How To: Gezieltes Kreuzen von Chilis

Ne, so einfach ist das nicht. Ich schrieb dazu schonmal:
Jeder Samen stammt aus einer eigenen Samenanlage, die jeweils von verschiedenen Pollen befruchtet werden. In jede dieser Samenanlagen hat eine Mitose Meiose stattgefunden und beim Pollen auch. Damit sind jeweils die Gene durcheinandergemischt und somit ist jedes Samenkorn genetisch anders. Wenn man sortenrein befruchten läßt, dann bekommt man zwar sortenreine Samen aber keine genetisch identischen Samen.

EDIT: Fehler korrigiert. Danke @leBo
Prinzipiell ist der von dir beschriebene Prozess korrekt und jedes Samenkorn wurde sozusagen individuell gekreuzt.

Im konkreten Fall muss ich aber eher Torky recht geben. Gehen wir davon aus das zwei Eltern(sortenrein) verkreuzt werden, so sind alle Nachfahren genetisch identisch also auch alle Samen in der Frucht. Du hast zwar Recht, dass im Zuge der Meiose eine zufällige Verteilung stattfindet. Es handelt es sich hier zum Einen um die zufällige Verteilung der Chromosomen, sowie darauffolgend die Aufteilung der Chromosomen in Chromatiden ("Chromosomenhälften"). Diese Chromatiden werden wiederum ebenfalls zufällig auf die einzelnen Pollen verteilt. Der Clou an der Geschichte ist, dass stabile Sorten homozygot sind. Sprich die paarweise vorliegenden Chromosomen in den Eltern (und ihre Chromatiden) unterscheiden sich nicht. Übertragen gesprochen ist es so, als würdest du einen Würfel werfen der die selbe Nummer auf allen Seiten hat. Erst in der F1 Generation liegen die Erbinformation gemischt vor. Dadurch gibt es auch variierende Ergebnisse, wenn für die F2 Generation "gewürfelt" wird.

Soviel zum "big picture". Im Detail betrachtet ist aber kein Pollen identisch mit irgendeinem anderen Pollen. Das liegt daran dass bei der Verdopplung des Erbguts immer Fehler passieren. Diese Fehler sind aber sehr selten. Es wäre ungefähr ein falsches Wort in 3800 Harry Potter 5 Büchern, also ein Fehler pro Milliarde. Dazu kommt dass manche dieser Fehler gar nicht zum tragen kommen. Die DNA ist aber so umfangreich, dass trotz dieser geringen Wahrscheinlichkeit definitiv ein paar dieser Fehler beim Verdoppeln auftreten. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit für sichtbare Effekte, äußerst gering. Diese zuverlässige Weitergabe von Informationen ist eine essentielle Voraussetzung für Evolution. Nur wenn man Bewährtes weitergeben kann, können Folgegeneration davon profitieren und überleben.

Für unsere Praxis sind somit Samen aus sortenreiner Befruchtung genetisch identisch, ebenso wie die Samen aus der Kreuzung zwei stabiler Chilisorten. Die erwähnten Mutationen sind sehr selten und können getrost vernachlässigt werden.

Ich hoffe das beleuchtet die Thematik etwas. Ich breche das gerne noch weiter herunter, wenn Interesse besteht.

Beste Grüße

Miscalias
 
Zuletzt bearbeitet:
Prinzipiell ist der von dir beschriebene Prozess korrekt und jedes Samenkorn wurde sozusagen individuell gekreuzt.

Im konkreten Fall muss ich aber eher Torky recht geben. Gehen wir davon aus das zwei Eltern(sortenrein) verkreuzt werden, so sind alle Nachfahren genetisch identisch also auch alle Samen in der Frucht. Du hast zwar Recht, dass im Zuge der Meiose eine zufällige Verteilung stattfindet. Es handelt es sich hier zum Einen um die zufällige Verteilung der Chromosomen, sowie darauffolgend die Aufteilung der Chromosomen in Chromatiden ("Chromosomenhälften"). Diese Chromatiden werden wiederum ebenfalls zufällig auf die einzelnen Pollen verteilt. Der Clou an der Geschichte ist, dass stabile Sorten homozygot sind. Sprich die paarweise vorliegenden Chromosomen in den Eltern (und ihre Chromatiden) unterscheiden sich nicht. Übertragen gesprochen ist es so, als würdest du einen Würfel werfen der die selbe Nummer auf allen Seiten hat. Erst in der F1 Generation liegen die Erbinformation gemischt vor. Dadurch gibt es auch variierende Ergebnisse, wenn für die F2 Generation "gewürfelt" wird.

Soviel zum "big picture". Im Detail betrachtet ist aber kein Pollen identisch mit irgendeinem anderen Pollen. Das liegt daran dass bei der Verdopplung des Erbguts immer Fehler passieren. Diese Fehler sind aber sehr selten. Es wäre ungefähr ein falsches Wort in 3800 Harry Potter 5 Büchern, also ein Fehler pro Milliarde. Dazu kommt dass manche dieser Fehler gar nicht zum tragen kommen. Die DNA ist aber so umfangreich, dass trotz dieser geringen Wahrscheinlichkeit definitiv ein paar dieser Fehler beim Verdoppeln auftreten. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit für sichtbare Effekte, äußerst gering. Diese zuverlässige Weitergabe von Informationen ist eine essentielle Voraussetzung für Evolution. Nur wenn man Bewährtes weitergeben kann, können Folgegeneration davon profitieren und überleben.

Für unsere Praxis sind somit Samen aus sortenreiner Befruchtung genetisch identisch, ebenso wie die Samen aus der Kreuzung zwei stabiler Chilisorten. Die erwähnten Mutationen sind sehr selten und können getrost vernachlässigt werden.

Ich hoffe das beleuchtet die Thematik etwas. Ich breche das gerne noch weiter herunter, wenn Interesse besteht.

Beste Grüße

Miscalias
Es ist bei Chilis nicht anders wie bei Menschen. Da haben die Geschwister zwar auch die gleichen Eltern, aber sie unterscheiden sich genetisch doch.
 
Es ist bei Chilis nicht anders wie bei Menschen. Da haben die Geschwister zwar auch die gleichen Eltern, aber sie unterscheiden sich genetisch doch.

Der zugrundeliegende Mechanismus ist definitiv der gleiche. Allerdings sind Menschen niemals "sortenrein". Jeder Mensch ist bereits ein Kreuzung, genau so wie seine Eltern eine Kreuzung waren. Bei uns liegen Erbinformationen somit immer gemischt vor. Einzelne Merkmale/Gene können tatsächlich homozygot vorliegen. Für den Großteil der Gene gibt es aber Variationen zwischen dem väterlichen und mütterlichen Anteil. Die Nachkommen sind somit auch immer eine zufällige Mischung aus einem großen Pool an unterschiedlichen Merkmalen.
 
Ich habe noch eine Frage zum Thema Kreuzen.
Gehen wir davon aus ich kreuze eine Pflanze von der Gattung C.Chinense mit einer Annuum.
Wie bekomme ich später raus welcher Gattung meine Kreuzung entspricht?
Sieht man das dann an den optischen Merkmalen?
 
Ich kenne nur die Gattungsbezeichung: C annuum x C. chinense
Ich redete nur davon, dass man die Merkmale eindeutig zuordnen kann und daher Rückschlüsse ziehen kann.
Ob man das nun als chinense x annuum oder aufgrund von eindeutigen Merkmalen nur chinense oder nur annuum nennt...
Spielt eh erst eine Rolle bei stabilen Kreuzungen. Bis dahin ist es schlicht durch die Elternsorten (z.B. 7Pot Bubblegum x Peter Pepper Yellow) zu kennzeichnen.
Zumindest sehe ich das so.
 
Ich wollte mal eine Carolina Reaper mit einer Corno di bue Rosso kreuzen und hier nach Tipps schauen, schonmal sehr interessant bis dahin! An die Kreuzungserfahrenen: Welche Pflanze sucht ihr als Mutterpflanze aus? Die, deren Merkmale ihr in der 1. Generation stärker haben wollt? Oder einfach bei beiden Arten einige Blüten der Pflanzen wechselseitig bestäuben, dass man bei beiden Sorten gemischte Mutterpflanzen hat?


Ein Maulesel gehört dann zur Gattung Esel, da er dem Esel ähnlicher sieht?

Hybride sind fast immer aus der gleichen Gattung, nur mit verschiedenen Arten, Hybride aus verschiedenen Gattungen sind sehr selten. Pferde und Esel sind beide aus der Gattung Pferde und Tiger und Löwen die Liger und Töwen hervorbringen können, sind beide aus der Gattung Eigentliche Großkatzen, genauso wie bei Chillis die Gattung Capsicum gleich ist, nur die Arten (annuum/chinense/baccatum...) verschiedene sind. Was dann innerhalb der Arten existiert, sind alles Unterarten oder Varietäten.

Das heißt, dass
Wie bekomme ich später raus welcher Gattung meine Kreuzung entspricht?
relativ egal ist, da die Gattung (Capsicum) eh bei allen Chillis die gleiche ist. Da es sich am Ende um eine Kreuzung aus zwei Arten handelt, wird es letzten Endes wie erwähnt mit dem Multiplikationskreuz gekennzeichnet, also wäre das
C annuum x C. chinense
die wissenschaftlich korrekte Artbezeichnung bei Hybriden aus Capsicum annuum (Mutterpflanze) und Capsicum chinense (Vaterpflanze), so wie die Artbezeichnung bei einem Maulesel Equus asinus (Mutter) x Equus caballus (Vater) ist.
 
Hallo, ich habe da auch mal ein paar Fragen zum Kreuzen von Chilis.
Der geschilderte Fall, soll kein Projekt von mir werden, es geht mir also nicht darum, ob das so klappen kann oder nicht. Ich habe den Fall konstruiert um meinen Wissensdurst zu veranschaulichen.

Nehmen wir mal an, dass mir die Bolivian Rainbow mit ihren vielen Farben (grün, lila, gelb, orange und rot) sehr gut gefällt. Ich möchte aber noch eine weitere Farbe einkreuzen. Da kommt mir sofort die Goats Weed (mit den Farben grün, schwarz, rot) in den Kopf.
Super beides annums, also sollte das schon mal relativ leicht funktionieren.
Ich versuche als eine Bolivian Rainbow Mutter mit einem Goats Weed Vater zu bestäuben.

Frage 1
Wenn ich das richtig verstanden habe, wird die erste Frucht genau so aussehen, wachsen und reifen wie die Mutter. Also kann ich nicht feststellen, ob die Bestäubung geklappt hat oder eine Selbstbefruchtung vorliegt?

Frage 2
Ab F1 wird zur Stabilisierung immer von Selbstbefruchtung gesprochen. Wie empfindlich reagieren Pflanzen auf "Inzest"?
Ist es dauerhaft wirklich in Ordnung, immer die Blüte mit sich selbst befruchten zu lassen?
Gibt es Vorteile wenn man unterschiedliche Blüten einer Pflanze nimmt?
Oder ist es für die langfristige (neue) Arterhaltung besser für die Sorte, wenn man zwei Pflanzen mit den neuen Eigenschaften nimmt und die kreuzt und so stabilisiert?
Ich kann mir zwar Vorstellen, dass durch mehr Pflanzen auch wieder mehr Gene zusammenkommen und eine Stabilisierung so länger dauert, aber wenn die Pflanze dann einmal stabil ist, sie auch weniger anfällig auf ungünstige Umwelteinflüsse reagiert.

Frage 3
Ab wann dürfte ich die Pflanze von (Bolivian Rainbow x Goats Weed Fx) zum Beispiel in Black Rainbow umbenennen?
 
Frage 1
Wenn ich das richtig verstanden habe, wird die erste Frucht genau so aussehen, wachsen und reifen wie die Mutter. Also kann ich nicht feststellen, ob die Bestäubung geklappt hat oder eine Selbstbefruchtung vorliegt?
In der Parentalgeneration (also der Generation in der man die Pflanze hat und direkt fremdbestäubt) wird man keinen Unterschied zwischen den Beeren sehen, egal mit was sie befruchtet wurden. Gibt aber ein paar Methoden um die Selbstbefruchtung da weitestgehend zu verhindern (siehe Seite 1 hier). Sobald du aus der fremdbefruchteten Chili dann Samen entnimmst und aus einem der Samen eine Chili anziehst (das wäre dann die F1-Generation), sollten die ersten Chilis da anders aussehen, aber nicht zwingend so, wie sie dann in der darauffolgenden Generation (F2) wieder aussehen etc...Vererbungsregeln können fies sein ;)

Ab F1 wird zur Stabilisierung immer von Selbstbefruchtung gesprochen. Wie empfindlich reagieren Pflanzen auf "Inzest"?
Ist es dauerhaft wirklich in Ordnung, immer die Blüte mit sich selbst befruchten zu lassen?
Naja im Prinzip passiert das eigentlich dauernd. Wenn man isoliertes Saatgut will, dann deckt man die Blüten ab dass keine Fremdbestäubung geschieht und zwingt sie somit zum Inzest, da passiert kaum etwas. Wenn man da mal etwas genetische Variabilität reinbringen will, dann könnte man von einer identischen Pflanze Pollen zum bestäuben nehmen, braucht man aber meines Erachtens kaum. Wäre das soooo unvorteilhaft für die Pflanzen, dann hätten sich durch die Evolution kaum so viele verschiedene Pflanzen mit zwittrigen Blüten durchgesetzt ;) Gibt da auch einige Mechanismen von manchen Pflanzen um das zu verhindern (z.B. Dichogamie wo zwittrige Blüten nicht gleichzeitig befruchtet werden und Pollen produzieren können sondern erst das eine und dann das andere machen/können).

Gibt es Vorteile wenn man unterschiedliche Blüten einer Pflanze nimmt?
Nö, die DNA bleibt ja die exakt gleiche also kommt es nicht zu einer Durchmischung und Neuverteilung der Allele, da müsste man eine andere Pflanze nehmen.

Oder ist es für die langfristige (neue) Arterhaltung besser für die Sorte, wenn man zwei Pflanzen mit den neuen Eigenschaften nimmt und die kreuzt und so stabilisiert?
Ich kann mir zwar Vorstellen, dass durch mehr Pflanzen auch wieder mehr Gene zusammenkommen und eine Stabilisierung so länger dauert, aber wenn die Pflanze dann einmal stabil ist, sie auch weniger anfällig auf ungünstige Umwelteinflüsse reagiert.
Inzuchtdepression hat eigentlich fast keine Vorteile, allerdings ist die Chance dass man wirklich eine Chilisorte "totzüchtet" gleich null denke ich. Dazu müsste man über Generationen, also Jahre hinweg immer eine Selbstbestäubung schaffen. Und selbst wenn man mal eine Pflanze gezüchtet hat, die eventuell deshalb schwächer und krankheitsanfälliger wird - dann nimmt man einfach nächstes Jahr andere Samen und/oder mischt mal die Blüten mit einer sortengleichen, anderen Pflanze.


Frage 3
Ab wann dürfte ich die Pflanze von (Bolivian Rainbow x Goats Weed Fx) zum Beispiel in Black Rainbow umbenennen?
Regeln gibts da keine, aber ich würde mit sowas warten bis ich sicher weiß, dass die Pflanze die Merkmale hat die ich will und die auch behält. Das kann schon ein paar Generationen und damit Jahre dauern, bis sowas mal genetisch stabil ist.:D

So, genug Romane für 1 Uhr nachts:whistling:
 
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