Einen wunderschönen, guten Spätabend!
Heute wollte ich euch über die Fortschritte meiner Venusfliegenfallennachzucht informieren, habe bei der Gelegenheit aber auch auf andere
barbarische Gewächse die Kamera drauf gehalten. Ich hoffe, euch einmal mehr interessante Einblicke in das Leben der
Fleisch fressenden Gemüse bieten zu können.
So sehen vier Wochen junge Baby-Venusfliegenfallen aus. An einigen Keimblättern sieht man noch die (pechschwarze) Samenhülse. Wie schon erwähnt, werden bereits ab dem zweiten Blattpaar Mini-Fallen ausgebildet. Die Fallen erreichen eine Länge von 3 bis 5 mm (den Blattstiel, die
Petiole, nicht mit eingerechnet). Die Pflänzchen sind ca. 1 - 1,5 cm im Durchmesser.
Ich hab nicht gezählt, wie viele Pflanzen es sind. Das werde ich beim Pikieren tun. Ich habe zwei 12 cm-Töpfe angesetzt. Beim zweiten Topf sind nur halb so viele Pflänzchen. Nicht alle Samen sind aufgegangen. Das habe ich auch nicht erwarten können. Das Vereinzeln wird aber vermutlich noch ein paar Monate auf sich warten lassen.
Schauen wir uns mal ein paar Babys aus der Nähe an. [Das Licht ist leider etwas hart. Ich hab mit Kunstlicht (4200 K LED) fotografiert.] Bis auf die Pflanzen im Bild unten rechts stammen alle anderen Mini-VFF vom ersten Topf. Die Mini-Fallen sind voll funktionstüchtig und können Springschwänze sowie die
bei Chili-Bauern sehr beliebten Trauermücken erbeuten und verspeisen!
Meine (einzige)
Nepenthes (Kannenpflanze) blüht fleißig. Wenn man die Nase ins Terrarium steckt, riecht es da drin ziemlich "räudig". (Den Geruch zu beschreiben, ist, glaube ich, nicht ganz jugendfrei! ^^)
Meine Kannenpflanze hat einen Blütentrieb ausgebildet. Dass es ein männliches Exemplar ist, weiß ich bereits von früheren Blühphasen.
Da
täuschte mich meine Erinnerung wohl!
Meine
Nepenthes 'Miranda'
[Nepenthes maxima x (maxima x northiana)] ist definitiv ein
Weibchen. Das Ding in der Mitte der primitiven, kleinen Blüten ist ein Stempel. Männliche Blüten sehen so aus:
externer Link (Das Foto ist unglücklicherweise falsch als "Female Nepenthes mirabilis flower" bezeichnet!)
Der Klettertrieb der Kannenpflanze ist derzeit 40 cm hoch (ohne Blütenstiel). Mein Terrarium ist einen Meter in der Höhe. Ich hatte schon mal einen Kletterspross an der Pflanze von 1,50 Meter. Den musste ich allerdings kappen. Noch ein interessantes Detail der
Nepenthes ist der
Kannendimorphismus!
Die Form der Kanne verändert sich mit der Größe der Pflanze. So lange die Pflanze noch klein ist (das ist von Spezies zu Spezies jedoch sehr unterschiedlich), produziert sie so genannte "Bodenkannen". Diese sollen mittels der Flügelleisten an der Kannenvorderseite Insekten an den Kannenrand, dem
Peristom, locken. Das
Peristom ist ziemlich glatt und die meisten Insekten rutschen darauf aus und stürzen in die Kanne in den Verdauungssaft. Wenn die
Nepenthes in das "Kletterstadium" übergeht und der Kletterspross eine Länge von 30 bis 150 cm aufweist, erreichen die an den Rankenenden (aus der Blattspitze) ausgebildeten Kannen den Boden nicht mehr und optimieren ihre Form und auch Farbe, um fliegende Insekten anzulocken!
Kleinere
Nepenthes-Arten beginnen schon ab einer Höhe von 20 oder 30 cm, "Luftkannen" auszubilden. Ich hatte vor rund 10 Jahren solche "Hochland-Spezies" (etwa
Nepenthes dubia, N. inermis, N. aristolochioides - falls ich Fotos davon finde, stelle ich sie als Vorschaubild am Ende dieses Posts rein). Bei der sehr imposanten
Nepenthes rafflesiana werden erst ab einer Höhe von 150 bis 200 cm die sehr schönen,
füllhornartigen Luftkannen ausgebildet.
(Wobei man bei dieser Art ja wieder sagen muss, dass es verschiedene Formen davon gibt und einige dieser Formen auch schon in niedriegerem Wuchs mit der Ausbildung von Luftkannen beginnen.)
Einmal Front- und einmal Gegenlicht! Bodenkanne von N. 'Miranda'.
Und hier ein Foto, das auch sehr gut in die Kategorie "Der was gab´s zu essen-Thread" passen würde:
Eine grüne Stinkwanze, davor Stubenfliegen und eine Wespe
(und jede Menge Springschwänze). Ob die Pflanze die Beute allein gefangen hat? Ömm... sagen wir es mal so, ich habe bei der Nahrungsbeschaffung assistiert!
Ich sprüh´s auf jede Wand, neue Krüge braucht das Land!
Cephalotus follicularis, der Zwergkrug aus
down under! Neue Krüge werden im Sommer und Herbst ausgebildet. Diese hier sind erst wenige Wochen jung.
Links: So ein Krug ist fast randvoll mit Verdauungsflüssigkeit gefüllt. Die "Fenster" im Krugdeckel lassen Licht auf die Oberfläche des Verdauungssaftes fallen, der wie leckerer Nektar glitzert. Wir sind nicht gerade
ganz schön gemein, Herr
Cephalotus? Rechts: Ich habe spaßeshalber mal einen alten Krug längsseitig aufgeschnitten, um euch das Innere eines Kruges zu zeigen. Okay, viel zu sehen gibt´s da leider nicht. *blush* Das Kruginnere hat unterhalb des Deckels noch mal einen Kragen. Eine wissenschaftliche Zeichnung würde wohl mehr Aufschluss geben. Jedenfalls haben diese Fallgruben unter den pflanzlichen
Fleischfressern ein Menge an "Einrichtungen", die es einmal gefangener Beute erheblich erschweren, je wieder aus der Falle heraus zu kommen! Der geriffelte Rand der Krugöffnung mündet nach innen in lauter spitze, abwärts gerichtete Haken und bildet eine zusätzliche, Furcht einflößende Barriere für Beutetiere, die sich anschicken, aus der Falle flüchten zu wollen... Im nächsten Foto kann man es in dem kleinen Bild oben links etwas besser sehen.
Die Haken an der Innenseite der Krugöffnung sind so spitz, dass sie sogar einem Menschen in den Finger pieksen können!
(Na ja, Blut wird nicht fließen... *ggg*) Ein chitinummanteltes Insekt können die allemal aufspießen...
Rechts unten noch mal so ein Krugdeckel in Nahaufnahme. Diese pflanzlichen Jäger sind mit ihren sehr gut ausgetüftelten Fangorganen richtige Meisterwerke der Natur - oder andere würden sagen:
Meisterwerke der Evolution! Die Krugdeckel von hinten wollte ich auch noch mal zeigen (kleines Bild unten links).
Cephalotus: Einer meiner absoluten Favoriten unter den pflanzlichen Fleischfressern und seit 1998 bei mir in Kultur!
The show is over, wie es aussieht!
Anhang
V.l.n.r.: "Hochkanne" bzw. "Luftkanne" von
Nepenthes 'Miranda' → "Kannendimorphismus"!
Nepenthes aristolochioides, Nepenthes hamata, Nepenthes talangensis, Nepenthes globosa - alle "Bodenkannen". Für Fotos von
N. dubia, N. inermis etc. müsste ich mich auf eine stundenlange Suche durch meine Fotoarchive begeben.
Warum ich diese Pflanzen nicht mehr habe? To cut a long story short: Nach meinem Umzug 2012 funktionierte die Kultur vieler Fleisch fressender Pflanzen nicht mehr! Aber ich vermisse sie schon!
Schönen Sonntag!