu produzieren.
 
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Bei dem Zwiebel-Senf-Brot habe ich die Rezeptur geändert.
Optisch ist dabei leider eine Pleiten, Pech und Pannen-Brot herausgekommen.
SAM_7575.jpg



NACHTRAG:
SAM_7578.jpg
 
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Und wieder habe ich rumexperimentiert:
Ein Brot mit Hartweizenvollkornmehlanteil habe ich gerade aus dem Backofen geholt. :)

SAM_7662.jpg

Von den 622g Mehl im Brotteig, sind 300g grobes Hartweizenvollkornmehl (fast so grob wie Grieß).


NACHTRAG (07.07.18):
SAM_7665.jpg
 
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Ein paar Gedanken zum Sauerteigansatz:

Da mir über den backfreien Sommer mein Sauerteig im Kühlschrank verkommen ist, habe ich mich gerade mal mit einer optimierten Variante zur Sauerteig-Herführung beschäftigt. Kern der Überlegung ist dieser Beitrag. Mit Fruchtsaft statt Wasser sollte es möglich sein, von Anfang an den Ansatz im richtigen pH-Bereich zu halten. Letztes mal hatte ich zuerst stark gasbildende aber schlecht riechende Kulturen im Sauer, die erst nach etwa zwei Wochen ausreichend verschwunden waren. Das sollte damit vermeidbar sein. Außerdem können die Sauerteighefen, die erst bei sinkendem pH wirklich aufkommen, von Anfang an gedeihen.

Ich lasse dabei den Ansatz mindestens 48 Stunden ungefüttert bis erste Anzeichen von Gärung erkennbar sind. Hier sind m.E. viele Anleitungen unsinnig. Da wird gleich nach 24 Stunden neues Mehl zugegeben, dafür aber der volle Ansatz beibehalten statt nur einen Teil weiterzuverwenden wie bei der normalen Führung. Offenbar steckt dahinter das Ziel, keine Organismen verlieren zu wollen. Tatsächlich kommt es aber ja nicht auf die Gesamtzahl, sondern auf die Konzentration an, die man mit der vorzeitigen Fütterung unnötig verringert.
Zusätzlich habe ich angefangen, die Kultur alle 12 Stunden umzurühren. Einerseits, da viele Organismen zunächst Sauerstoff zur Vermehrung brauchen, andererseits, da sich an der Oberfläche sonst Schimmel bilden würde. Mit Apfelsaft scheint mir der Ansatz schimmelanfälliger zu sein, gerade die Gefäßränder sind da gefährdet. Insofern empfiehlt sich auch, das ganze einmal am Tag in ein sauberes Gefäß umzufüllen. Der erste Ansatz ist mir deshalb leider verkommen.

Der zweite Versuch zeigt jetzt aber nach gerade einmal drei Tagen bereits Säure und sogar schon leichten Trieb, obwohl ich bei Zimmertemperatur gearbeitet habe. Wegen der fehlenden Wärme hatte ich eigentlich mit einer recht langen Herführung gerechnet. Es scheint also gut zu funktionieren!


Ansonsten noch ein Nachtrag zur Hefeproblematik von @Anfänger2013:

Schön, dass der zweite Versuch besser geworden ist, aber so richtig viel Sinn ergibt das alles für mich nicht. Der Hauptgrund für einen hefigen Geschmack ist tatsächlich die Hefe selbst, nicht ihre Stoffwechselprodukte. Das kann man sich leicht vergegenwärtigen, wenn man mal ein Hefeweizen mit und ohne aufgeschwenkten Bodensatz kostet. Und natürlich ist die endgültige Hefemenge nicht immer gleich. Ob man mit einer Hefezelle oder mit fünf anfängt, wird im Ergebnis nach n Generationen tatsächlich keinen großen Unterschied machen. Wenn du aber gleich mit einer Menge startest, die viel größer ist, als sie ausgehend von einer kleinen Kolonie beim vorhandenen Nährstoffangebot je hätte werden können, dann ist es was anderes. Und 7g Trockenhefe sind extrem viel für ein Brot, etwa 20 mal mehr als nötig. Dass der Sauerstoff eine große Rolle spielt, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen: die kleine Menge verstoffwechselt diese Hefemenge in sehr kurzer Zeit, im wesentlichen wird das immer ein anaerober Vorgang sein. Ich könnte mir etwas anderes vorstellen: Wenn du nicht braust, hast du vermutlich noch nie darüber nachgedacht, wie man Trockenhefe richtig rehydriert. Sie muss ziemlich genau bei 30°C vorsichtig 15-30 min in Wasser rehydriert werden, sonst sind die meisten Hefezellen tot. (https://bkyeast.wordpress.com/2013/03/13/more-on-yeast-rehydration/) Das könntest du mit deinem zweiten Versuch unabsichtlich besser gemacht haben. Wäre denkbar, dass das geschmacklich eine Rolle spielt, auch wenn mir der Mechanismus unklar ist. Am Ende sterben sie schließlich eh. Aber vielleicht wird da noch was verstoffwechselt, so ähnlich wie bei der gefürchteten Hefeautolyse.

An der Stelle dann noch ein Wort zu dem Aroma, das die Hefe durch ihren Stoffwechsel produziert. Das ist eine ziemlich komplexe Angelegenheit, wo z.B. ein Brauer viel Hirnschmalz drauf verwendet. Am wichtigsten ist natürlich die Wahl des Hefestammes, aber auch noch eine Menge andere Faktoren: Pitching Rate, Zuckerdruck, pH, Belüftung, Lipide, Temperatur usw. Und dabei gibt es oft gegenläufige Effekte: dieselbe Maßnahme lässt die produzierten Ester steigen, die Fuselalkohole jedoch sinken. Wenn man ein bestimmtes Aroma will (z.B. Banane) muss man ggf. dafür sorgen, dass der Ausgangsstoff ausreichend vorhanden ist. Ein schönes Buch dazu ist "Yeast" von White/Zainasheff. Beim Backen lohnt es sich geschmacklich jedenfalls, einen flüssigen Vorteig mit sehr wenig Hefe (<= 1g) lange (>10 Std) zu führen. Aber man kann da bestimmt noch ne Menge mit den Bedingungen spielen.
 
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Der Hauptgrund für einen hefigen Geschmack ist tatsächlich die Hefe selbst, nicht ihre Stoffwechselprodukte.
Richtig!
Bei unter 26 °C entsteht drei mal so viel Kohlendioxid wie bei 28 - 40 °C Temperaturen.

Das bedeutet, dass man nur 1/3 der Hefe benötigt um die selbe Menge an Kohlendioxid zu produzieren.
Oder anders: Der Teig geht genauso auf bei unter 26 °C mit einem drittel der Hefepilze auf im Vergleich zu 28 - 40 °C.


Dein Text über Sauerteig war sehr interessant.
Werde demnächst Reissauerteig ansetzen. Da kann ich die Infos gut gebrauchen.
 
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Ein paar Gedanken zum Sauerteigansatz:

Aber man kann da bestimmt noch ne Menge mit den Bedingungen spielen.
Wenn Du mit den Bedingungen „spielen“ willst, empfehle ich die dreistufige Sauerteigführung. Da hat man in jeder der drei Stufen die Möglichkeite Einfluß zu nehmen (TA, Temperatur, Zeit).
 
Wenn Du mit den Bedingungen „spielen“ willst, empfehle ich die dreistufige Sauerteigführung. Da hat man in jeder der drei Stufen die Möglichkeite Einfluß zu nehmen (TA, Temperatur, Zeit).
Klassische Dreistufenführung hab ich bisher tatsächlich nicht gemacht. Aber die Möglichkeiten sind ja eh überwältigend, bei den paar Zutaten.
Ich hab mir erstmal vorgenommen, mit Schrot zu arbeiten. Irgendwie bin ich bisher nicht darauf gekommen, dass ich ja die Schrotmühle vom Brauen verwenden könnte. Du machst doch viel so schrotiges, kaufst du das irgendwo oder kaufst du ganze Körner?

Das bedeutet, dass man nur 1/3 der Hefe benötigt um die selbe Menge an Kohlendioxid zu produzieren.
Diese nicht ganz unwesentliche Information muss ich irgendwie überlesen haben. :D Dann ist ja klar, warum es besser geworden ist.

Nachtrag (etliche Male umformuliert, da ich heute dumm bin):
- Bei der Gärgeschwindigkeit müsste man noch den eigentlichen Temperatureffekt berücksichtigen. Angeblich steigt sie pro 1 °C um 10-15%, damit bliebe von der Verdreifachung wenig übrig
- Bei der Reaktionsgleichung fällt auf, dass man ebensoviel Sauerstoff einkneten müsste, wie man an CO2 herausbekommen will. Das erscheint ambitioniert. Es wird also nicht viel aerob stattfinden.

Am Ende bleibt der Erfahrungswert, dass man mit weniger Hefe und mehr Zeit mehr Aroma und weniger Hefe-Eigengeschmack erhält. Und auch die kleinste Hefemenge erzeugt genug CO2, wenn man lange genug wartet.
 
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